Marussia musste 83 Rennen warten, bis du in Monaco die ersten Punkte für das Team einfahren konntest. Wie wichtig war das für die Mannschaft und wie hilft es ihr, weitere Fortschritte zu erzielen?
Jules Bianchi: Es war sehr wichtig für das Team, die ersten Punkte einzufahren. Wie du sagst, haben alle im Team lange darauf gewartet und jetzt haben wir es endlich geschafft. Jeder im Team hat sich sehr darüber gefreut, aber wir haben auch eine großartige Leistung gezeigt.

Natürlich gehört auch etwas Glück dazu, aber das Rennen lief ziemlich rund. Selbst als wir einige Schwierigkeiten hatten, wendete sich das Blatt am Ende doch zu unseren Gunsten. Es war ein bisschen ein komisches Gefühl, weil wir bei diesem Rennen fast schon punkten mussten. Umso schöner war es, dass es uns gelungen ist. Wir haben das etwas ausgekostet, aber dann mussten wir gleich weiterarbeiten. In der Formel 1 gibt es keine Zeit, um sich auszuruhen.

Jules Bianchi ergatterte die ersten WM-Punkte für Marussia, Foto: Sutton
Jules Bianchi ergatterte die ersten WM-Punkte für Marussia, Foto: Sutton

Ihr liegt jetzt in der Konstrukteurs-WM nicht nur vor Caterham, sondern auch vor Sauber. Glaubst du, dass ihr diesen Vorsprung verteidigen könnt?
Jules Bianchi: Ich hoffe es. Wir haben einen harten Zweikampf mit Caterham, aber es ist am wichtigsten, dass wir am Saisonende vor ihnen liegen. Gegen Sauber wird es viel schwieriger. Sie sind ein größeres Team als wir und es ist schwierig, zu sagen, dass wir sie schlagen können. Dennoch werden wir natürlich unser Bestes geben. Das Wichtigste ist, jetzt konzentriert zu bleiben, auf uns zu achten und zu versuchen, unser Auto zu verbessern. Wenn wir dann am Ende des Jahres vor ihnen sind, wäre das eine schöne Zugabe.

Würdest du noch eine weitere Saison mit Marussia bestreiten wollen?
Jules Bianchi: Wenn ich bleiben darf, mache ich das gerne. Es ist ein gutes Team, das mir die Chance gegeben hat, in die Formel 1 einzusteigen. Ich kann mich absolut nicht darüber beschweren. Sie leisten sehr gute Arbeit mit den vorhandenen Mitteln. Wir benötigen einfach mehr Geld, dann könnten wir das Team auch weiter nach vorne bringen. Insgesamt bin ich bei Marussia aber glücklich.

Nach Monaco lobte dich Fernando Alonso in hohen Tönen. Siehst du dich eines Tages bei Ferrari?
Jules Bianchi: Keine Ahnung, aber natürlich ist es mein Ziel, eines Tages für Ferrari zu fahren und mit ihnen Rennen zu gewinnen. Ich bin in der Formel 1, um zu beweisen, dass ich ein Sieger sein kann. Mir ist klar, dass ich das noch nicht an diesem Wochenende erreichen kann, aber eines Tages möchte ich es schaffen.

Jules Bianchi wünscht sich den Frankreich GP zurück, Foto: Sutton
Jules Bianchi wünscht sich den Frankreich GP zurück, Foto: Sutton

Du bist in der Situation, dass du am Ende des Feldes eine Superleistung zeigen kannst, aber kaum jemand wird davon Notiz nehmen. Ist das frustrierend für dich?
Jules Bianchi: Klar, manchmal ist das wirklich frustrierend für mich. Ich möchte mich jetzt nicht hier hinstellen und sagen, dass ich der beste Fahrer im Feld bin, aber wenn du siehst, dass Fahrer wie Ricciardo oder Magnussen, gegen die du in anderen Rennserien gefahren bist, Topergebnisse erzielen und du eigentlich mindestens auf dem gleichen Niveau wie sie bist, dann ist das schon frustrierend. Sie fahren auf das Podium und du fährst am Ende des Feldes herum. Als Rennfahrer ist das nicht ganz einfach zu verdauen, aber ich erhalte hier eine Gelegenheit, überhaupt in der Formel 1 zu fahren. Jetzt muss ich versuchen, den Entscheidern zu beweisen, dass ich das auch kann.

Wie stark hast du dich als Fahrer weiterentwickelt?
Jules Bianchi: Ich habe mich sehr stark verbessert. Seit meinem Debüt am Anfang der letzten Saison habe ich viel an Selbstvertrauen hinzugewonnen. Ich kann nichts über meinen Speed sagen, wenn man ein bestimmtes Niveau erreicht hat, wird es einfach schwierig, sich noch weiter zu steigern. Aber natürlich versuche ich auch, meinen Speed zu verbessern. Selbstverständlich muss ich mich noch auf einigen Gebieten steigern, aber ich denke, dass ich Fortschritte erzielt habe.

Welche Bereiche sind das, auf denen du dich noch verbessern musst?
Jules Bianchi: Das betrifft vor allem den Umgang mit den Reifen, lässt sich aber nicht so leicht beschreiben. Insgesamt brauche ich wohl nur noch mehr Erfahrung. Jeder Fahrer lernt immer dazu, selbst die Topfahrer. Je mehr Erfahrung man hat, desto besser wird man. Wenn ich also mehr Erfahrung sammeln kann, werde ich auch immer besser, um vielleicht eines Tages für ein gutes Team fahren zu können.

Jules im Gespräch mit Kerstin von Motorsport-Magazin.com, Foto: Sutton
Jules im Gespräch mit Kerstin von Motorsport-Magazin.com, Foto: Sutton

Die Formel 1 ist nun zurück auf einer Traditionsstrecke in Österreich. siehst du eine Chance, dass du irgendwann auch einmal ein Heimrennen in Frankreich fahren darfst?
Jules Bianchi: Absolut, das wäre sehr wichtig für uns. Es sind aktuell drei französische Fahrer in der Formel 1 und es wäre großartig für uns, ein Heimrennen zu haben. Klar, Monaco ist nicht weit weg, aber es ist eben kein Großer Preis von Frankreich. Ich würde mir absolut wünschen, dass wir schon bald wieder ein Rennen in Frankreich haben.

Und was erwartest du hier in Österreich?
Jules Bianchi: Ich denke, dass wir rein auf uns schauen müssen. Wie ich schon gesagt habe, müssen wir versuchen, so konkurrenzfähig wie möglich zu sein, ohne uns vom Drumherum ablenken zu lassen. Es ist schwierig, Vorhersagen zu treffen, aber ich glaube schon, dass wir ein gutes Rennen fahren können.

Wie schätzt du das Streckenlayout hier ein?
Jules Bianchi: Mir gefällt es sehr gut, allerdings bin ich hier noch nie gefahren - noch nicht einmal im Simulator. Es sieht aber sehr interessant aus. Genau das wünscht man sich als Fahrer. Die Strecke ist sehr anspruchsvoll. Es gibt einige Bergab-Bremszonen und das ist stets eine große Herausforderung für uns Fahrer, da die Vorderräder dazu tendieren, zu blockieren. Es gibt aber auch schnelle Kurven, die Strecke ist eine schöne Mischung. Ich habe von einigen Leuten gehört, dass die Strecke angeblich langweilig sei, aber als ich heute Vormittag die Strecke abgelaufen bin, kam mir das nicht so vor. Sie sehr recht interessant aus.