War es der Regen, der Red Bull zwischen die beiden Mercedes spülte? Die simple Antwort lautet ja. Im Trockenen hätten Daniel Ricciardo und Sebastian Vettel wohl nicht den Hauch einer Chance gehabt, schneller als Nico Rosberg zu fahren - zumal der Mercedes-Pilot ohne Fehler auch im Nassen vor den Red Bulls gelandet wäre. Doch im Rennen könnte es anders aussehen. Motorsport-Magazin.com liefert die Analyse vor dem Showdown im Reich der Mitte.

Longruns machen Red Bull Mut

Die Wettervorhersage für den Rennsonntag lautet: es bleibt trocken. Das gefällt Red Bull natürlich weniger. "Wenn es trocken ist, fährt Rosberg spätestens auf der Geraden vor Start und Ziel an uns vorbei", orakelte Dr. Helmut Marko bereits. "Wenn es regnet", so ist sich der Doktor sicher, "dann ist es offener."

Im Regen kann Red Bull die Reifen-Karte nicht ausspielen, Foto: Sutton
Im Regen kann Red Bull die Reifen-Karte nicht ausspielen, Foto: Sutton

Von der reinen Pace her hat Marko sicher recht. Im Nassen ist Red Bull deutlich näher an Mercedes dran als im Trockenen. Um die Silberpfeile aber ohne Zutun von Hamilton oder Rosberg schlagen zu können, dürfte es wohl trotzdem nicht reichen. Zumal ein entscheidender Faktor bei Nässe entfällt: der Reifenverschleiß.

"Diese Strecke ist für die Reifen immer sehr schwierig, aber bei den heutigen Bedingungen war der Verschließ sehr niedrig: auf der Hinterachse gab es eigentlich keinen Abbau und auf der Vorderachse wenn dann nur sehr leichten - je nach Team", freute sich Pirellis Motorsportchef Paul Hembery. Das bedeutet für Red Bull, dass die Strategiekarte im Nassen entfällt.

Im Trockenen könnte sie aber einen wichtigen Faktor spielen. Longruns im Training haben gezeigt, dass Graining auf dem Shanghai International Circuit ein Thema ist. Bei den kühlen Temperaturen ist es schwierig, die Reifen im optimalen Betriebsfenster zu halten. Die reine Pace, Mercedes zu schlagen, hat Red Bull unter keinen Umständen. Könnten sich Vettel und Ricciardo aber einen Stopp sparen, wird es zumindest spannend.

Die Longrun-Analyse zeigt, dass niemand auch nur annährend so lange und konstant mit den weichen Pirelli-Pneus fahren konnte wie Ricciardo. Da muss auch Teamkollege Sebastian Vettel deutlich federn lassen. Zwar entwickelt sich eine Rennstrecke im Laufe des Wochenendes und die Reifenprobleme werden zum Renntag hin in der Regel geringer, der Dauerregen am Samstag spülte jedoch jeglichen Grip von der Piste. Zum Rennstart finden die Piloten eine grüne Piste vor.

Eines darf jedoch nicht vergessen werden: Überholen ist für den Red Bull traditionell ein Ding der Unmöglichkeit - zumindest auf konventionellem Wege auf den Geraden. Beim Rennen in China könnte das noch etwas extremer sein. Sage und schreibe 20 Stundenkilometer fehlten Vettel und Ricciardo auf die Silberpfeile.

Das Problem: Im Training fehlten Vettel und Ricciardo 13,6 beziehungsweise 10,8 Stundenkilometer auf den Topwert, also deutlich weniger. Der erhebliche Anstieg deutet darauf hin, dass Red Bull das Auto mehr auf Regen abgestimmt hat. Bleibt es also trocken, werden die Speed-Defizite noch deutlicher. Übrigens ist bei Fernando Alonso eine ähnliche Herangehensweise zu erkennen. Gut möglich, dass auch er im Rennen Probleme bekommt.

Ferrari wieder im Nirgendwo?

Fernando Alonso könnte im Rennen erneut zum Opfer werden, Foto: Sutton
Fernando Alonso könnte im Rennen erneut zum Opfer werden, Foto: Sutton

Der RB10 ist also das einzige Fahrzeug, das dem Mercedes annährend gefährlich werden könnte. Wie sieht es aber dahinter aus? Oder könnte Red Bull wiederum jemand gefährlich werden? Als Erster drängt sich natürlich Fernando Alonso auf. Auch sein Longrun am Freitag sah besser aus, als noch zuletzt in Bahrain. Shanghai liegt dem Ferrari traditionell.

Allerdings war die Pace im Dauerlauf noch immer nicht beeindruckend, der Topspeed im Qualifying deutet - wie bereits erwähnt - darauf hin, dass Alonso den F14 T in Richtung nass abgestimmt hat. Ferrari wird Red Bull aller Voraussicht nach nicht gefährlich werden können.

Erstmals funktionierte der Williams auch im Regen , Foto: Sutton
Erstmals funktionierte der Williams auch im Regen , Foto: Sutton

Da muss Red Bull schon eher mit Konkurrenz in Form von Williams und Force India rechnen. Erstmals konnten Felipe Massa und Valtteri Bottas ihre Pace auch im Regen auf den Asphalt bringen. Das sieht nach einer deutlichen Verbesserung beim Traditionsrennstall aus. In Bahrain machte der Reifenverschleiß noch einen Strich durch die Rechnung. Im Gegensatz zum Bahrain International Circuit fordert Shanghai aber die Reifen auf eine ganz andere Weise.

Der limitierende Faktor ist der linke Vorderreifen. Vor zwei Wochen waren es noch die Hinterreifen, die Probleme machten. Geht es um Reifenverschleiß, darf auch Force India nicht außer Acht gelassen werden. Nico Hülkenbergs Longrun-Zeiten verstärken diesen Eindruck.