Lotus entwickelt sich zum neuen Red Bull bei den Testfahrten vor der Saison. Während die anderen drei Renault-Kundenteams am Donnerstag in Bahrain mehr Runden als je zuvor drehen konnten, hinkt Lotus weiter hinterher. Romain Grosjean kam an seinem zweiten Einsatztag nicht über 18 Runden hinaus - zusammen mit den lediglich acht Umläufen am Vortag ein mehr als unbefriedigendes Resultat seines ersten Einsatzes im neuen E22-Boliden. An den kommenden beiden Tagen übernimmt Teamkollege Pastor Maldonado das Steuer, der Franzose hat vor dem Saisonstart also nur maximal zwei richtige Testtage zur Vorbereitung. Am Mittwoch sorgte der Energiespeicher in Renaults Power Unit für Ärger, am Donnerstag traten laut Angaben des Teams Softwareprobleme auf.

"Wir hatten heute zwar nicht so viele Probleme, aber es brauchte viel Zeit, um sie zu lösen", sagte Grosjean und spielte damit auf die komplizierte Technik an. "Wir dachten, dass alles in Ordnung sei - es ist auch nicht viel, aber es dauert jedes Mal zweieinhalb bis drei Stunden, um alles zu ändern und das ist natürlich nicht ideal." Gleichzeitig gab er zu, dass Lotus noch nicht alle Probleme verstanden hat. So blieb ihm nur die Hoffnung, dass Kollege Maldonado am Freitag und Samstag möglichst viele Runden drehen und Daten sammeln kann. Grosjean: "Die To-Do-Liste wird ziemlich lang für zwei Tage, aber wir müssen aufholen."

Doch erst einmal müssen Lotus und Renault Herr der Lage werden und geht es nach Grosjean, verbirgt der E22 noch einige Fragezeichen in sich - was alles andere als hoffnungsvoll klang. "Eines der Probleme kam seitens des Autos und mit den Batterien war auch irgendwas. Ehrlich gesagt, weiß ich leider nicht mehr", versuchte sich Grosjean an einer Fehleranalyse. Immerhin schaffte er einen Run über zehn Runden, um zumindest ansatzweise ein Gefühl für das neue Turbo-Auto zu bekommen. "Die Fahrbarkeit ist noch nicht optimal und wir müssen den Turbo noch ein bisschen mehr verstehen", sagte er. "Und die Bremsen verhalten sich etwas anders als erwartet. Es ist schwierig, alles so zusammen zu bekommen, wie wir es gern hätten."

Geht es nach Renault, dürfte zumindest Maldonado etwas mehr Streckenzeit erhalten, nachdem Lotus den ersten Test in Jerez komplett ausgelassen hatte und deshalb über noch weniger Erfahrung verfügt als die Konkurrenz. "Es gibt keinen Grund, warum wir morgen nicht 60 bis 70 Runden fahren sollten, wenn wir es möchten", wollte Renaults Streckenchef Remi Taffin gar keine zusätzliche Panik bei Lotus aufkommen lassen. "Wir werden alles zusammenbauen und es gibt keinen Grund zur Annahme, dass es anders laufen sollte als bei den anderen drei Teams." Zum Bahrain-Auftakt stachen die Renault-Teams wie schon in Jerez negativ heraus; mit Ausnahme von Caterham konnte keines der vier Kundenteams sein Programm wie gewünscht durchziehen. Erst am zweiten Tag stellte sich eine deutliche Besserung ein - außer bei Lotus.

Nur 18 Runden für Grosjean an Tag 2, Foto: Sutton
Nur 18 Runden für Grosjean an Tag 2, Foto: Sutton

Bei der Enstone-Truppe sorgte offenbar hauptsächlich fehlerhafte Software innerhalb der Power Unit für Schwierigkeiten - das könne laut Taffin leichter behoben werden als Ärger mit Hardware-Komponenten. "Manchmal muss man die Hardware ganz anders reparieren, weil man erst einmal herausfinden muss, woher das Problem kommt", so der Franzose. "Bei Software ist es einfacher, denn man hat viel mehr Möglichkeiten, das auszutesten und sie ist leichter zu modifizieren als Hardware." Zwar könne man sich nie zu 100 Prozent sicher sein, doch mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit könne Renault die Probleme laut Taffin bis Freitag ausräumen. Möglicherweise werde ein bestimmtes Teil auch komplett durch eines ersetzt, das sich bereits auf der Strecke bewährt hat.

Grosjean hilft dies allerdings nur bedingt, denn ihm bleiben nur noch zwei der vier Tage beim zweiten Bahrain-Test, um bereit zu sein für die Saison 2014. Trotzdem weinte er dem verpassten Test in Jerez nicht großartig nach - zumindest nicht öffentlich. "Es hätte uns wahrscheinlich ein bisschen geholfen, aber das Auto war noch nicht fertig - und damit hat sich die Sache", stellte er nüchtern fest. "Wir hätten Probleme bekommen können - vielleicht hätten wir sie auch lösen können, das wissen wir nicht. Es ist ja nicht so, als ob da keine anderen Renault-Motoren rumgefahren wären. Bei denen lief es aber nicht so gut und es gibt keine Garantie, dass es bei uns geklappt hätte." Das wird die Konkurrenz aus den anderen Motoren-Lagern allerdings kaum interessieren, während sie Kilometer um Kilometer abspult...