Lange Gesichter vor den Bildschirmen. Alle Welt fragte sich, wie Ferrari wohl die neuen Regeln interpretieren und umsetzten würde. Nasenbär oder Doppelspitze? Für Ästheten wurden selbst die schlimmsten Befürchtungen noch einmal übertroffen. Aus der hochnäsigen roten Göttin wurde eine einfache Staubsaugervertreterin. Ganz so dramatisch ist es zwar nicht, aber Schönheit liegt schließlich im Auge des Betrachters - Geschwindigkeit nicht. Motorsport-Magazin.com erklärt die neueste Kreation aus Maranello.

Der Raum zwischen Nase und Flügel ist klein, Foto: Ferrari/adrivo
Der Raum zwischen Nase und Flügel ist klein, Foto: Ferrari/adrivo

Über die neue Nase wurde bereits hinlänglich diskutiert. Die Fakten: Ferrari geht bisher als einziges Team mit der gesamten Nasenbreite auf die Maximalhöhe von 185 Millimeter. Deshalb kann nur sehr wenig Luft den Raum zwischen Nase und Frontflügel passieren, was zur Folge hat, das weniger Luft unter das Fahrzeug geleitet werden kann - genau das wollen die Ingenieure aber in der Regel.

Die anderen Teams zeigten bisher Lösungen, bei denen die Maximalhöhe an der Nasenspitze nur über einen kleinen vorgeschriebenen Bereich eingehalten wird. Somit gelangt zwar immer noch deutlich weniger Luft unter das Chassis als im Vorjahr, als die Maximalhöhe noch bei einem halben Meter lag, im Vergleich zu Ferrari ist die Fläche zwischen Nase und Flügel aber deutlich größer. McLaren wählte 2012 einen ähnlichen Ansatz wie Ferrari und hatte über weite Strecken der Saison das schnellste Auto - also nicht grundsätzlich der falsche Ansatz, auch wenn McLaren mit dem ganzen Chassis eine Etage tiefer ging.

Fragezeichen-Frontflügel

Der von Ferrari bei der Präsentation gezeigte Frontflügel wirkte im Vergleich zum Vorjahr noch recht simpel. Ist das nur eine erste Version, oder bekommen wir in diesem Jahr vielleicht gar keine siebenteiligen Flügel zu sehen? Weil der Frontflügel insgesamt um 150 Millimeter schmaler wurde, wird nicht mehr die gesamte Reifenbreite davon abgedeckt. Doch genau die veränderten Einschlagwinkel der Vorderreifen waren es, die solch komplexe Flügellösungen nötig machen.

Frontflügel der Marke 'Keep it simple', Foto: Ferrari/adrivo
Frontflügel der Marke 'Keep it simple', Foto: Ferrari/adrivo

Weil das Einlenken bei den neuen Flügelbreiten nicht mehr ganz so entscheidend ist, könnten auch wieder simplere Lösungen zum Einsatz kommen. Ein Rätsel ist noch, ob Ferrari die Luft innen oder außen an den Reifen vorbeileitet. Auf den bisherigen Bildern wirkt es eher so, als würde die Luft nach außen geleitet, doch sollte Ferrari in Jerez einen anderen Flügel bringen, der die Luft innen vorbeileitet, könnte bei geschickter Anordnung auch wieder mehr Luft unter das Auto geführt werden.

Eine kleine Überraschung gab es auch bei der Vorderradaufhängung. Die Scuderia vertraut im dritten Jahr in Folge auf Zugstreben, sogenannte Pullrods. Dabei hat sich die Einbauposition im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert, obwohl das Chassis an der Front um 100 Millimeter abgesenkt wurde. Weil Ferrari aber das Chassis schlagartig und nicht fließend von 525 auf 625 Millimeter erhöht, sind die Auswirkungen auf die Einbauposition der Feder-Dämpfer-Einheit gering.

Schon 2013 setzte Ferrari auf Pullrods, Foto: Ferrari
Schon 2013 setzte Ferrari auf Pullrods, Foto: Ferrari

Mit einer tieferen Einbauposition hätte die Scuderia den Fahrzeugschwerpunkt weiter absenken, die Hebelwirkung des Pullrods verbessern und somit die Fahrzeugabstimmung erleichtern können. Im Gegenzug wäre der aerodynamische Vorteil der fast waagrechten Einbauposition kompensiert worden.

Eine Überraschung gab es auch bei den Lüftungseinlässen der Seitenkästen. Diese sind beim F14 T fast minimalistisch klein gehalten - vor allem im Vergleich zum McLaren. Das könnte bedeuten, dass die Ferrari Power Unit einen geringeren Kühlbedarf hat - muss es aber nicht.

Die Teams müssen sich 2014 entscheiden: Mit einem größeren Ladeluftkühler kann mehr Leistung generiert werden. Gleichzeitig ist aber mehr Bauraum nötig und die Aerodynamik leidet. So gilt es einen Kompromiss aus Aerodynamik und Motorleistung zu finden. Außerdem ist die Haltbarkeit ein großes Thema. Ferrari hatte 2013 kaum mit technischen Defekten zu kämpfen. Vielleicht will die Mythosmarke jetzt etwas aggressiver herangehen.

Trotz recht kleinen Einlassöffnungen sind die Seitenkästen aber etwas voluminöser geworden. Dafür ziehen sie sich sehr früh sehr stark wieder ein. Das erkennt man vor allem an den stark verzerrten Sponsorenlogos. Somit bleibt die Oberseite des Unterbodens clean und die Luft kann ungehindert das Heck anströmen.

Ein schöner Rücken kann auch entzücken, Foto: Ferrari/adrivo
Ein schöner Rücken kann auch entzücken, Foto: Ferrari/adrivo

An besagtem Heck gilt es in dieser Saison den Wegfall des Beamwings zu kompensieren. Der Beamwing generierte nicht nur Abtrieb und machte den Diffusor effizienter, sondern befestigte auch den Heckflügel am Chassis. Das macht Ferrari nun mit zwei vertikalen Streben, die recht weit auseinanderliegen und mit einer leichten Krümmung den Auspuff umschließen. Rätselraten gibt es derweil noch am Diffusor: Der ist nämlich auf den Bildern noch abgedeckt. Versteckt Ferrari hier etwas noch ein Geheimnis?

Technische Daten zum F14 T

ChassisLaminiertes Monocoque mit Honigwaben-Verstärkung
VorderradaufhängungDoppel-Querlenker aus Karbon mit Pullrod (Zugstrebe) und Drehstab-Feder
Hinterradaufhängung Doppel-Querlenker aus Karbon mit Pullrod (Zugstrebe) und Drehstab-Feder
GetriebeVon Ferrari entwickeltes stufenloses Achtganggetriebe plus Rückwärtsgang, elektronische betätigt
KupplungDoppelkupplung aus Karbon
BremsenBrembo Bremssättel und Hauptzylinder, Hinterachse mit 'Brake by wire'-System, Karbon-Bremsscheiben und -Beläge
Felgen13 Zoll OZ-Felgen vorne und hinten
ElektronikFIA Standard-Elektronik
Power-UnitFerrari 059/3
Verbrennungsmotor1,6-Liter 90-Grad V6-Turbo Direkteinspritzer, 15.000 Umdrehungen, Turbolader bis 125.000 Umdrehungen
ERSFerrari, 163 PS, 4 Megajoule Akkukapazität, Max. Umdrehungen MGU-K: 50.000, Max. Umdrehungen MGU-H: 125.000
Maße und GewichtMindestgewicht von 691 kg inklusive Fahrer, Schmierstoffe und Kühlflüssigkeiten