Die Stimmung in Bahrain ist eigenartig. Zum zehnten Mal gastiert die Königsklasse des Motorsports im kleinen Königreich, zum Jubiläum gönnt sich die Herrscherfamilie ein glamouröses Nachtrennen. Die Stimmung ist für Bahrain-Verhältnisse durchaus gut - zumindest auf den Tribünen. Dennoch spricht im Paddock derzeit fast niemand über den Sport.

Nach zwei Rennen unter dem neuen Reglement reißen die negativen Stimmen zur neuen Turbo-Formel nicht ab. Mit zu den Chefkritikern gehört Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo. Die Angelegenheit ist dem Grafen scheinbar so wichtig, dass er damit nicht bis Monza warten kann. Montezemolo ist extra nach Bahrain gereist, um seinem Unmut Luft zu machen. Auch Ecclestone ist in Bahrain und macht Stimmung gegen die Turbo-Motoren.

Danner ortet wieder einmal politische Interessen, Foto: Sutton
Danner ortet wieder einmal politische Interessen, Foto: Sutton

Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner kann - objektiv gesehen - die Diskussionen nicht nachvollziehen: "Wenn ein neues technisches Reglement kommt, muss man ein paar Rennen warten, um sich alles genau anzuschauen. Man braucht immer ein bisschen Einlaufzeit, damit sich alles einspielen kann. Erst dann kann man sehen, wo es wirklich hängt. Lassen wir den Lärm einmal außen vor. Wenn es wirklich lauter werden soll, wird sich da sicher auch ein Weg finden."

Die Frage, die sich Danner stellt, lautet: "Was wollen sie überhaupt?" Und genau das ist der springende Punkt. Eintracht gibt es in der Formel 1 selten oder nie. "Warum redet Bernie sein eigenes Produkt schlecht? Er wird seine Gründe haben. Warum schimpft Red Bull? Auch sie werden ihre Gründe haben. Warum lässt Red Bull Vettel schimpfen? Das werden die gleichen Gründe wie beim Team sein. Warum ist Luca di Montezemolo der Meinung, dass alles ganz schlecht ist? Auch er hat seine eigenen Gründe. All diese Gründe sind ganz sicher nicht deckungsgleich."

Alle gegen Mercedes

Niki Lauda - nicht nur dreimaliger Formel-1-Weltmeister, sondern in dieser Angelegenheit vor allem Aufsichtsratsvorsitzender des Mercedes Formel 1 Teams, bestätigte Danners Befürchtungen gegenüber Motorsport-Magazin.com: "Ja, alle vertreten ihre eigenen Interessen - wie immer in der Formel 1."

Laudas Interesse ist klar: "Es gibt ein Reglement und das muss - überhaupt keine Diskussion - eingehalten werden." Auch Mercedes' Motorsportchef Toto Wolff äußerte bereits Bedenken an der Vorgehensweise der Konkurrenz. "Tut mir leid, aber sie haben ihren Job nicht gemacht, wie sie ihn hätten machen sollen. Ich finde diese ganze Diskussion absurd", fand der Österreicher deutliche Worte.

Christian Danner pflichtete Wolff bei: " Wenn Ferrari seine Hausaufgaben in den letzten Jahren nicht gemacht hat, weil sie keine Aerodynamik hinbekommen haben, wollten sie etwas anderes. Jetzt geht es um die Motoren und das hat bei ihnen auch nicht geklappt. Da wollen sie wieder etwas anderes."

Bedeutet: Viele nehmen die Kritik an der neuen Formel 1 nur als Vorwand, um ihre eigenen Interessen zu vertreten. Die Interessen sind nicht schwer zu durchschauen: Mercedes einholen. "Es können eben nicht alle gewinnen", wirft Danner ein. "In der Vergangenheit war es Red Bull, jetzt ist es mal der Mercedes. Aber lasst sie doch erst einmal fahren."

Mercedes besänftigen

In Maranello gibt es einen neuen Staatsfeind: Mercedes, Foto: Sutton
In Maranello gibt es einen neuen Staatsfeind: Mercedes, Foto: Sutton

Mit Mercedes haben Red Bull, Ferrari und Ecclestone keinen leichten Gegner, der die neuen Regeln verteidigt. Der deutsche Hersteller wird auf jeden Wunsch nach einer Veränderung noch während der Saison äußerst sensibel reagieren. Das wissen Ecclestone, Montezemolo und Co. und versuchen Mercedes im Vorfeld zu besänftigen.

"Mercedes hat zweifellos einen besseren Job gemacht und sie sollten dafür nicht bestraft werden - wir sollten die Regeln nicht ändern, um sie zu bestrafen", erzählte Ecclestone in Bahrain den Journalisten. Und auch Montezemolo gab sich ungewohnt vorsichtig: "Wenn jemand so weit vorne ist wie Mercedes, dann ist es absolut richtig, nicht jetzt schon etwas zu ändern."

Die Ehrlichkeit dieser Aussage darf aber zumindest angezweifelt werden - nicht umsonst kommt der Italiener nach Bahrain. Marussias Sportdirektor Graeme Lowdon erzählte Motorsport-Magazin.com, dass er sich Änderungen noch in dieser Saison vorstellen kann. "Da bin ich mir sicher! Die Formel 1 ist bekannt dafür, Taten zu vollbringen, die schwierig und hart erscheinen."