Am vergangenen Wochenende spielte sich kurz vor der Podiumszeremonie in Suzuka eine kuriose Szene ab. Im Warteraum stand Renault-Ingenieur Remy Taffin, standesgemäß gekleidet im Renault-Outfit. Das gefiel des Podiumsverantwortlichen überhaupt nicht, denn auf dem Podest dürfen ausschließlich Teammitglieder feiern - reine Motorenlieferanten zählen nicht dazu. Also wurde Taffin notdürftig ein Dress von Red Bull übergestreift - so war er podiumskonform und durfte mit Sebastian Vettel, Mark Webber und Romain Grosjean das erfolgreiche Abschneiden beim Großen Preis von Japan bejubeln. Dabei wäre Taffins Outfit nicht fehl am Platze gewesen - Teams mit Renault-Power im Heck geben in diesen Wochen deutlich den Ton in der Formel 1 an.

Bei den bislang drei Rennen in Asien stand achtmal ein Fahrer mit einem von Renault angetriebenen Auto auf dem Podium. Lediglich in Singapur knackte Fernando Alonso mit Platz zwei die Franzosen-Feierwochen. Und Mercedes? Schaut von unten zu, während die anderen auf dem Treppchen stehen und die dicken Punkte kassieren. Grund genug für Toto Wolff, sich Gedanken über die aktuelle Stärke der Renault-Konkurrenz zu machen und zu hinterfragen, warum es dort so viel besser läuft. "Wir müssen uns fragen, was sie in Sachen Motor-Mapping machen", so der Mercedes-Motorsportchef. "Ist da vielleicht etwas? Liegt es an der Strategie des Anblasens? Bei der Entwicklung scheinen wir ins Hintertreffen geraten zu sein. Ist da etwas am mechanischen Setup, das wir nicht verstehen?"

In den vergangenen Wochen rätselte die Fachwelt kollektiv, wie der Red Bull eine solch enorme Traktion aufbauen und weit vor der Konkurrenz aus den Kurven herausbeschleunigen kann. Gaspedalspiele und geschickter Einsatz des KER-Systems waren nur einige Vermutungen. "Hat zuerst Red Bull und dann Lotus etwas gemacht, das mit der Motoren-Strategie zusammenhängt", fragte Wolff. Seit Lewis Hamiltons drittem Platz in Spa-Francorchamps wartet Mercedes auf den nächsten Podiumserfolg. In den Qualifyings waren die Silberpfeile stets stark, doch im Rennen ging es - mal durch Pech, mal wegen fehlender Performance - konsequent bergab.

Das Werksteam war auf gutem Wege, Ferrari von Platz zwei in der Herstellerwertung zu schubsen. Bei aktuell zehn Punkten Rückstand ist die Chance nach wie vor gegeben, doch Mercedes muss aufpassen: Lotus sammelte in den vergangenen drei Rennen 77 Zähler und ist bis auf 23 Punkte an die Silberpfeile herangerückt. Mercedes bleibt bei noch vier ausstehenden Rennen nicht mehr viel Zeit, hinter das Renault-Geheimnis zu kommen. Was erschwerend hinzukommt: Die Ressourcen wurden inzwischen fast vollständig auf die Entwicklung des 2014er Turbo-Boliden umgeschichtet. Sollte das Team noch einmal Hand am aktuellen Auto anlegen, könnten sie in der Entwicklung ins Hintertreffen geraten.

"Wir müssen uns drei Punkte anschauen", erklärte Wolff. "Erstens: Haben wir etwas übersehen und falls ja, was? Zweitens: Wir müssen die Ressourcen zwischen 2013 und 2014 richtig balancieren. Drittens: Wir müssen schauen, wie wir Zweiter in der Konstrukteurswertung werden. Das ist unser Ziel und das lassen wir nicht liegen."

Sollte Mercedes sich die eigenen Einstellungen des aktuellen Boliden noch einmal genauer anschauen, würde da nicht wenig Aufwand hinter stecken. Wolff: "Wenn man die Mappings zur Abgas-Steuerung verändert, muss man den Motor noch einmal auf den Prüfstand stellen. Wir müssen uns das anschauen. Ich sage nicht, dass das der goldene Schlüssel ist, aber es ist sicherlich ein Thema."