Wind, Temperaturen, Reifenfenster - das waren die Worte, die man heute während des Qualifyings am häufigsten hörte. Waren die Bedingungen tatsächlich das Entscheidende?
Christian Danner: Das Witzige ist ja, dass sich am Anfang da alle fürchterlich beschwert haben, "shocking", "unfahrbar" und weiß Gott was alles - und am Ende sieht die Startaufstellung doch wieder so aus wie fast immer, bis auf ein paar kleine Ausnahmen vielleicht, wie Bottas auf Neun. Ja, die Bedingungen haben sich verändert, sie haben es schwierig gemacht, die Balance war plötzlich weg. Aber das war eben für alle gleich. Wenn der Wind plötzlich aus einer anderen Richtung bläst, dann verhält sich das Auto eben anders, dann stimmt die Balance nicht mehr - bei allen...

Haben dann aber auch alle mehr oder weniger gleich darauf reagiert?
Christian Danner: Ja - denn erstens einmal kann man im Rahmen des Reglements ja im Qualifying sowieso nur noch bestimmte Dinge verändern, wie zum Beispiel eben die Frontflügeleinstellungen. Andererseits weiß auch jeder, was er zu tun hat - und speziell jetzt am Saisonende kennen die alle ihre Autos so genau, dass es da kaum noch Überraschungen gibt. Das sind quasi feste Programme, die da ablaufen, wie man auf welche Veränderungen reagiert. Es wäre ja fast traurig, wenn es nicht so wäre in einem professionellen Team. Früher, zu meiner aktiven Zeit, da waren die Mechaniker beleidigt, wenn man gesagt hat, das Auto sei von einem Tag auf den anderen viel schlechter, betonten, sie hätten doch alles richtig gemacht. Der Teamchef hat den Fahrer angemeckert, er solle doch lieber endlich mal Gas geben, und man selbst als Fahrer hat sich auch gefragt, wie das eigentlich alles sein kann. Heute weiß man, dass die Aerodynamik der Autos nun mal so ist, dass es diese Effekte tatsächlich gibt.

Mercedes will Ferrari und Lotus in Schach halten, Foto: Sutton
Mercedes will Ferrari und Lotus in Schach halten, Foto: Sutton

Das Einzige, was nach den entschiedenen WM-Titeln immer noch spannend ist, ist der Kampf um Platz zwei bei den Konstrukteuren. Hat Lotus da jetzt eine bessere Ausgangsposition als man - ohne Kimi - eigentlich gedacht hätte?
Christian Danner: Ganz ehrlich - ich muss das schon mal so sagen dürfen, ist die Luft raus. Dieser Kampf um Platz zwei, da jetzt ewig zu spekulieren und hin und her zu rechnen, das wird auch allmählich langweilig. Das ist eine Sache, die für die beteiligten Teams zwar sehr wichtig ist, weil es um viel Geld geht, aber in Wirklichkeit auch nur für die. Und auch wenn ich ganz persönlich vielleicht Präferenzen habe, wenn ansonsten auch schon faszinierend sein kann, Sebastian Vettel bei der Arbeit zuzuschauen, mir wäre es lieber, wenn ich mit Blick auf das Rennen sagen könnte: Wahrscheinlich wird Vettel richtig unter Druck geraten, Grosjean wird am Start die Führung übernehmen, wir werden ganz viel Spannung erleben. Nur wird das sehr wahrscheinlich nicht passieren...

Weil wir bei Vettel sind: Viele Fans fragen sich, warum er und Red Bull wirklich so bis zum letzten Ende hart und konsequent weiter machen, es nicht doch ein bisschen lockerer ausklingen lassen, gerade, wo doch 2014 sowieso das neue Reglement kommt. Sebastian sagt dann immer, man könne immer lernen - auch jetzt für nächstes Jahr. Was kann man tatsächlich noch lernen?
Christian Danner: Man kann immer lernen, aus und über die Umgangsweise mit den Reifen, über das Verhalten der Aerodynamik. Heute früh gab es zum Beispiel im TV einige Superzeitlupen, zum Beispiel von Ferrari und Red Bull, wo man durch die Bedingungen, die Kühle und die extrem hohe Luftfeuchtigkeit, ganz genau die Luftströmungen sehen konnte. An der Nase und an den Vorderrädern bis zum Heckflügel, und auch die Unterschiede zwischen den einzelnen Autos. Ich bin mir sicher, dass sich das die Aerodynamiker und die Ingenieure ganz genau anschauen werden. Aber das ist halt auch was, was zwar für die sehr spannend ist, aber nicht unbedingt für die normalen Fans.

Wir sind im zweiten Jahr in Austin - ist die Formel 1 bei den Fans in Amerika angekommen?
Christian Danner: Ganz bestimmt nicht - und zumindest in ganz Amerika wird sie wahrscheinlich auch eher nie ankommen. Sie kann in einer Nische ankommen, die Nische kann vielleicht im Laufe der Zeit ein bisschen größer werden. Hier in Austin, in der Stadt selbst, da findet sie sicher Rückhalt, da bewirkt sie auch etwas - aber schon in Dallas oder in Houston nicht mehr. Denn Austin ist nun mal anders, eine ganz besondere Stadt, nicht zu vergleichen mit dem Rest von Texas oder den ganzen USA.