"Reifen, Reifen, Reifen" - mit diesem Zitat begann Mark Webber die Saison. Den Australier störte es, dass nur noch über das schwarze Gold geredet wurde. Nach einem zwischenzeitlichen Höhepunkt ebbten die Diskussionen aber nach der Änderung zur Saisonmitte wieder etwas ab. Ganz zum Schluss der Saison ist es wieder da, das Reifenthema. Eigentlich sollten in den Freitagstrainings zum Großen Preis von Brasilien Prototypreifen für die nächste Saison getestet werden. Die Teams wollten erste Daten sammeln.

"Ich glaube schon, dass man da einiges mitnehmen kann", meinte Nico Hülkenberg noch am Donnerstag. "Es werden bestimmt einige Messgeräte auf den Autos zu sehen sein und die Ingenieure werden auf jeden Fall ein paar Informationen daraus ziehen und über den Winter verarbeiten können", so der Deutsche noch voller Optimismus. Sebastian Vettel war da schon etwas vorsichtiger: "Es ist besser, als vor 2014 nicht mit ihnen gefahren zu sein, aber es hängt vom Wetter ab. Vielleicht regnet es."

Und der Heppenheimer scheint derzeit nicht nur der beste Rennfahrer zu sein, sondern auch der beste Hellseher. Schon im ersten Freien Training regnete es, am Nachmittag wurden die Tropfen sogar noch dichter. Vettel war letztendlich der einzige, der überhaupt Kilometer auf Trockenreifen zurücklegte, allerdings waren es auch bei ihm nicht allzu viele. "Wir haben absolut nichts gelernt", klagte Pirelli Motorsportchef Paul Hembery nach dem Training. "Das ist schon komisch, wir hatten das ganze Jahr über kaum Fahrzeit im Nassen. Aber man kann nichts machen."

Beunruhigen will sich Hembery aber von dieser Tatsache nicht lassen. "Wir sind mit den Vorbereitungen schon sehr weit, wir hatten hier ein Produkt, dass sehr ähnlich zu jenem sein wird, das im nächsten Jahr gefahren wird und wir werden noch einen eigenen Test im Dezember haben." Pirelli kann also noch in diesem Jahr weiter Erfahrungswerte mit dem neuen Reifen sammeln, bei den Teams sieht das anders aus.

Reifen beeinflussen die Aerodynamik

"Das bedeutet, dass es schwieriger sein wird, zu entwickeln. Es ist nicht hilfreich", meint McLarens Sportdirektor Sam Michael. "Es wäre schön gewesen sie gefahren zu sein. Aber wenn man sie nicht gefahren ist, dann ist man sie nicht gefahren - das ist das Gleiche für alle." Zwar legte Vettel wenige Runden mit dem Reifen zurück, besonders repräsentativ dürften die Werte jedoch nicht gewesen sein, wie Michael zu bedenken gibt.

"Man hat zwei Probleme wenn man sie so testet: Man kann nicht genügend laterale Kräfte generieren, die den Reifen verformen - und das ist es, was man machen will. Es ist der Unterschied, wie sich die Seitenwand verformt. Das ist es, was zählt. Das kann man nicht machen, wenn man herumschleicht. Man muss tatsächlich ein paar Kräfte zustande bringen." Heißt: Nur bei schneller Kurvenfahrt können die Ingenieure repräsentative Daten sammeln, wie sich die neue Reifengeneration genau verformt.

Das ist speziell an den Hinterreifen wichtig, weil die Verformung der Reifen in hohem Maße die Effektivität des Diffusors beeinflusst. Deshalb hatte die Reifenänderung während der Saison nicht nur mechanische, sondern auch aerodynamische Auswirkungen. Um diese Verformung genau zu messen, hatte Red Bull im 'Magic Gap' zwischen Hinterreifen und Diffusor ein spezielles Gitter mit Sensoren angebracht.

"Aber wenn man viel Spray hat, dann spritzt es in die Pitot-Rohre und man erhält verfälschte Daten", warnte Michael. Pitot-Rohre sind die kleinen Röhrchen im Gitter, die den Staudruck messen sollen und somit letztendlich für die Aerodynamikwerte sorgen. Ein solches Rohr ist auch auf der Nase der Fahrzeuge angebracht, um die Geschwindigkeit präzise bestimmen zu können.

Schon beim Team-Manager Meeting am Donnerstag gab es Anfragen, ob die Prototypen bei Regen am Freitag auch im dritten Freien Training am Samstag ausprobiert werden dürfte. Auf Rücksprache mit den Stewards entschied sich Rennleiter Charlie Whiting jedoch gegen diese Variante und bezog sich dabei auf Artikel 25.4(b) des Sportlichen Reglements.