Let the show begin! "Wie an jedem Freitag, lässt sich nur schwer etwas über das Kräfteverhältnis sagen" - so etwa der O-Ton der meisten Piloten beim Saisonauftakt in Melbourne. Doch so ganz stimmt das nicht. Zugegeben: Das Klassement spiegelt nicht unbedingt das wahre Kräfteverhältnis wieder, doch Longruns geben zumindest erste Anhaltspunkte. Motorsport-Magazin.com hat sich durch die Rundenzeiten gewühlt und ist zu erstaunlichen Erkenntnissen gekommen.

Zunächst ist eine Tatsache besonders interessant: Die Teams konzentrierten sich fast ausschließlich auf Longruns mit dem weichen Reifen. Von den favorisierten Teams - wobei der Begriff favorisiert derzeit noch sehr dehnbar ist - hat lediglich Williams einen relevanten Run auf der härteren Mischung absolviert. Als Maßstab soll lediglich das zweite Training dienen.

Ferrari abgeschlagen

Eines fällt schnell auf: Es ist knapper, als viele vermutet hatten. Vor allem Red Bull mischt wohl vorne mit. Sebastian Vettel fuhr seinen Longrun auf angefahrenen Reifen. Am Ende hatten die Pneus 20 Runden auf dem Buckel. Fernando Alonsos hingegen startete auf nagelneuen weichen Pirellis auf seinen Longrun, insgesamt legte er aber nur zehn schnelle Runden darauf zurück.

Bei Nico Rosberg sieht es hingegen wieder besser aus: Mit 18 Runden legte er seine Reifen wieder ab. Noch besser allerdings scheint es diesbezüglich bei Williams zu laufen. Vom reinen Speed her hielt sich die Mannschaft dezent zurück: Valtteri Bottas landete auf Platz acht, Felipe Massa wurde gar nur Zwölfter. Doch Bottas' Longrun beeindruckte: Mit sieben Runden alten Reifen fuhr der Finne konkurrenzfähige Zeiten, erst nach 25 Runden hatten sie ausgedient.

Flipe Massa konzentrierte sich auf die harten Reifen, Foto: Sutton
Flipe Massa konzentrierte sich auf die harten Reifen, Foto: Sutton

Felipe Massa konzentrierte sich hingegen auf einen Longrun mit dem Medium-Reifen, der wohl deutlich langsamer sein soll als der Soft-Kompound. Umso bemerkenswerter, dass die Zeiten des Brasilianers gar nicht so weit hinterherhinkten. Auch die Herangehensweise von Williams kann sich noch als Vorteil erweisen: Als einziges Team haben sie von beiden Reifentypen relevante Longrun-Daten.

Interessant ist auch die Tatsache, dass kein eindeutiger Trend mit zunehmend älter werdenden Reifen zu erkennen ist. Während in der vergangenen Saison die Reifen von Runde zu Runde langsamer wurden bis dann auf einmal der komplette Einbruch kam, zeigt sich bei den neuen Mischungen ein anderes Bild: Weil das Fahrzeug Benzin verbrennt und leichter wird, werden über einen gewissen Zeitraum die Rundenzeiten sogar besser. 'Positiv Degradation' nennt sich dieses Phänomen im Fachjargon.

Mercedes noch immer Favorit

Insgesamt macht der Mercedes auch auf Longruns den stärksten Eindruck. Weit weg ist der Red Bull allerdings nicht. Das überrascht vor allem, weil viele davon ausgingen, dass Renault vielleicht für eine Runde die volle Leistung bei den Power Units zur Verfügung stellt, nicht aber über längere Runs. Gleichzeitig enttäuscht der Ferrari. Der F14 T konnte mit leichter werdendem Tank nicht zulegen und verlor schnell an Boden.

Auch wenn es die Grafik nicht so klar zeigt: Williams muss man ebenfalls auf der Rechnung haben. Bottas' Reifen waren zu Beginn seines Stints bereits sieben Runden alt, erst nach 25 Runden wechselte der Finne. Schon bei den Wintertests fiel der FW36 bei den Longruns auf, erstaunlich stark war seine Performance.

Unbekannt ist natürlich wie immer die Spritmenge. Allerdings dürfte es wohl nicht mehr so große Unterschiede geben, weil die maximale Menge zurückgegangen ist. Auch unklar ist, wie sehr bedacht auf Benzinsparen die Piloten bei ihren Runs unterwegs waren. Sollte das richtiger Renntrimm gewesen sein, sind die Rundenzeiten rund 5,5 Sekunden langsamer als im Training.