"In gewisser Weise war es ein positiver Tag. Ich erwartete nach all den Problemen am Wochenende, 15 bis 20 Runden zu fahren und es wurden 45", zog Romain Grosjean in Australien ein überraschendes Fazit. Völlig verkehrte Welt, wenn sich ein Team nach zwei Ausfällen über die Anzahl der immerhin absolvierten Rennrunden freut. Rückblick: Ein Jahr zuvor reiste Lotus nach dem Sieg von Kimi Räikkönen als Tabellenführer aus Australien ab.

Der tiefe Fall eines Favoriten

Lotus musste jeder auf der Rechnung haben - zumindest 2013. Bereits während der Saison gab es im Team aber etliche Baustellen. Der immer wiederkehrende Quantum-Deal, die nicht bezahlten Gehälter und schließlich das große Fragezeichen, ob Lotus 2014 überhaupt in der Startaufstellung stehen würde.

Lotus steckt tief in der Krise, Foto: Sutton
Lotus steckt tief in der Krise, Foto: Sutton

Schon während der allerersten Testfahrten 2014 zeigten sich die Schwächen des einstigen Favoriten - durch Abwesenheit. Alle anderen Teams testen und merzten die ein oder anderen Kinderkrankheiten aus, der Lotus war für diesen Trip nach Spanien aber noch nicht bereit. Die Quittung folgte auf dem Fuße. In Bahrain angekommen, gingen die Probleme los. In den letzten vier Testtagen, als die Teams mit Detailarbeit begannen, stand Lotus am bitteren Anfang. An allen Tagen gingen die Boxentore früher zu und eine böse Vorahnung machte sich breit: Würde Lotus zum Saisonstart überhaupt antreten können?

Australien: Ein Drama in drei Akten

Mercedes, Ferrari, ja sogar Red Bull, drehten in den ersten beiden Freien Trainings in Australien munter ihre Runden. Bei Lotus hingegen: Stillstand. Irgendwann wagte sich Pastor Maldonado tatsächlich auf die Strecke, erntete aber vor allem Spot und Häme. Speed suchte der Zuschauer beim E22 vergebens, stattdessen gab es einen Ausrutscher ins Kiesbett und den vorzeitigen Stopp am Eingang der Boxengasse. Und damit war der Tag mit einem Elektronik-Defekt für den Venezolaner auch beendet.

Romain Grosjean tat es ihm nach. Im ersten Freien Training leckte sein Getriebe und der Frustrationspegel stieg. Am Nachmittag dann die kleine Sensation: 12 Runden, gefolgt von einem Abflug ins Kiesbett. Kaum Informationen, kaum Runden, kaum Hoffnung. Demensprechend die Wortwahl am Samstagvormittag. Dem Zuschauer wurde beim Hören des Boxenfunks wirklich was geboten. "Das ist einfach schrecklich", "es ist nur noch unglaublich - un-glaub-lich", "seit gestern hat sich absolut nichts geändert", tönte ein völlig verzweifelter Grosjean durch sein Mikro.

Wenn man kein Glück hat, kommt auch noch Pech dazu, Foto: Sutton
Wenn man kein Glück hat, kommt auch noch Pech dazu, Foto: Sutton

Während des Qualifyings konnte man vielleicht denken, der Himmel weint ob der traurigen Leistung des E22. Grosjean schaffte es in seiner besten von sechs Runden lediglich bis auf 6.218 Sekunden an die Spitze heran. Maldonado fuhr wegen Problemen an der Power Unit gleich später hinaus und besuchte wie gewohnt das Kiesbett. Das Endergebnis: Platz 21 und 22 und damit sogar hinter Caterham und Marussia.

Feierlaune trotz Doppelausfall

Am Sonntag der Sonnenstrahl im Dunkel. Zwar schieden beide Piloten dank eines MGU-K-Problems aus, aber nicht wie von vielen erwartet bereits nach wenigen Runden. Damit kann sich Lotus doppelt freuen, denn sie haben immerhin den Mercedes von Lewis Hamilton, den Red Bull von Weltmeister Sebastian Vettel und den Caterham von Marcus Ericsson in Sachen Zuverlässigkeit geschlagen. Für Lotus muss Anfang 2014 gelten: Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen.

Und schließlich stirbt die Hoffnung zuletzt. "Das gesamte Team ist hier, um zu gewinnen. Dieses Auto kann immer noch in ein Monster verwandelt werden, wenn wir als Team zusammenarbeiten", meinte Grosjean voller Optimismus. Bleibt Lotus nur zu wünschen, dass das Monster nicht sein eigenes Herrchen angreift und die letzten Hoffnungen vernichtet.