Geschichtsträchtiges Debüt

Als amtierender IndyCar-Meister und Gewinner der 500 Meilen von Indianapolis 1995 wechselte Jacques Villeneuve 1996 in die Formel 1. Als Sohn des draufgängerischen Gilles Villeneuve, der 1982 im belgischen Zolder den Rennfahrer-Tod starb, stand Jacques im Blickpunkt des Interesses, zumal er als Rookie im anerkannt besten Fahrzeug, dem Williams-Renault, saß. Bei seinem Debüt gelang es Villeneuve eindrucksvoll, aus dem Schatten seines Vaters zu treten. Als dritter Rookie in der Geschichte - nach Duke Nelson und Carlos Reutemann - gelang es ihm, bei seinem Debütrennen die Pole Position zu erringen. Im Rennen duellierte er sich rundenlang mit seinem Teamkollegen Damon Hill. Am Ende musste Villeneuve den Briten ziehen lassen, weil sein Motor aufgrund eines Defekts nicht mehr die volle Leistung lieferte. Doch auch sein zweiter Platz konnte sich sehen lassen.

Leicht geknickt: Jacques Villeneuve nach dem Debüt in Melbourne, Foto: Sutton
Leicht geknickt: Jacques Villeneuve nach dem Debüt in Melbourne, Foto: Sutton

Der erste GP-Sieg

Nach dem eindrucksvollen Einstand erwarteten viele Experten schon beim zweiten Rennen in Interlagos einen Sieg von Villeneuve. Bis der Kanadier wirklich auf der obersten Stufe des Treppchens stand, dauerte es allerdings bis zum 28. April 1996. An diesem Tag wurde das vierte Rennen der Saison, der Große Preis von Europa, auf dem Nürburgring ausgetragen. Villeneuve kontrollierte das Rennen mit einer Reife, die seine Kritiker überraschte und hielt Michael Schumacher im Ferrari bis ins Ziel hinter sich.

Jacques Villeneuve auf dem Weg zum ersten Sieg, Foto: Sutton
Jacques Villeneuve auf dem Weg zum ersten Sieg, Foto: Sutton

Villeneuve vs. Schumacher

Die langgezogene letzte Kurve von Estoril, benannt nach dem großen Ayrton Senna, war unter den Fahrern gefürchtet. Villeneuve war sich jedoch sicher, die Rechtskurve voll fahren zu können. "Wenn du das versuchst, müssen wir dich von der Leitplanke kratzen", warnten ihn seine Mechaniker. Der Kanadier versuchte es im Qualifying trotzdem und zur Überraschung seiner Crew flog er nicht ab, allerdings verpasste er die Pole Position. Im Rennen überholte er in eben jener Kurve den amtierenden Weltmeister Michael Schumacher auf der Außenbahn und holte sich den Sieg. Dieses Überholmanöver wird von vielen Fans heute noch als eines der besten überhaupt angesehen.

Schumacher ist geschlagen, Villeneuve zieht davon, Foto: Sutton
Schumacher ist geschlagen, Villeneuve zieht davon, Foto: Sutton

Die Krönung zum F1-Weltmeister

Vor dem Großen Preis von Europa 1997 führte Schumacher mit einem Punkt Vorsprung in der Fahrerwertung vor Villeneuve. Auf beiden Seiten waren im Verlauf des Rennjahres viele Fehler begangen worden und so stand einem offenen Schlagabtausch im Finale nichts im Weg. Schumacher gewann den Start und baute sich einen Vorsprung auf, doch zu Rennmitte breitete sich der Williams von Villeneuve immer formatfüllender in den Rückspiegeln des Ferraris aus. Als der Ferrari-Motor begann, immer unsauberer zu tönen, rüstete sich der Kanadier zur Attacke. In Runde 48 schlug Villeneuve in der "Dry Sack"-Spitzkehre zu, Schumacher war völlig überrascht von dieser Aktion und versuchte instinktiv die Tür zu schließen. Die beiden touchierten, Schumacher landete im Kies und konnte nicht weiterfahren, während Villeneuve dem WM-Titel entgegeneilte. In den letzten Runden ließ der Williams-Pilot das McLaren-Duo Mika Häkkinen und David Coulthard passieren und sicherte sich mit Platz drei den Weltmeister-Titel.

Coulthard und Häkkinen lassen Weltmeister Villeneuve hochleben, Foto: Sutton
Coulthard und Häkkinen lassen Weltmeister Villeneuve hochleben, Foto: Sutton

Villeneuve crasht in Eau Rouge

Vor dem Training zum Großen Preis von Belgien 1998 bat Villeneuve seinen Physiotherapeuten Erwin Göller um ein homöopathisches Mittel. Auf die Frage Göllers', warum er das brauche, antwortete der Kanadier, es sei an der Zeit, spezielle Risiken einzugehen und es sei sehr gut möglich, dass er einen schweren Unfall haben werde. Göller verabreichte Villeneuve das gewünschte Mittel und dieser ließ sich im Williams-Cockpit festschnallen. Nach seiner Installations-Runde versuchte er die Mutkurve "Eau Rouge" mit Vollgas zu durchfahren. Der Versuch scheiterte und Villeneuve flog übel ab. Der Williams wurde beim Einschlag in die Reifenstapel in seine Einzelteile zerlegt. Crash-Fan Villeneuve war unbeeindruckt: "Ein guter Unfall, aber in Amerika hatte ich schon bessere". Ein Jahr später arbeitete er den BAR-Honda in derselben Kurve noch gründlicher in den Reifenstapel auf.

Das blieb 1999 von Villeneuves BAR-Supertec übrig, Foto: Sutton
Das blieb 1999 von Villeneuves BAR-Supertec übrig, Foto: Sutton