Da Sebastian Vettel in Japan "nur" als Zweiter ins Rennen ging und zudem schlecht startete, musste er sich mit Hilfe der Strategie von Rang drei zum Sieg kämpfen und konnte nicht wie schon so oft von der Pole vorneweg fahren. Auch Teamkollege und Polesetter Mark Webber hatte einen schlechten Start, weshalb sich beide Red-Bull-Piloten hinter dem stark fahrenden Romain Grosjean wiederfanden. Um seine Reifen zu schonen, hielt Vettel im ersten Stint eine Lücke von zwei Sekunden zu Webber. Dieser wiederum jagte in den ersten sechs Runden den führenden Grosjean, ehe er sich etwas zurückfallen ließ.

Grosjean setzte sich beim Start gegen die Red-Bull-Piloten durch., Foto: Sutton
Grosjean setzte sich beim Start gegen die Red-Bull-Piloten durch., Foto: Sutton

Grosjean war im ersten Stint auf den Medium-Reifen schnell unterwegs und hatte zu diesem Zeitpunkt laut dem UBS Strategy Report eine wirkliche Chance auf den Sieg. Nach Webbers Stopp in Runde elf, bei dem er sich einen praktisch nagelneuen Satz harter Reifen abholte, zog Grosjean nach und wählte dieselbe Reifenmischung. Diese Entscheidung sollte sich jedoch als Fehlschlag herausstellen, denn Grosjean war auf den harten Reifen nicht so schnell wie erwartet. Hätte er den zweiten Stint auf den Medium-Reifen bestritten, wäre der zweite Platz möglich gewesen. Vettel holte sich in Runde 14 neue harte Reifen ab und stellte die ursprüngliche Reihenfolge der Top-3 wieder her.

Die Strategen bei Red Bull sahen aufgrund der schwächeren Pace von Grosjean auf den harten Reifen die Chance, Vettel mit einer Zwei-Stopp-Strategie zum Sieg zu verhelfen. Dass Webber Grosjean mit der gleichen Strategie schlagen würde, glaubten sie nicht. Webber würde die Reifen nicht so lange am Leben halten wie Vettel, der zudem schneller war. Seine einzige Siegchance hätte darin bestanden, im zweiten Stint das Maximum aus den Reifen herauszuholen und dann früher zu stoppen als Lotus, nämlich in Runde 28 oder 29. Das einzige, was nicht hätte passieren dürfen, war, dass Grosjean nachzieht und eine Runde später an die Box kommt. Denn dann hätte Webber mit gleich alten Reifen auf der Strecke an Grosjean vorbeigehen müssen.

Webber kam erst spät an Grosjean vorbei., Foto: Sutton
Webber kam erst spät an Grosjean vorbei., Foto: Sutton

Das wäre die Strategie gewesen, wenn Red Bull das Ziel gehabt hätte, Webber zum Sieg zu führen. Doch dem Team ging es darum, Lotus in zwei verschiedene Richtungen zu zerren und die Stärken ihrer Fahrer auszuspielen. Vettel sollte die beste Zwei-Stopp-Strategie erhalten und Webber drei Mal an die Box kommen, damit er sich keine Gedanken um die Reifen machen muss und gegen Ende des Rennens Positionen gutmachen kann. Diese Taktik benachteiligte Webber jedoch, da von vorneherein klar war, dass er im letzten Stint hinter Vettel sein würde.

Auch die User von Motorsport-Magazin.com hatten in der Mehrheit den Eindruck, dass Red Bull Webber opferte, um Vettel den Sieg zu ermöglichen. 41 Prozent (Stand 15 Uhr) waren der Ansicht, dass Vettel mit Hilfe der Strategie vor den Australier kommen sollte. 23 Prozent glauben, dass es eine riskante Strategie war, Webber es aber selbst in der Hand hatte. 19 Prozent sind der Meinung, dass Red Bull Grosjean mit dieser Strategie schlagen wollte und 17 Prozent glauben, dass es Webber selbst verbockt hat.

Die meisten Strategen anderer Teams waren sich darin einig, dass Red Bull genau die richtige Entscheidung traf. Sie verschafften ihrem schnellsten Fahrer die beste Chance auf den Sieg und brachten ihren anderen Fahrer auf Platz zwei. Mehr kann man als Team nicht herausholen. Das einzige Risiko, das bei dieser Strategie bestand, war, dass Webber in den letzten Runden derart auf Vettel aufholt, dass es zu einem Zweikampf kommt. Dass ein solcher nicht unbedingt glimpflich ausgeht, ist aufgrund der Vorgeschichte kein Geheimnis.

Doch dazu sollte es nicht kommen, da Webber nach seinem dritten Stopp zu lange brauchte, um an Grosjean vorbeizugehen. Und das, obwohl er frischere, weichere Reifen und aufgrund einer Abstimmung mit weniger Abtrieb an der Hinterachse zudem mehr Top-Speed zur Verfügung hatte als Grosjean. Damit hätte er innerhalb von ein oder zwei Runden an Grosjean vorbeigehen müssen.

Der Teamerfolg steht im Vordergrund., Foto: Sutton
Der Teamerfolg steht im Vordergrund., Foto: Sutton

Nachdem Webber ab Runde 25 aufgrund seines Boxenstopps aus dem Weg war, verkürzte Vettel den Abstand auf Grosjean innerhalb von zwei Runden von 3,4 auf 1,3 Sekunden. Da wurde Lotus klar, dass sie Vettel nicht würden schlagen können. Ab Runde 28 war es möglich, auf einem Satz harter Reifen bis zum Ende des Rennens zu fahren. Lotus beschloss, zu stoppen, um zu verhindern, dass ihnen Vettel zuvorkommt. Auf der anderen Seite hätten sie mit einem späteren Stopp Webber im letzten Stint auf frischeren Reifen mehr entgegensetzen können, der Sieg wäre dann allerdings endgültig verloren gewesen. Denn dann hätte Vettel sie definitiv mit einem früheren Stopp geschlagen - Stichwort 'undercutting'. Lotus spekulierte mehr auf den Sieg, als den zweiten Platz abzusichern.

Vettel war jedoch zu stark. Er hat gut mit den Reifen hausgehalten und brannte nach Grosjeans Stopp acht schnelle Runden in den Asphalt von Suzuka. Nach seinem Stopp schloss er innerhalb von zwei Runden zu Grosjean auf und überholte ihn. Der Weg zum Sieg war damit frei.