Ein 300 Gramm leichtes Teil von der Größe eines Handys wirbelt die Formel 1 in diesen Wochen völlig durcheinander. Die Rede ist vom FIA Fuel Flow Meter, das den Benzindurchfluss innerhalb der Power Unit misst. Und der Grund, warum Daniel Ricciardo nach seinem zweiten Platz beim Australien Grand Prix nachträglich disqualifiziert wurde. Das Fuel Flow-Gate ist auch an diesem Wochenende in Malaysia Gesprächsthema Nummer 1. Grund genug für die FIA, im Fahrerlager von Sepang eine Pressekonferenz einzuberufen, um Klarheit in dieser verzwickten Angelegenheit zu schaffen.

Neben Charlie Whiting, dem Technischen Delegierten der FIA, gab der Powertrain-Beauftragte der FIA Fabrice Lom der versammelten Presseschar Auskunft über den momentanen Stand der Dinge.

Die Drei von der FIA: Pressekonferenz in Sepang, Foto: Sutton
Die Drei von der FIA: Pressekonferenz in Sepang, Foto: Sutton

Klare Sache für Whiting

Red Bull will beweisen, dass die Benzindurchflussmenge während des Rennens im RB10 des jungen Australiers laut eigener Messdaten nicht zu hoch war, doch Whiting bezog sich auf das Reglement, das seiner Meinung nach klar sei in diesem Fall. "Artikel 5.10 macht deutlich, dass der Benzinfluss nur mit einem homoligierten Sensor gemessen werden kann", so Whiting. "Gill ist der einzige von der FIA homologierte Sensor. Für mich ist das absolut klar."

Das sagt Artikel 5.10.3 des Technischen Reglements: "Es müssen homologierte Sensoren angebracht werden, die den Druck, die Temperatur und Fluss des Benzins direkt messen. Diese Signale müssen dem FIA Datalogger geliefert werden."

Entscheidend ist auch der folgende Artikel 5.10.4, der klar sagt: "Nur ein von der FIA homologierter Fuel Flow Meter darf am Auto angebracht werden und muss sich gänzlich innerhalb des Benzintanks befinden."

Horner verteidigt Entscheidung

Red Bulls Argument: Das Team habe nicht gegen die Regeln verstoßen, stattdessen seien die Messungen der FIA fehlerhaft gewesen. Christian Horner verteidigte die Entscheidung, sich während des Rennens den Vorgaben der FIA widersetzt zu haben. Dabei habe es sich lediglich um eine Direktive, jedoch keine Regel gehandelt. "Wir haben keine Technischen Regeln gebrochen", so Horner. "Es gibt für alles Mögliche Direktiven und wenn du in der Hitze des Gefechts bist, ums Podium fährst und an die Grenzen gehst, musst du Entscheidungen treffen - und ich glaube daran, dass wir die richtige getroffen haben."

Laut Red Bull habe die FIA bei ihren Messungen auf einen fehlerhaften Sensor vertraut, dessen Werte schwankten. Die FIA wiederum pochte darauf, dass die Sensoren bis auf 0,5 Prozent Abweichung präzise seien. "Wir akzeptieren eine Abweichung von 0,5 Prozent", sagte Fabrice Lom am Freitagabend. "Viele sind einiges besser als das und Schritt für Schritt nähern wir uns dem Ziel von 0,25 Prozent. Wir arbeiten jeden Tag daran, es zu verbessern. Unser Ziel lautet, so fair wie möglich zu sein."

Red Bull widersetzt sich FIA-Vorgabe

Laut Lom seien die Fuel Flow Meter äußerst robust. Ihre Lebensdauer betrage etwa 400 Stunden und theoretisch sollte es möglich sein, eine komplette Formel-1-Saison mit zwei dieser Messgeräte zu bestreiten. Nach 100 Stunden im Einsatz müssten sie neu kalibriert werden.

"Wenn sie korrekt funktionieren, sind sie immer präzise", bestätigte Whiting seinen Kollegen. "Das haben wir bislang herausgefunden." Sollte ein Sensor seinen Dienst versagen, können die Teams ihre eigenen Daten anwenden - allerdings nur, wenn diese unter Aufsicht der FIA durch ein funktionstüchtiges Fuel Flow Meter kalibriert wurden. Das hatte Red Bull allerdings nicht befolgt.

Klingt kompliziert - ist es auch

Klingt alles extrem kompliziert - und ist es auch. Für den Zuschauer quasi unverständlich, und auch Experten blicken nur mit Mühe durch das technische Geflecht rund um das Fuel Flow Meter. Wie kann für die Zukunft eine Lösung gefunden werden, damit derartige Fälle nicht noch einmal vorkommen und die Formel 1 völlig unverständlich machen?

Horner schlug vor: "Für die FIA ist das sehr schwierig zu überwachen. Bei einem Flugzeug hätte man drei Sensoren. Wenn einer fehlerhaft ist, nimmt man den Durchschnitt der anderen beiden." Zwei weitere Sensoren im Tank würden allerdings ein Zusatzgewicht von 600 Gramm bedeuten und noch mehr Platz im Tank wegnehmen.

Großer Wirbel um Ricciardos Disqualifikation, Foto: Sutton
Großer Wirbel um Ricciardos Disqualifikation, Foto: Sutton

Horner hatte bereits angekündigt, sehr bald das direkte Gespräch mit Whiting zu suchen. Zwischen dem 1. und 2. Training musste Red Bull erneut das Fuel Flow Meter an Ricciardos Auto tauschen, weil es Unstimmigkeiten bei den Messwerten gab. Die Sorge ist nun, dass dem Weltmeister-Team ein ähnliches Schicksal blüht wie in Australien. Klar ist in dieser kniffligen Angelegenheit nur eines: Bis zum Rennsonntag herrscht noch viel Aufklärungsbedarf.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Bitte, lieber Technik-Gott, lass dieses Fuel Flow-Problem schnellstens geklärt werden. Für Experten ist die Lage schon völlig unübersichtlich, die meisten Fans dürften bereits ausgestiegen sein. Seien wir mal ehrlich: Mit Motorsport hat das nicht mehr viel zu tun. Allerdings muss die Sache aufgeklärt werden, schließlich geht es um ein aberkanntes Podium. Wichtiger noch: Wenn ein solches Thema nochmal auftaucht, macht sich die Formel 1 in der allgemeinen Wahrnehmung lächerlich. Sport lebt durch seine Verständlichkeit, doch die F1 ist auf bestem Wege, völlig von diesem Wege abzukommen. Eine endgültige Lösung muss her - zum Wohle aller. (Robert Seiwert)