Dunkle Wolken hingen über Williams. Eine verkorkste Saison im vergangenen Jahr, ein Stotterstart in die neue Formel-1-Ära in Jerez. Doch der stickerlose, dunkelblaue Bolide entwickelte sich ab dem letzten Testtag in Jerez zu einer Art Geheimtipp. 86 Runden spulte Felipe Massa am Abschlusstag der schwierigen ersten Testwoche ab - seitdem tauchte er nicht nur in der Rundentabelle, sondern auch in der Zeitentabelle immer wieder weit vorne auf. Dabei standen Arbeiten an der Performance des FW36 bis zum vorletzten Testtag gar nicht auf der Agenda.

"Das zeigt unsere Entschlossenheit, ein gutes, solides und zuverlässiges Auto zu haben", erklärt Cheftestingenieur Rod Nelson. "Wir waren absolut entschlossen, das zu erreichen. Klopfen wir drei Mal auf Holz, damit es auch so bleibt."

Kombination vieler Aspekte

Natürlich hatte auch Williams Probleme zu verzeichnen. In der ersten Bahrain-Testwoche verlor das Team einen kompletten Testtag - mehr als fünf Runden wollte der FW35 partout nicht zulassen. "Das hat wirklich wehgetan", erinnert sich Nelson schmerzlich.

Immerhin hatte Williams im Gegensatz zu manch anderem Team keinerlei Überhitzungsprobleme zu verzeichnen - die Renault-Kunden lassen grüßen. "Es ist ein Abgleich zwischen der besten Performance und Feuer zu fangen", sagte Nelson scherzhaft. Dabei probierte auch Williams in dieser Woche verschiedene Bodywork-Pakete aus, um mit der Temperaturentwicklung zu experimentieren.

Die Mercedes Power-Unit bereitete Williams jedoch kaum Schwierigkeiten. So konnte das Team knapp hinter dem silbernen Werksteam bislang die zweitmeisten Kilometer des Winters abspulen. "Wir sind mit dem Antriebsstrang und unserer Entscheidung zufrieden", so Nelson. Dass Williams nur aufgrund der neuen Power Unit aus Brixworth so gut unterwegs ist, lehnt er jedoch strikt ab: "Ein Auto ist mehr als nur ein Motor oder eine Power Unit. Es ist eine Kombination aus allem - auch guten Fahrern und Designern."

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen

Der Williams erwies sich als durchaus zuverlässig, Foto: Sutton
Der Williams erwies sich als durchaus zuverlässig, Foto: Sutton

Für die Verantwortlichen gilt es stets, die Zuverlässigkeit gegen die Performance abzuwägen. Wenn das Team Zeit auf der Zuverlässigkeitsseite nachsitzen muss, stiehlt dies wichtige Stunden für die Performance-Arbeit. "Deshalb haben wir mit diesem Auto noch nicht wirklich viel an der Performance gearbeitet", so Nelson, der trotzdem relativ zufrieden ist, allen voran mit der Standfestigkeit des Autos und der Power Unit.

"Wir mussten erst unsere Hausaufgaben machen, bevor wir die Performance-Arbeit beginnen konnten", betont Nelson. Am Samstag war es soweit. Obwohl die windigen Bedingungen dafür nicht optimal waren, konnte das Team wertvolle Chassis-Performance-Arbeiten durchführen und einige positive Ergebnisse einfahren - nicht zuletzt die schnellste Zeit der beiden Testwochen in Sakhir, gefahren gegen Ende des Tages auf der superweichen Reifenmischung.

Eine Prognose möchte der erfahrene Ingenieur aber genauso wenig abgeben wie jeder andere im Paddock. Noch sind die Spritmengen ein komplettes Geheimnis für alle. "Wenn wir nach Melbourne in den Spiegel sehen und sagen können: Wir haben unser Bestes gegeben, dann sollten wir damit zufrieden sein." Übermut gibt es bei Williams nicht. Dafür hingen die dunklen Wolken zuletzt viel zu lange über Grove.