Die Sekunden zählen herunter, die schwarz-weiß-karierte Flagge liegt griffbereit als es plötzlich kracht. Die Lotus-Mechaniker haben die Hände vor ihren Augen als wollten sie das Ausmaß des Übels nicht sehen. Kurz vor Ende des ersten Freien Trainings in Korea krachte Kimi Räikkönen mit einem ordentlichen Schwung in die Streckenbegrenzung und zerlegte seinen Lotus-Boliden.

Räikkönens lapidare Erklärung: "Mir ist scheinbar das Talent ausgegangen". Die Medien hatten eine andere: "Räikkönen ist die Motivation verloren gegangen". Probleme mit der Lenkung oder ein lapidarer Fahrfehler als Erklärung klangen da nicht so spannend. Umso besser passte es meinen australischen Journalistenkollegen in den Kram, dass Räikkönen im Qualifying nur einen mäßigen zehnten Startplatz herausfuhr, während Romain Grosjean seinen Boliden in die zweite Startreihe stellte.

Unfall gleichbedeutend mit unmotiviert?, Foto: Sutton
Unfall gleichbedeutend mit unmotiviert?, Foto: Sutton

Dass manche Medien auf Teufel-komm-raus nach einer Schlagzeile suchen, nachdem sich der aktuelle WM-Kampf zur langweiligen Vettel-Show entwickelt, ist für mich verständlich. Wir alle müssen schließlich unser tägliches Brot verdienen - und ohne Frage haben meine Kollegen in ihrer Überlegung um Räikkönen herum ihre Schlagzeile zu kreieren absolut Recht gehabt. Der Finne zieht bei den Fans - ob er nun mit einem Gummi-Delphin auf einer Parkbank einschläft, seinen I don't know-Spruch loslässt oder einfach nur gelangweilt durch das Fahrerlager stampft.

Aber ihm fehlende Motivation zu unterstellen? Liebe Kollegen, da hätte ich euch schon mehr zugetraut. Diese alte Leier wirft niemanden mehr vom Hocker, vor allem da der Finne seit seinem F1-Comeback bewiesen hat, dass man ihn nicht in diese Schublade stecken darf. Schon klar, der WM-Titel ist weg, die Formkurve von Lotus zeigt schon länger Stillstand an genauso wie Räikkönens Bankkonto.

Alles Dinge, die einen nicht gerade zu Gipfelstürme animieren, doch wie heißt es so schön: nur das Rennen zählt. Das hat er in Singapur mit seiner großartigen Fahrt auf das Podest gezeigt. Räikkönen ist eben nicht daran interessiert, in der Formel 1 irgendwo herumzurollen.