Neue Saison, neues Glück, absolute Favoritenrolle. Bevor überhaupt ein Kilometer in Melbourne absolviert ist, gilt Mercedes als absoluter Favorit auf den Sieg Down Under und auch in der Weltmeisterschaft. Ein Traum für Nico Rosberg, aber gleichzeitig warnt der Deutsche vor zu viel Optimismus. "Letztes Jahr saßen wir auch hier und es wurden ähnliche Dinge gesagt. Im ersten Rennen wurden wir dann total verblasen", erinnerte der Deutsche. Es gilt: verhaltener Optimismus, Vorsicht und auf keinen Fall ein vorzeitiger Höhenflug.

Dieser Meinung ist auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff, der die Erwartungen niedrig halten will. "Wenn wir mit der rosaroten Brille dumm ins Wochenende starten und sagen: 'Das ist unser Jahr und wir werden jeden anderen zerstören', wäre das nicht die richtige Einstellung", untermauerte der Österreicher.

Vor allem Durchkommen heißt das Motto, denn Rosberg rechnet mit einigen technischen Ausfällen - teilweise sogar schon am Start. "Wir sind technisch alle am Limit und es kann sein, dass wir wie in der Vergangenheit einige technische Ausfälle sehen werden", mutmaßte der Mercedes-Mann. Es würde Zeit brauchen, um die Standfestigkeit der letzten Jahre wieder zu erreichen, für Rosberg aber keine schlechte Sache. "Es ist eine Veränderung und etwas frischer Wind für den Sport."

Rennintelligenz und die richtige Strategie

Für neuen Wind sorgt auch das geringere Tankvolumen während des Rennens, womit der Fahrer erneut mehr gefordert ist. Für Rosberg entsteht damit aber keine große Veränderung, wie er auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com bestätigte. "Es ist nicht anders als in den anderen Jahren. Der Fahrer muss immer ein bisschen mitdenken, dann kann man sich dadurch einen Vorteil verschaffen", so der Deutsche. Wenngleich er zugab, dass 2014 die Rennintelligenz einen noch größeren Einfluss als bisher haben wird. "Es gibt viele Wege und ich habe meinen gefunden. Ich interessiere mich sehr für dieses Thema, aber wir werden erst am Ende des Jahres sehen, was es gebracht hat."

Wie genau die optimale Strategie aussehen wird, um sowohl die Reifen, als auch das Auto zu schonen und natürlich Benzin zu sparen, dafür gibt es im Moment noch keine Patentlösung. "Es wird intelligente Ideen geben, auf die wir oder andere Teams nicht kommen", überlegte Wolff. "Es ist eine so neue und komplexe Technologie, daher erwarte ich unerwartete Strategien."

Lewis Hamilton ist überzeugt, dass die kommende Saison eine der meisten Unbekannten sein wird. Viele - ob Experten oder Zuschauer - könnten sich kaum vorstellen, welche Aufgaben ein Fahrer nun im Auto zu erledigen habe. "Es ist für den Fahrer eine deutlich größere Herausforderung, den Speed bis zum Ende des Rennens zu optimieren und Benzin und Reifen zu sparen", warnte Hamilton, der natürlich hofft, dass Mercedes die richtigen Entscheidungen trifft. Prognosen vor dem Wochenende treffen, möchte der Weltmeister von 2008 aber nicht, bevor er nicht zumindest einmal im Auto in Melbourne saß. Natürlich sei der Sieg das Ziel, aber niemand könne vorhersagen, dass es tatsächlich eintreten werde. "Jeder redet uns in die Höhe und sagt die Zukunft voraus. Wir wissen, dass wir stark sind, wir haben keinen Stein auf dem anderen gelassen, wir haben wirklich alles Mögliche getan", fühlt sich Hamilton zumindest perfekt vorbereitet.

Keine Kettenreaktion auslösen

Allerdings ist auch Mercedes weit davon entfernt, ohne Sorgen in das Auftaktrennen zu gehen. Während der Tests spulte die Mannschaft fünf bis sechs Rennsimulationen ab, am Ende standen laut Wolff aber nur zwei beendete. Dementsprechend sieht sich das Team nach außen hin nicht gerne in der Favoritenrolle und möchte lieber den Ball flachhalten. "Wir sind in Sachen Speed vorne dabei - vielleicht ganz vorne. Aber es geht darum, dass wir all die Systeme, die zusammenspielen, auch richtig im Griff haben", warnte Wolff. "Wir sollten nicht durch eines dieser Systeme im Rennen ausfallen - beispielsweise durch zu wenig oder zu viel Druck, zu hohe oder zu niedrige Temperaturen - und eine Kettenreaktion auslösen."

Dementsprechend wurde bis zur letzten Sekunde in der Fabrik gearbeitet, um alle Teile bestmöglich für den Saisonstart vorzubereiten. "Als wir aus der Fabrik abgereist sind, hat noch jeder von uns eine Kiste in die Hand gedrückt bekommen - auf meiner stand Kühlung. Die haben wir dann mit eingecheckt", lachte Wolff.

Interessant wird vor allem, was die Konkurrenz in den letzten Wochen vor dem Saisonstart noch geschafft hat - allen voran Renault, von denen Wolff große Fortschritte erwartet. "Nichtsdestotrotz haben wir zu diesem Zeitpunkt der Saison einen Vorteil, denn wir sind mehr Kilometer gefahren und auch die Kundenteams haben viele Runden absolviert, was sich natürlich summiert", so Wolff. Als stärksten Gegner hat der Mercedes-Mann Williams auf dem Zettel. Klar ist aber auch, dass sich das Werksteam in keinem Fall von einem Kunden schlagen lassen möchte.