Monisha Kaltenborn schüttelt überzeugt mit dem Kopf. "Ich weiß gar nichts davon", sagt die Sauber-Teamchefin. Seit Donnerstag machen Gerüchte im Albert Park die Runde, die sogar FIA-Rennleiter Charlie Whiting für plausibel erachtet. So sollen einige Teams mit dem Gedanken spielen, im dritten Training am Samstagvormittag nicht zu fahren, um keine Defekte und damit eine Nichtteilnahme am Qualifying zu riskieren.

"Das wäre irgendwie absurd", bestätigt die Motorsport-Magazin.com Redakteurin Kaltenborns Zweifel. "Absolut", pflichtet die Österreicherin bei. "Wir versuchen in dieser Saison alles, damit die Autos mehr fahren - zum Beispiel mit einem zusätzlichen Reifensatz. Das wäre also eine sehr kontraproduktive Maßnahme der Teams."

Kaltenborns Wort in Bernies Ohr. Es wäre bei Leibe nicht das erste Mal, dass einige Formel-1-Teams sich oder dem Sport selbst ins Knie schießen würden. Selbst im Q3 gab es schon verwaiste Strecken, weil die Rennställe lieber Reifen schonten, als um Startplätze zu kämpfen.

Unterstützung erhält Kaltenborn von Toro-Rosso-Teamboss Franz Tost. "Wenn man nicht fährt, weiß man auch nicht, ob mit dem Auto alles in Ordnung ist", erklärt Tost im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. Ein Minimum an Systemchecks müsse jedes Team absolvieren.

Tost schränkt jedoch ein: "Wir werden natürlich fahren, aber wenn alles gut läuft, dann werden wir sicherlich nicht viel fahren." Der Österreicher geht davon aus, dass es alle anderen Teams ähnlich machen werden. "Man wird also nicht eine volle Stunde lang Autos fahren sehen."

Warum wird die Zeit knapp?

Reparaturpausen verschlingen viel mehr Zeit als früher, Foto: Sutton
Reparaturpausen verschlingen viel mehr Zeit als früher, Foto: Sutton

Der Zeitplan des Rennwochenendes ist unverändert - zwischen dem Ende des 3. Trainings und dem Beginn des Qualifyings liegen exakt zwei Stunden. Dieser Zeitraum ist im Reglement so festgeschrieben, um Reparaturen an den Autos zu erlauben. Wo liegt also das Problem?

Ganz einfach: die neuen Autos sind zu kompliziert! Mit den komplexen Power Units und Brake-by-Wire-Systemen erreichen die F1-Boliden in diesem Jahr einen neuen Höhepunkt an Ingenieurskunst - und beim Arbeitsaufwand. Nicht umsonst schraubten die meisten Teams bei den Testfahrten die ganze Nacht durch.

Mercedes setzte zum Beispiel eine Tag- und eine Nachtschicht ein. Eine Gruppe Mechaniker arbeitete in der Nacht, die andere begann gegen 07:00 Uhr am Morgen. Gut so: Sie fanden mehrfach Probleme mit Motor und Getriebe, die danach getauscht wurden. Das hatte allerdings seinen Preis: teilweise verlor das Team dadurch mehrere Stunden oder fast den gesamten Vormittag.

Der Grund: selbst einfachste Installationen wie der Austausch eines defekten Kabelbaums arten bei den neuen Autos zu komplexen Vorgängen aus. Das bekam Pastor Maldonado am Freitag in Melbourne zu spüren. Ein Wechsel des Kabelbaums kostete ihn das gesamte zweite Training. Teile der Power Unit verschlingen noch mehr Zeit. "Es dauert Ewigkeiten", klagt Romain Grosjean.

Langwierige Umbauarbeiten

Wie oft trauen sich die Teams im 2. Training auf die Bahn?, Foto: Red Bull
Wie oft trauen sich die Teams im 2. Training auf die Bahn?, Foto: Red Bull

"Selbst die Lösung kleinerer Probleme kann einige Stunden dauern", verrät Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali. Wenn Motor und Getriebe ausgebaut werden müssen, sind die Mechaniker viel länger als in ihrem gewohnten V8-Umfeld der vergangenen Jahre beschäftigt.

"Früher wäre alles vielleicht in 20 Minuten erledigt gewesen", so Domenicali. "Jetzt müssen wir uns erst an die massiven Veränderungen am Fahrzeug gewöhnen." Wenn also ein Team im 3. Training am Samstagmorgen ein Problem haben sollte, wird es in Domenicalis Augen sehr spannend, ob der Rennstall das Auto rechtzeitig fürs Qualifying fertig bekommt. "Jeder muss neu lernen. Einige sind dabei schneller als andere. Warten wir ab, wie es aussieht, wenn es wirklich darauf ankommt."

Schichtbetrieb wie bei den Testfahrten ist übrigens keine Lösung. An den Rennwochenenden gibt es seit einigen Jahren festgeschriebene Arbeitszeiten für die Teammitglieder - wer zu früh an der Strecke erscheint oder diese zu spät verlässt, verletzt die Sperrstunden-Regelung. Das ist den Teams in dieser Saison sechs Mal erlaubt. Danach hagelt es für jede Überstunde eine Strafe.