Es hätte der große Tag des Felipe Massa werden können: letztes Rennen für Ferrari, Heimspiel auf dem legendären Autodromo Jose Carlos Pace, nach einer gefühlten Unendlichkeit wieder auf dem Podium, bei trockenem Wetter unter großem Fan-Jubel wieder einmal Podest-Champagner verspritzen. Trocken blieb es zwar am Sonntag in Interlagos, doch von Massa war auf dem Podium nichts zu sehen. Stattdessen vertrat Fernando Alonso standesgemäß die roten Farben neben Red Bull. Und Massa? Regte sich kräftig über seine Durchfahrtsstrafe auf und geht als Gesamtsiebter des Brasilien Grand Prix 2013 in den sportlichen Annalen unter.

Es wäre sein zweiter Podestplatz in dieser Saison gewesen, zuletzt schaffte er es im Mai in Spanien unter die besten Drei. In Interlagos lag Massa nach einem Super-Start lange Zeit an vierter Position - das hätte nicht für den Sprung aufs Treppchen gereicht, doch wozu hat man schließlich Teamkollegen? Ausgerechnet Alonso - man erinnere sich an Hockenheim 2010 oder auch den Austin-Siegelbruch 2012 - hätte sich in Brasilien für seinen langjährigen Maranello-Kollegen geopfert. Hätte er das wirklich, dieser Alonso, der jedes Jahr hart um jeden Punkt kämpft? Eine definitive Antwort kann es nicht geben, weil sich die Situation wegen Massas Strafe nicht ergab.

Ein letztes Mal in Rot, Foto: Sutton
Ein letztes Mal in Rot, Foto: Sutton

Würde man aber spekulieren, fiele die Antwort ziemlich eindeutig aus: Ja, Alonso hätte Platz für Massa gemacht. Es gibt zahlreiche Gründe, die dafür sprechen. Zum einen ging es für Alonso sportlich um nichts mehr. Die Vize-Weltmeisterschaft - einen Titel, der dem Spanier nicht allzu viel bedeutet - hatte er schon in Austin klargemacht. Auch im Hinblick auf die Teamwertung hätte es keine Probleme gegeben, bei einem internen Platztausch hätte sich nichts an den Punkten geändert. Und dann wäre da noch der Fakt, dass Alonso und Massa in all den Jahren zu wirklichen Freunden geworden sind - so etwas gibt es selten in der Formel 1, wo es erstes Ziel ist, den eigenen Teamkollegen zu besiegen. Vielleicht ahnte Alonso auch, dass es Massa in Zukunft noch schwieriger fallen könnte, mit dem Williams um Top-Plätze zu kämpfen.

"Vierter wäre ich bestimmt geworden, und mit Sicherheit habe ich einen Teamkollegen, der mich vorbei gelassen hätte, wenn es um Platz drei gegangen wäre", sagte Massa nach Rennende im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. Es wäre Alonsos Möglichkeit gewesen, Größe zu beweisen und als erfahrener Sportler hätte er diese Möglichkeit auch genutzt. Alonso weiß schließlich genau, wie oft sein Teamkollege sich für ihn geopfert hat, ohne sich nachher öffentlich aufzuspielen. "Es ist schade und macht mich traurig, dass er eine Durchfahrtsstrafe bekam", sagte Alonso noch auf dem Podium. "Denn heute war für ihn ein Podium sehr nah. Das ist traurig, aber in den vergangenen vier Jahren war er ein unglaublicher Teamkollege mit beeindruckenden Fähigkeiten."

Abschiedsgeschenk von Ferrari, Foto: Sutton
Abschiedsgeschenk von Ferrari, Foto: Sutton

Eine direkte Absprache habe es nicht gegeben zwischen Massa und Alonso. Doch wie definiert man diesen Begriff? Sicherlich hat Ferrari keinen Vertrag aufgesetzt und Stefano Domenicali hätte sich in den Schlussrunden auch nicht mit Alonso in Verbindung gesetzt - "Kannst du bestätigen, dass Felipe schneller ist als du?" Alonso hätte in den Rückspiegel geschaut, Massa gesehen und einfach Platz gemacht. "Fernando kam zu mir und sagte: Wann immer du hinter mir bist, lasse ich dich vorbei", klärte Massa die Sache auf. Gespräch unter vier Augen zwischen zwei Männern - das reicht.

Verhageltes Heimspiel, Foto: Sutton
Verhageltes Heimspiel, Foto: Sutton

Interessanterweise gab es ähnliche Gedankenspiele auch beim großen Konkurrenten Red Bull. 'Vettel hätte sich für Malaysia revanchieren und Webber den Sieg schenken können', forderten nicht wenige Fans und auch Paddock-Insider. Bei den Bullen sieht die Angelegenheit allerdings etwas anders aus als bei Ferrari. Vettel hätte Webber niemals vorbeigelassen - und der Australier wollte es auch gar nicht. Webber ist viel zu stolz, um sich einen Sieg vom ewigen Konkurrenten schenken zu lassen. Das hätte einen anderen Beigeschmack gehabt als bei Ferrari, wo allein wegen der Vorgeschichte wahrscheinlich jeder einen Platztausch verstanden und nicht als plumpes Geschenk abgetan hätte.

Ein Abgang aus der Formel 1 auf dem Podium reichte Webber vollkommen aus. Da tat auch der Ausrutscher in der Champagnerlache auf dem Podest nicht mehr so weh... "Malaysia war Malaysia - das war nicht sauber", sagte Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner. "So etwas im Nachhinein durch eine Renn-Manipulation reparieren zu wollen ist noch schlimmer als das eigentliche Vergehen, als sich die beiden in Malaysia in die Haare gekriegt haben. Nein, das hätte Mark auch nicht gewollt. Das ist gar nicht seine Art."