Sebastian Vettel sieht sich momentan einer für ihn keineswegs alltäglichen Situation ausgesetzt. War der vierfache Weltmeister seinem Teamkollegen in den letzten Jahren stets recht deutlich überlegen, hat er nun in Person von Daniel Ricciardo harte Konkurrenz im eigenen Bullenstall bekommen. Vettel musste den Australier beim China GP auf Anweisung des Teams sogar vorbeilassen, da dieser deutlich schneller unterwegs war. Im Ziel trennten die Stallgefährten letztlich mehr als 20 Sekunden.

Vettel musste Ricciardo die Vorfahrt lassen, Foto: Red Bull
Vettel musste Ricciardo die Vorfahrt lassen, Foto: Red Bull

Felipe Massa vertritt die Ansicht, dass Ricciardo angesichts des neuen Reglements im genau richtigen Moment zu Red Bull wechselte, wohingegen es Vettel schwerfalle sich an die geänderten Rahmenbedingungen zu gewöhnen. "Die beste Zeit um zu wechseln ist, wenn sich alles ändert", erklärte der Brasilianer. "Ich bin mir sicher, es wäre für ihn letztes Jahr schwieriger gewesen, als Vettel das Auto seit vielen Jahren gewohnt war."

Toller Job von Ricciardo

Noch liegt Vettel in der Weltmeisterschaft vor seinem Teamkollegen, doch setzt sich der Trend aus Shanghai fort - Ricciardo hatte am gesamten Wochenende die Nase vorne -, könnte sich dieser Umstand bald ändern. "Das Leben war für ihn viel leichter, als er Webber zum Kollegen hatte und das Team die ganze Zeit für ihn gearbeitet hat", sieht Massa auf den Champion eine harte Zeit zukommen. "Aber jetzt ist er etwas mehr unter Druck und das verändert die Situation - der Druckeffekt."

Er wolle Vettel sein Talent jedoch keineswegs absprechen, so Massa, denn alles, was er bisher erreicht habe, verdiene Anerkennung. "Aber das ist eine Situation, die er jetzt bewältigen muss." Lobende Worte fand der Brasilianer, der ebenfalls einen Wechsels vollzog und nach vielen Jahren bei Ferrari nun in Diensten von Williams steht, für Ricciardo. "Es zeigt sich ohne Zweifel, dass Ricciardo ein guter Fahrer ist - schnell und mit Talent. Er ist bei einem großartigen Team angekommen und zeigt bisher, dass er einen tollen Job machen kann.

Horner: Vettel wird zurückschlagen

Auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner ist nicht verborgen geblieben, dass es für seinen erfolgsverwöhnten Schützling derzeit nicht wunschgemäß läuft. "Sebastian hat momentan eine harte Zeit, weil er vom Auto nicht das Gefühl bekommt, das er sucht", erklärte der Brite. "Bezüglich mancher Punkte des Setups ist er enorm sensibel und momentan erhält er vom Wagen nicht jenes Feedback, das er sich wünscht."

Das hat zur Folge, dass Vettel die Reifen stärker als Ricciardo beansprucht, was sich wiederum negativ auf die Rundenzeiten auswirkt. "Seit der Einführung von Pirelli haben wir gesehen, dass es für ihn sehr ungewöhnlich ist, die Reifen stärker als der Durchschnitt abzunutzen", betonte Horner. "Ich glaube, das ist einfach ein Zusammenspiel all der Probleme, die er derzeit hat. Aber sobald er sie gelöst hat, wird er zurückschlagen."

Mit Ricciardos Vorstellung auf dem Shanghai International Circuit war Horner hingegen hochzufrieden. "Er war in den vier bisherigen Grands Prix des Jahres herausragend. Er hat einen vorzüglichen Job gemacht", lobte der Teamchef. "Seine Zuversicht wächst, er scheint so ruhig im Auto, sein Feedback ist außergewöhnlich und wenn er am Funk spricht, ist es, als wäre er in einem Coffee Shop. Er genießt, was er tut. Er genießt es, ein Grand-Prix-Pilot zu sein und er genießt es, für das Team zu fahren."