Montreal war für Mercedes der Super-GAU. Eigentlich uneinholbar in Führung gab es an beiden Boliden technische Defekte, während Nico Rosberg den Silberpfeil auf Platz zwei ins Ziel retten konnte, musste Lewis Hamilton den zweiten Nuller hinnehmen. Besonders bitter: Mit Daniel Ricciardo gewann auch noch Erzfeind Red Bull. Schlimmer hätte es kaum kommen können.

Rosberg und Hamilton pushen sich gegenseitig, Foto: Sutton
Rosberg und Hamilton pushen sich gegenseitig, Foto: Sutton

In Österreich setzte sich dann die Mini-Krise von Mercedes fort. Zum ersten Mal in dieser Saison startet kein Silberpfeil von der Pole Position. Rosberg startet von drei, Hamilton gar nur von neun. Dabei war der Mercedes eigentlich das schnellste Auto. "Ich glaube schon, dass wir eigentlich die Schnellsten waren", meint Nico Rosberg. "Wir hatten auch heute einen Vorteil, er war nur etwas geringer als sonst."

Obwohl der F1 W05 Hybrid wohl wieder das Maß der Dinge war, blieb am Ende doch nur ein bescheidenes Ergebnis. Rosberg erwischte im ersten Q3-Run keine optimale Runde, Hamilton verpfuschte eine über-Runde mit einem Fehler in Turn acht. Beim finalen Versuch kam er erst gar nicht so weit, in Kurve zwei drehte er sich von der Strecke. Damit waren nicht nur Hamiltons Pole-Chancen gelaufen, sondern auch Rosbergs. Denn der WM-Führende befand sich auf der Strecke hinter Hamilton, musste also durch die gelb-Zone.

Hamilton geht nicht auf Nummer sicher

Dabei hätte Hamilton mit einer Sicherheitsrunde noch locker unter die Top-4 fahren können. "Aber ich habe alles auf die Pole gesetzt", gibt der Brite zu und stellt unmissverständlich klar: "Ich bin hier, um Erster zu werden." Im Kampf um die WM häufen sich die Fehler der Mercedes-Piloten im Qualifying.

In Monaco verbremste sich Rosberg im Q3, in Kanada war es Hamilton, der die Runde nicht hinbekam. "Beide gehen im Moment ans Maximum", meint Toto Wolff. "Wenn dein Hauptrivale der Teamkollege ist, dann passiert es, dass man einen Vorteil haben will, wenn es zählt. Es zählt in Q3 und es ist ein Unterschied, wenn ein anderes Team da ist, das dich schlagen kann. Dann muss man mit der ganzen Power des Systems hart pushen."

Was Wolff mein: Wenn der Druck nicht nur aus dem eigenen Team kommen würde, dann wäre es nachvollziehbar, wenn man an allen Ecken und Enden ans Limit geht. Doch eigentlich ist das nicht der Fall. Mercedes bringt sich derzeit nur selbst in die Bredouille. "Wir müssen lernen, dass es nicht nur den Teamkollegen gibt", mahnt Wolff. "Es gibt auch andere, die an einem einzigen Wochenende konkurrenzfähig sein oder auch den Rest der Saison konkurrenzfähig bleiben können."

Nach sechs Siegen und fünf Doppelsiegen in Folge war die Stimmung bei Mercedes recht entspannt. Doch nun scheint die Teamführung etwas nervös zu werden." Ich denke, dass ist der Moment, an dem wir unser System überdenken müssen: Wir hatten einige Rennen, in denen wir die dominierende Kraft waren und jetzt haben wir das letzte Rennen an Red Bull verloren, hier steht ein anderes Team auf Pole. Man kann sich nicht nur, weil man ein gutes Auto hat, nur auf sich konzentrieren. Man muss den Blickwinkel erweitern."

Rosberg der eigentliche Gewinner

Was das genau bedeutet, ließ Wolff offen. Weil die Fehler aber bislang im Qualifying auftraten, dürfte Stallorder keine Alternative sein. Im Qualifying werden die Piloten immer ans Limit gehen. Für einen war der fehlerbehaftete Mercedes-Tag aber gar nicht so schlecht. Nico Rosberg kann schließlich seinen Vorsprung in der WM weiter ausbauen. "Aus diesem Blickwinkel war es ein guter Tag, weil es für Lewis schwieriger ist aufzuholen, als für mich, den Abstand zu vergrößern."

Grenzenlos ist die Freude aber beim WM-Leader nicht. "Ich will auf Pole stehen und wir haben aus verschiedenen Gründen nicht das Maximum herausgeholt. Vor allem, weil ich den letzten Run nicht machen konnte. Das ist vor allem für das Team enttäuschend und ich schaue immer auf die Konstrukteurs WM."