Nach dem Ende des Qualifyings in Abu Dhabi kam es ganz übel für Kimi Räikkönen. Der Finne muss ans Ende des Feldes statt von Platz fünf zu starten. Damit sinken seine Chancen, Red Bull gefährlich zu werden, deutlich. Die große Frage lautet eigentlich nur noch: Welcher Red Bull steht am Ende vorn? Motorsport-Magazin.com nimmt die Top-Teams unter die Lupe.

Red Bull: Auf zum nächsten Sieg - aber wer?

Diesmal stand der andere Red Bull vorn. Mark Webber sicherte sich die Pole Position für den Großen Preis von Abu Dhabi, Sebastian Vettel musste sich mit Platz zwei begnügen. Eine Zehntelsekunde nahm der Australier seinem dominatne Teamkollegen ab, setzte sich zum zweiten Mal in dieser Saison im teaminternen Duell durch. Für Red Bull die perfekte Ausgangslage, für Vettel eher nicht. Der Heppenheimer peilt seinen siebten Sieg in Folge an, würde damit Michael Schumachers Rekord aus der Saison 2004 einstellen. Doch nicht wenige glauben, dass Webber ein dankbarer Vordermann ist, hat der scheidende F1-Veteran doch so seine lieben Probleme mit der Startprozedur. Andererseits wird Webber garantiert nicht zurückstecken. "Der Webber wird volles Rohr fahren", war auch Beobachter Niki Lauda überzeugt.

Gelingt Vettel der siebte Sieg in Folge?, Foto: Red Bull
Gelingt Vettel der siebte Sieg in Folge?, Foto: Red Bull

Vettel räumte ein, dass er mit dem Resultat aus dem Zeittraining nicht zufrieden war und gab gleichzeitig einen Fahrfehler auf seiner letzten Runde zu. "Es gibt keine Garantie, dass es immer gut läuft", sagte Vettel. "Wir haben alles probiert, aber leider reichte es diesmal nicht. Mark war ein bisschen schneller." Webber war der einzige Pilot, der die 1:40er-Marke im Qualifying knackte - ob Vettel ihn überhaupt hätte packen können, wollte der Vierfach-Champion nicht beurteilen. Aber es sei ja noch nichts verloren. "Wir haben das Auto ein bisschen mehr auf das Rennen vorbereitet und ich denke, dass wir ein starkes Paket haben", so Vettel. "Dass man hier überholen kann, haben wir im vergangenen Jahr gesehen." Erinnerungen an eine gigantische Aufholjagd nach der Qualifying-Disqualifikation werden wach. Diesmal muss er sogar nur einen Platz gutmachen - niemand zweifelt daran, dass Red Bull vorn bleibt, wenn Red Bull vorn fährt...

Mercedes: Erster Verfolger

Mercedes is back - zumindest im Qualifying. Auch wenn Red Bulls Vorsprung von rund vier Zehntelsekunden recht komfortabel aussieht, Mercedes ist in Abu Dhabi deutlich näher am Weltmeisterteam als noch in den Rennen zuvor. Bis zu dem Zeitpunkt, als Lewis Hamiltons Querlenker den Dienst quittierte, lag der Brite rund vier Zehntel vor seiner persönlichen Bestzeit - also auf Red-Bull-Niveau. "Wenn, aber und vielleicht zählen im Motorsport nicht", stellte Motorsportchef Toto Wolff aber schnell klar. Und auch Nico Rosberg dämmte die Erwartungen ein: "Mehr ist momentan nicht drinnen, Red Bull ist schneller als wir."

Halten die Reifen bei Mercedes?, Foto: Sutton
Halten die Reifen bei Mercedes?, Foto: Sutton

Mercedes' Stärke lag in der Vergangenheit nicht unbedingt im Rennen. Zwar verbesserten sich die Silberpfeile auf Longruns zunehmend, Red Bull konnte im Renntrimm aber immer noch eine Schippe drauflegen. Auch in Abu Dhabi sollte sich das nicht ändern, wie Ross Brawn glaubt. "Wir waren gestern mit unserem Auto auf den Longruns nicht wirklich zufrieden", gestand der Brite. Zwar hätte das Team über Nacht Verbesserungen gefunden, doch der Blick ist eher nach hinten gerichtet. "Es wird von der Strategie her ein hartes Rennen gegen Lotus und vielleicht auch gegen Ferrari", so Wolff. Fazit: Für Red Bull wird es also erwartungsgemäß nicht reichen, mit - zumindest einem - Lotus wird es spannend.

Lotus: Springt Grosjean in die Bresche?

Kimi Räikkönens Disqualifikation fügt sich nahtlos in das kurioses Wochenende rund um den Finnen ein. Die FIA stellte nach dessen fünftem Platz im Qualifying Unregelmäßigkeiten am Unterboden seines E21-Boliden fest und schloss Räikkönen von der Wertung aus. So muss der frühere Weltmeister das Feld von hinten aufräumen. Immerhin war das Gefühl in seinem Boliden nach dem Umbau auf die Variante mit dem kurzen Radstand besser als an den vergangenen Wochenenden. Dass Aufholjagden in Abu Dhabi - auch dank der zwei DRS-Zonen - möglich sind, bewies Vettel im Vorjahr. Außerdem könnte Lotus auf eine Ein-Stopp-Strategie setzen und sich dadurch einen Vorteil verschaffen.

Kimi Räikkönen disqualifiziert, Foto: Sutton
Kimi Räikkönen disqualifiziert, Foto: Sutton

Sollte bei Räikkönen nichts zusammenlaufen, hat das Team immer noch Romain Grosjean in der Hinterhand. Startplatz sechs ist keine überragende Ausgangslage, doch der Franzose bewies mehrfach, wozu er in der Lage ist. Ein vierter Podiumsplatz in Folge wäre keine große Überraschung. Allerdings muss Lotus noch einmal Hand anlegen. "Der Wagen hat sich heute Abend ziemlich anders angefühlt, vor allem an der Front. Wir müssen untersuchen, was nicht funktionierte", so Grosjean. Ob Lotus bei ihm auf eine aggressive Ein-Stopp-Strategie setzt, wollte Alan Permane natürlich noch nicht verraten. "Wir beobachten den Rennverlauf genau und werden uns danach richten", ließ er sich lediglich entlocken.

Ferrari: Punkte zählen

"Das Ergebnis ist ohne Zweifel schon etwas besser als ich es erwartet habe", erzählte Felipe Massa Motorsport-Magazin.com - wohlgemerkt das Zitat eines Ferrari-Piloten nach Rang acht im Qualifying. Das spiegelt die derzeitige Situation bei der Scuderia wieder. Teamkollege Fernando Alonso verpasste sogar zum ersten Mal seit 29 Rennen wieder den Sprung in das letzte Qualifikationssegment. Dafür, dass es speziell auf dem Yas Marina Circuit für die Mythosmarke nicht läuft, hat Massa eine Erklärung: "Die Traktion ist entscheidend, um eine gute Runde hinzubekommen. Aerodynamischer Abtrieb ist auch sehr wichtig - also haben wir hier kein konkurrenzfähiges Auto."

Fernando Alonso: Nächster Rückschlag, Foto: Sutton
Fernando Alonso: Nächster Rückschlag, Foto: Sutton

Immerhin fand der Brasilianer noch einen positiven Aspekt. "Gut für uns, dass das Rennen am Abend stattfindet." Denn hohe Temperaturen machten die Probleme bei der Scuderia noch gravierender. "Da konnten wir nicht eine Runde fahren, ohne dass die Reifen überhitzten." Eine Möglichkeit für den Weg nach vorne ist die Strategie. "Ein Stopp sollte eigentlich möglich sein", meint Fernando Alonso. Doch was ist von den Plätzen acht und elf drinnen? "Mal sehen, ob wir wenigstens ein paar wichtige Punkte holen können", so Massa kleinlaut - aber realistisch. Das Podium dürfte für Massa und Alonso außer Reichweite sein.