Sebastian Vettel fährt ohne KERS schneller als die Mehrheit mit KERS.
Christian Danner: Dieses Mal hat es eben bei Seb ein Problem gegeben. Was ich gut fand war, dass er das Problem nicht groß thematisiert hat. Er dachte sich, dann bin ich halt mal Zweiter. Da kommt die Gelassenheit eines Champions zutage. Aber es war klar, dass die Red Bulls hier wieder überlegen sind.

Anders als in den Freien Trainings verlief das Qualifying ohne Dreher oder größere Ausrutscher.
Christian Danner: Gestern waren eben die Ausrutscher das Thema, heute ist es das Strahlen in den Augen der Red Bull-Piloten. Mein lieber Herr Gesangsverein, Sebastian Vettel und Mark Webber haben gestrahlt wie ein Honigkuchenpferd. Der Grund: Sie sind mit einem perfekt ausbalancierten Auto durch den ersten Sektor gefahren, also durch die Esses, Dunlop und Degner. Das gibt es hier sehr selten - ich weiß das, denn ich bin hier schon sehr oft gefahren. Das ist deshalb so selten, weil der Wind aus dieser Richtung normal nicht so stark bläst. Im Qualifying blies der Wind durch die Esses direkt das Auto von vorne an, wodurch man noch schneller war. Bei Red Bull war man sich offensichtlich dieser Situation bewusst, d.h. das Team hat das Auto dementsprechend so eingestellt. Für einen Rennfahrer gibt es nichts Geileres als Kurven im vierten oder fünften Gang im Wechsel am Limit zu fahren.

Ist der Spaßfaktor so hoch wie durch Becketts?
Christian Danner: Der ist vier, fünf Mal so hoch. Es ist noch viel, viel besser. Und gerade deshalb finde ich es erwähnenswert, denn es passiert nicht sooft, dass man einem alten Haudegen wie Mark Webber in der Pressekonferenz das Strahlen ansieht.

Danner liebt Suzuka, Foto: adrivo Sportpresse GmbH
Danner liebt Suzuka, Foto: adrivo Sportpresse GmbH

Was ist dir sonst noch besonders aufgefallen?
Christian Danner: Da war eine Sache und zwar hat Lewis Hamilton wortwörtlich gesagt 'my car was awesome'. Das heißt, er war auch unglaublich zufrieden mit seinem Auto und dieses Phänomen wohl auch erlebt und genossen hat, obwohl er am Ende nur Dritter wurde. Auch bei ihm sah man glänzende Rennfahreraugen - und wann sieht man das schon mal.

Heißt das im Umkehrschluss, dass wir mehr solcher Strecken wie Suzuka brauchen?
Christian Danner: Wenn es nach mir gehen würde, dann würde ich sämtliche, klassischen Tilke-Strecken ersetzen.

Gewinnchancen stehen bei 50:50

Glaubst du, dass morgen schon die WM-Entscheidung fällt?
Christian Danner: Also wenn Seb keine KERS-Probleme hat, dann kann man davon ausgehen, dass er das Rennen gewinnt. Fernando Alonso kann im Getümmel durchaus einen Unfall bauen, daher schätze ich die Chancen auf 50:50.

Wie schwierig ist es, so ein KERS-Problem zu finden? Immerhin hat RBR schon alles getauscht, was ging.
Christian Danner: Es ist ja nicht das erste Mal, dass Red Bull KERS-Probleme hat. Soweit ich weiß, ist das KERS-System eine Eigenproduktion und es scheint als wäre da schon alles kaputt gegangen, was kaputt gehen kann. Red Bull hat schon für alles eine Lösung finden müssen. Der einzige Unterschied dieses Mal ist, dass das Problem bei Seb und nicht bei Webber aufgetreten ist. Aber sie werden das Problem schon finden, sie haben genug Zeit und dürfen es ja dann auch beheben. Solche Dinge fallen nicht unter die Parc Fermé-Regeln.

Während bei Red Bull doch alles wie am Schnürchen läuft, ist bei Adrian Sutil der Wurm drin.
Christian Danner: Das Strahlen der ersten Drei sah man bei Adrian, der hier auch ein bisschen zu Hause ist, nicht. Das ist schon traurig für ihn, wobei das ein generelles Problem bei Force India ist. Paul di Resta hat die Seuche auch schon lange genug an den Fersen gehabt. Das Auto scheint eine sehr instabile aerodynamische Konfiguration zu haben und wenn das so ist, dann fliegt man halt leichter mal raus. Das ist halt so, aber Adrians Fokus liegt sowieso darauf, dass es nächstes Jahr weitergeht. Für den Rest gilt: abhaken und vergessen.