Zu leise, zu langsam, zu schlecht. Die Reaktionen auf die neue Soundkulisse der Formel 1 fielen in den vergangenen Wochen alles andere als lautlos aus. Dabei ist die Situation gar nicht neu. Viele Innovationen in der über 60-jährigen Geschichte der Formel 1 haben zu Diskussionen und auch zu Ablehnung durch die Fahrer, Teams und vor allem die Fans geführt.

"Als Ende der 60er Jahre zum ersten Mal der Lotus 49B mit Flügeln fuhr, haben die Leute gesagt: 'Das ist abscheulich! Das ist ein Flugzeug und kein Auto!'", erinnert sich Motorsport-Magazin.com Experte Christian Danner zurück. Was war das Ergebnis des großen Aufruhrs? Die Flügel sind geblieben und heute kaum noch für einen Fan wegzudenken.

Die Flügel des Lotus sorgten für Entsetzen unter den Zuschauern, Foto: Sutton
Die Flügel des Lotus sorgten für Entsetzen unter den Zuschauern, Foto: Sutton

Ein ähnliches Spiel erlebte die Formel 1 Mitte der 70er Jahre, als Ligier mit einer riesigen Airbox antrat. "Auch damals hieß es: 'Das ist kein Rennauto mehr! Das sieht furchtbar aus'", erinnert Danner. Das Ergebnis blieb das gleiche. Ebenso in Danners eigener Formel-1-Zeit in den 80er Jahren. Damals wurden die 3-Liter-Saugmotoren gegen 1,5-Liter-Turbomonster ausgetauscht.

"Wieder sagten die Leute, dass dies untragbar sei", betont Danner im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Sie wollten es nicht hören, es klinge nach gar nichts. Acht-Zylinder Cosworth, so musste es in ihren Ohren klingen." Trotzdem heißt es heute bei vielen Gegnern des neuen Sounds, dass die alte Turbo-Ära viel besser gewesen wäre als die neue Zeitrechnung der Power Units.

Die Weiterentwicklung der Königsklasse des Motorsports brachte in den vergangenen beiden Jahrzehnten noch viele weitere umstrittene Veränderungen mich sich - von Rillenreifen über schmalere Fahrzeuge bis zu kleineren Heck- und breiteren Frontflügeln, die nun wieder schmaler geworden sind. "In meiner Zeit hatten die Autos breite Hinter- und ganz schmale Vorderreifen", nennt Danner ein weiteres Beispiel. "Deswegen wurden sie als Kinderspielzeug bezeichnet."

Die gute alte Soundzeit

Der W 196 R von Juan Manuel Fangio war eine ganz andere Soundgeneration, Foto: Sutton
Der W 196 R von Juan Manuel Fangio war eine ganz andere Soundgeneration, Foto: Sutton

Großer Aufruhr ist also nichts Unbekanntes. Aber was hält Danner vom neuen Sound der Formel 1? "Ja, die Autos sind nicht so laut wie mit einem Achtzylinder-2,4-Liter-Saugmotor, aber sie machen noch genug Krawall, dass du dir die Ohren zuhalten musst", betont Danner. "Die heutigen Autos besitzen ein Energierückgewinnungssystem, das weltweit einmalig ist. Sie sind an die Gegebenheiten der Zeit angepasste Formel-1-Autos."

Über den Lärmpegel lasse sich natürlich immer diskutieren, räumt Danner ein. Für ihn stellt das jedoch kein ernsthaftes Thema dar. "Jene Fans, die jetzt diesen Sound kennen lernen, werden in fünf Jahren sagen: Super, so muss es sein. Es ist nicht immer automatisch alles Alte auch gut."

Was natürlich nicht bedeutet, dass es früher nicht richtig guten, kernigen Sound gegeben hätte. "Aber weiß denn wirklich noch jemand, wie der 16-Zylinder Auto Union geklungen und vor allem wie er gerochen hat? Der hatte einen Sound, unfassbar. Oder der Mercedes-Silberpfeil W 196 R - sagenhaft!"

In Danners Augen könne man stets etwas finden, was vor 50 oder 60 Jahren besser gewesen sei. "Ich finde es aber super, dass wir jetzt den Weg einer Innovation gehen und an die Zukunft denken. Wenn die Autos dabei etwas leiser sind als ein 8-Zylinder, der dir die Bluttropfen aus den Ohren laufen lässt, dann nehme ich das gerne in Kauf. Daran gewöhnen wir uns relativ schnell..."