1. - S wie Start

Wenn sich die Meute am Sonntag in das Rennen stürzt, sorgen gleich zwei Schlüsselfaktoren für zusätzliche Spannung: Reifen und Streckenlayout. In den Top-10 starten gleich vier Fahrer mit der härteren Reifenmischung, sie werden auf den ersten Metern deutlich weniger Grip haben als die Konkurrenz auf weichen Pneus. Und wenn sich das Feld durch die ersten beiden Ecken geschlängelt hat, geht es auf eine über einen Kilometer lange Gerade, auf der Windschatten für die Hinterleute quasi garantiert ist. Hier muss auch ein Sebastian Vettel schauen, dass er sich auf den ersten Metern aus dem Staub macht.

Der eine ohne andere Fahrer wird hoffen, dass es in den ersten Kurven nach dem Start direkt zu einem Unfall und einer Safety-Car-Phase kommt. "Was ein bisschen riskant ist, wenn man auf dem Medium startet, ist, wenn das Safety Car kommt, denn dann ist man angreifbarer. Wenn ich einen Stopp mache, bin ich direkt wieder dahinter, sie müssen dann rein und fallen automatisch zurück", denkt Nico Hülkenberg, der auf dem siebten Platz mit den weichen Reifen starten wird.

2. - S wie Startaufstellung

Die Startaufstellung für den Indien GP ist ein wenig irreführend, denn in Q3 fuhren Mark Webber, Fernando Alonso und die beiden McLaren-Piloten auf den Medium-Reifen, um mit diesen ins Rennen gehen zu können. Die Rundenzeiten aus dem Qualifying lassen sich somit schlecht vergleichen, wobei es die Konkurrenz sicherlich aufhorchen ließ, dass nur drei Piloten auf weichen Reifen schneller waren als Webber: Sebastian Vettel auf Pole und dahinter die beiden Mercedes-Piloten Nico Rosberg und Lewis Hamilton.

Vier Piloten in den Top-10 qualifizierten sich auf Medium-Reifen., Foto: Sutton
Vier Piloten in den Top-10 qualifizierten sich auf Medium-Reifen., Foto: Sutton

Dass Felipe Massa von Platz fünf startet, während Alonso nur als Achter ins Rennen geht, ist auf eine geteilte Strategie bei Ferrari zurückzuführen. Keiner zweigleisigen Taktik, sondern schlicht einem Fauxpas ist es geschuldet, dass sich Romain Grosjean (Startplatz 17) nicht in der Nähe seines Teamkollegen Kimi Räikkönen (Startplatz 6) qualifizierte. Hinter dem Finnen geht Nico Hülkenberg ins Rennen, der sich auf den weichen Reifen etwas mehr erhofft hatte. Hinter Alonso beschließen Sergio Perez und Jenson Button die Top-10.

3. - S wie Strategie

Selten war die Ausgangslage so spannend wie an diesem Wochenende: Vier Fahrer (Webber, Alonso, Button, Perez) qualifizierten sich auf dem härteren Reifen und bringen damit eine ganze Menge Unberechenbarkeit ins Rennen. Das ist genau das, was sich Pirelli erhofft hat. Da der weiche Reifen beinahe unbrauchbar ist, könnten die meisten Fahrer, die mit dem gelben Pneu starten, bereits innerhalb der ersten fünf Runden an die Box kommen. Und genau hier liegt die Gefahr dieser Strategie: Ein dermaßen früher Stopp wirft die Piloten weit ins Mittelfeld zurück und der Verkehr wird zu einer unberechenbaren Variable.

Umgekehrt müssen diejenigen Fahrer, die das Rennen mit dem härteren Reifen in Angriff nehmen, ganz am Ende auf weich setzen. Es kann also sein, dass die endgültige Reihenfolge erst in der letzten oder vorletzten Runde sichtbar wird; es wird daher ein asymmetrisches Rennen. Sollte auch noch das Safety Car ausrücken müssen, wäre das Strategie-Chaos perfekt. Derzeit ist noch nicht einmal klar, welche Strategie jetzt eigentlich die schnellere ist: Felipe Massa gab zu, sich gegen den Rat seiner Ingenieure für die weichen Reifen entschieden zu haben, während Mercedes sich sicher ist, mit dem weichen Reifen am Anfang alles richtig gemacht zu haben.

4. - S wie Sebastian Vettel

Sebastian Vettel kann am Sonntag Geschichte schreiben und seinen vierten Formel-1-Titel in Folge holen. Nach dem Qualifying spricht jedenfalls alles für eine mögliche Entscheidung in der Weltmeisterschaft: Vettel startet von der Pole, sein Verfolger Fernando Alonso nur von der achten Position. Momentan hat Vettel 90 Punkte Vorsprung, 75 würden nach dem Rennen reichen. Das heißt im Umkehrschluss: Selbst wenn Alonso in Indien gewinnen sollte, müsste Vettel nur Fünfter werden.

"Vettel ist ein ganz Großer, selbst wenn man ihn mit Prost, Fangio oder Schumacher vergleicht. Es wäre unglaublich, denn es würde sein vierter Titel sein und er ist ja auch erst 26 Jahre alt", so der ehemalige Formel-1-Pilot Martin Brundle. Einen ähnlichen Standpunkt vertritt sein Teamchef Christian Horner: "Für mich ist er nun auf Augenhöhe mit Juan Manuel Fangio, Jim Clark, Jackie Stewart, Ayrton Senna, Alain Prost und Michael Schumacher." Und Vettel selbst? Der bleibt ganz entspannt und zurückhaltend: "Ich bin sehr stolz, dass ich überhaupt auf der Liste der Weltmeister stehe."

5. - S wie Strecke (-nlimits)

Kurios: Während des Qualifyings verließen zahlreiche Fahrer während ihrer schnellen Runden die Strecke. Dafür gibt es bei mehrmaligem Verstoß üblicherweise eine Strafe, doch nicht so in Indien: Bei einem Briefing am Freitagabend hatte Renndirektor Charlie Whiting den Fahrern ausdrücklich erlaubt, die Streckenbegrenzungen missachten zu dürfen. Zwei Gründe: zum einen sind einige Kurven auf dem Buddh International Circuit blind, also nicht einsehbar. Deshalb sei es laut Whiting schwierig, die Begrenzungen genau einzuhalten. Zweitens bringe es keinen Vorteil, die Strecke zu verlassen. "Du willst gar nicht von der Strecke abkommen, weil du dir dann Dreck an den Reifen einfängst", erklärte Mark Webber, selbst mehrmaliger Grenzgänger. "Das ist ziemlich problematisch und außerdem tut dir der Rücken danach ganz schön weh."

Bis hier hin und nicht weiter! Whiting hat klare Regeln., Foto: Sutton
Bis hier hin und nicht weiter! Whiting hat klare Regeln., Foto: Sutton

Aber: Im Rennen sieht die Sache anders aus, am Sonntag wird die Rennleitung wieder ganz genau hinschauen. Wenn ein Fahrer die Strecke verlässt und sich dadurch einen Vorteil verschafft, gibt es die handelsüblichen Strafen. Dass die Fahrer in Indien während der Trainings und im Qualifying ungestraft mit allen vier Rädern über die Streckenlimits fahren dürfen, ist übrigens nicht neu, sondern gilt seit der F1-Premiere im Jahr 2011.

6. - S wie Sonntagswetter

Zehn Sonnenstunden und maximal 31 Grad sind für den Rennsonntag in Indien angesagt. Die Luftfeuchtigkeit liegt bei trockenen 53 Prozent, mit Regen ist nicht zu rechnen. Klaren Himmel wird man unweit von Neu Delhi wieder einmal vergeblich suchen. Was in Wetterberichten - offenbar wohlwollend - als Nebel umschrieben wird, ist nichts anderes als Smog, den man fast in Stücke schneiden kann.

7. - S wie Spannung

Selten starten vier Piloten in den Top-10 auf der härteren Reifenmischung und bieten sich damit so gute Voraussetzungen für ein strategisch spannendes Rennen. Die große Unbekannte sind die weichen Reifen, denn keiner weiß, wie lange sie halten werden. Für den letzten Stint könnten sie zum Zünglein an der Waage werden, wenn sie bei leichterem Auto länger halten und die Piloten so noch die eine oder andere Position gutmachen können. Gut möglich, dass sich erst in den letzten Kurven entscheidet, wer aufs richtige Pferd - Pardon, die richtige Kuh - gesetzt hat. Was will das Rennfahrerherz mehr?