Was für ein Formel-1-Endspurt: so langweilig die letzten Saisonrennen waren, so sehr ging es nach dem Fallen der Zielflagge zur Sache!

Ja, bis zur Zieldurchfahrt herrschte zwischen Spa und Interlagos oftmals gähnende Langeweile – Sebastian Vettel hatte teilweise schon vor seinem ersten Boxenstopp fast genügend Vorsprung für einen zweiten Boxenhalt herausgefahren.

Na und?! Sobald der vierfache Champion die schwarz-weiß karierte Flagge gesehen hatte, drehte er erst so richtig auf: Vettel vollführte kunstvolle Donuts in allen nur denkbaren Varianten und an allen (teils verbotenen) Orten, brannte mit qualmenden Reifen Burnouts in den Asphalt und kniete vor seiner anbetungswürdigen "Hungry Heidi" nieder.

Die Masse tobt: Vettels Saisonabschluss-Donuts, Foto: Sutton
Die Masse tobt: Vettels Saisonabschluss-Donuts, Foto: Sutton

Damit aber noch lange nicht genug: Mark Webber schloss sich in Abu Dhabi der Donut-Feier seines Teamkollegen unter dem vom Feuerwerk erleuchteten Nachthimmel an. Felipe Massa drehte sich von seiner Drive-Through-Strafe befeuert vor seinem Heimpublikum in Sao Paulo munter im Kreis und Webber ließ sogar noch während seiner letzten Meter als Formel-1-Fahrer die Hüllen (sprich seinen Helm) fallen und fuhr mit einer Freilufteinlage in den Parc Fermé ein.

Disziplinlos? Respektlos? Verboten? Von wegen! Die spektakulären Nachspiele der letzten Rennen von Indien über Abu Dhabi bis Sao Paulo beweisen: die Formel 1 ist noch nicht tot. Sie lebt! Statt spießig das Auto im Parc Fermé abzustellen, wird gefeiert, was das Zeug hält. Die Fans, die am Freitag und Samstag im Regen ausharrten und kaum Autos zu sehen bekamen, werden mit Emotionen pur belohnt. So muss das sein. Warum sollen nur die NASCAR-, Indycar- und MotoGP-Fahrer echte Feierbiester sein?

Die Braven im Vordergrund, die Bösen im Hintergrund..., Foto: Sutton
Die Braven im Vordergrund, die Bösen im Hintergrund..., Foto: Sutton

Ja, das Reglement verbietet das eine oder andere. Und ja, Bernie Ecclestone gefällt das eine oder andere ganz und gar nicht. Ich sage: Na und? Lasst die Fahrer und die Fans zum Ende einer (viel zu) langen Saison doch auch etwas Spaß haben. Klar, jeder Spaß hat irgendwo seine Grenzen. Disziplin ist keinesfalls überflüssig. Nicht umsonst wird sie jungen Nachwuchspiloten penibel eingetrichtert – wer sich nicht daran hält, kommt noch nicht einmal in die Nähe der Königsklasse.

Aber Vettel, Webber, Massa & Co sind gestandene Formel-1-Piloten und GP-Sieger. Sie haben ihr Leben der Formel 1 verschrieben, lasst sie zu besonderen Anlässen, Siegen und Abschieden auch mal Charakter zeigen. Dann gilt: zur Hölle mit der Disziplin! Schlechte Vorbilder? Quatsch, sehr gute Vorbilder! Sie zeigen den Stars der Zukunft: seid diszipliniert, arbeitet hart und werdet erfolgreich – dann dürft auch ihr mal die Sau raus lassen!