Tag eins in Suzuka ist schon wieder vorbei. Was ist dein erster Eindruck?
Christian Danner: Am ersten Tag, eines nicht sehr ereignisreichen Wochenendes, an dem es eigentlich nicht wirklich ereignisreiche Vorkommnisse gibt, die man irgendwie kommentieren müsste, ist eins doch immer klar: Es ist geil hier. Die Strecke ist super, die Strecke ist schwierig, alle sind glücklich, dass sie hier fahren können und manche fliegen hier anhaltend raus, manche hin und wieder mal. Zeigt also: Das ist nicht so eine Strecke, wo nichts passiert, wenn du einen Fehler machst. Wenn du da was falsch machst, dann bist du entweder im Kies wie Kimi oder im Reifenstapel wie Bianchi oder Perez. Der kommt mit zwei Rädern auf den Sand und wundert sich, dass er abfliegt. Es ist einfach schön, hier zu sein.

Eine spezielle Kurve scheint ja die Degner-Kurve zu sein, da hat es besonders viele erwischt...
Christian Danner: Na gut, da sind wir alle schon einmal abgeflogen. Als ich mit Johnny Herbert da saß und wir uns darüber unterhalten haben, wie wir in Japan hier gefahren sind - wir sind ja nicht nur Formel 1 hier gefahren, sondern auch Formel Nippon -, als ich mit Pedro de la Rosa drüber gesprochen habe, der hier auch schon gefahren ist, haben wir festgestellt: Mein Gott, in Degner sind wir alle schon mal rausgeflogen.

Kannst du erklären weshalb?
Christian Danner: Das ist eine komische Kurve, die ein bisschen nach außen hängt. Jetzt ist auf der Innenseite auch noch ein ziemlich hoher Kerb. Wenn man da drüber fährt, wird man ausgehebelt - siehe Alonso. Das passiert durch das gesamte Feld hindurch. Das finde ich schon spannend. Das heißt also, dieses Plastik-mäßige, das wir durch Herrn Tilke gelernt haben, dass es egal ist, wo man drüberfährt - es kostet vielleicht ein bisschen Zeit, aber es passiert nichts - ,das gilt hier nicht. Und das finde ich, ist ein erwähnenswerter Reiz, den man einer Rennstrecke durchaus zugestehen darf.

Was hat eigentlich Fernando anders gemacht, dass er sich abfangen konnte?
Christian Danner: Er ist schon mit mehr Übersteuern in die Kurve hineingefahren. Hat also entsprechend früher gegengelenkt und hat deshalb das Moment noch in den Dreher gebracht und nicht Richtung Wand.

Danner spricht Klartext - Nur bei Motorsport-Magazin.com, Foto: adrivo Sportpresse GmbH
Danner spricht Klartext - Nur bei Motorsport-Magazin.com, Foto: adrivo Sportpresse GmbH

Hast du dir auch die Esses mal angesehen?
Christian Danner: Ja, was wirklich erstaunlich ist: Die Fahrer sind seit einiger Zeit gezwungen, aufgrund dieser weichen Mischungspolitik, sich ganz genau zu überlegen, wie sie mit diesen Reifen oder mit dem, was sie haben, umgehen. Sie dürfen sich also nicht einfach ins Cockpit setzten und Stoff geben, bis das Gaspedal durchgebogen ist. Du kannst sehen, wie man sich auch an einem Freitag schon damit auseinandersetzt, wie man das Equipment, das man hat, über die Distanz bringt. Das finde ich sehr spannend. Ein Hamilton haut am Anfang rein, ist im ersten Sektor eine Sekunde schneller als alle anderen und wundert sich dann, dass das nur diese eine Runde gut geht. Oder Grosjean: Der hat gesagt, in der ersten Runde war alles super, aber die zweite, in der er eigentlich schnell fahren wollte, da lag das Auto nicht mehr. Diese Dinge finde ich sau spannend. Weil: Das war nie anders. Die Belastung hier in den Esses ist brutal. Nicht nur für den Fahrer, sondern auch für die Reifen. Da ist es interessant zu sehen: Diejenigen, die das auf dem Schirm haben, bereiten sich von Anfang an darauf vor.

Macht Sebastian Vettel das zum Beispiel anders?
Christian Danner: Ja, das sieht man. Du siehst auch leichte Linienvariationen. Sie fahren nicht immer einfach stumpf dieselbe Linie. Sondern sie probieren auch andere Dinge.

Wer macht denn das noch besonders gut?
Christian Danner: Nico... [lässt den Nachnamen erst offen] Rosberg. Aber auch Hülkenberg. Aber je langsamer das Auto, desto schwieriger sieht man das, weil sie manchmal kämpfen müssen und alles nicht so rund aussieht. Auch Alonso: Massa hält einfach rein so gut es geht. Deshalb ist er letztendlich genauso schnell wie Alonso. Aber Alonso macht das anders. Er fährt schon seine Runde auf Zeit aber man merkt, wie er rumprobiert. Deshalb sieht er im Rennen auch besser aus. Die meisten Leute haben das mit dem rechten Vorderreifen erst in Korea gemerkt. Hier ist es nicht der rechte Vorderreifen, hier hast du andere Probleme.

Was gibt es hier für Probleme?
Christian Danner: Alle vier. Das nennt man klassisches Temperature-Degredation. Es gibt ja einen entscheidenden Unterschied beim Reifenverschleiß, entweder tritt der Gripverlust durch Überhitzung auf oder durch reinen Gummiabrieb. Hier auf dieser Strecke ist der Gummiabrieb eigentlich kein Problem, hier geht es immer um die Überhitzung, vor allem auf den Hinterrädern tritt das hier oft verstärkt auf.