Christian, deine Einschätzung zum Qualifying hier in Korea?
Christian Danner: Nachdem diese Kolumne 'Danner spricht Klartext' heißt, ist es ja auch so, dass man eine Situation, wie sie sich über das Wochenende hin entwickelt und darstellt, mit klaren Worten beschreiben kann - und das würde ich gern tun mit dem Satz: Nichts Neues gibt es zu berichten. Also: Red Bull steht vorn, Mercedes dahinter, Lotus immer mal wieder dazwischen und Ferrari abgeschlagen.

Wie sieht es dahinter aus?
Christian Danner: Erst einmal ist der Webber viel näher dran als normalerweise. Im vergangenen Jahr stand er hier auf der Pole. Es kann sein, dass ihm die Strecke besonders liegt. Mercedes war ebenfalls stark, auch wenn Rosberg nicht ganz zufrieden war. Gegen Ende der Saison merkt man, dass auch in dem Team - wo ja viel Enthusiasmus herrscht - eine gewisse Stagnation und Müdigkeit einsetzt, die daran besteht zu sagen: Den Vettel kriegen wir ja doch nicht da vorne.

Bei Lotus sieht die Sache auch interessant aus.
Christian Danner: Grosjean hatte Kimi jetzt zwei Rennen hintereinander im Griff. Okay, Kimi hatte in Singapur Rückenprobleme, aber hier hat er keins. Grosjean hat ab der Saisonmitte klar nachgelegt. Der Junge ist wirklich gut und jetzt kann er es auch im Auto umsetzen. Solche Entwicklungen beobachte ich mit großer Freude. Es war klar, dass Grosjean extra-klasse ist. Klar war aber auch, dass er immer mal wieder Mist gebaut hat. Sich aber aus solch einer Situation heraus zu fangen und dann wieder zur Form zu finden, spricht für seine innere Stärke und sein eigentliches Können.

Foto: adrivo Sportpresse GmbH
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Was ist aktuell bei Ferrari los?
Christian Danner: Ich habe den Eindruck, dass Massa sowieso alles egal ist - dem Alonso hingegen nicht. Aber es bringt alles nichts: Der kann taktieren, twittern ohne Ende, das Team aggressiv anpacken oder streicheln; er kann machen, was er will, aber deshalb fährt das Auto keine Millisekunde schneller. Das sorgt für eine grundsätzliche Frustration. Alonso ist zwar ein unglaublich starker Charakter und stabiler Rennfahrer, aber in seinem Selbstverständnis geht er davon aus, das Auto hin und wieder einmal auf Pole zu stellen oder auch ein Rennen zu dominieren. Das ist sein Selbstverständnis und da ist auch berechtigt.

Sauber erlebt derzeit einen Aufschwung. Wie kam es dazu?
Christian Danner: Seit Einführung der 2012er-Reifen zur Saisonmitte gab es einen glasklaren Verlierer: Force India sowie Toro Rosso zu einem bestimmten Punkt. Der große Gewinner heißt Sauber. Dass Gutierrez zweimal hintereinander in die Top-10 des Qualifyings fährt, interessiert nur wenige. Ich finde das aber durchaus spannend, weil es zeigt, dass ein junger Mann sich entwickeln kann. An Hülkenberg gefällt mir, dass er solide knallhart da ist. Ich wünsche mir, dass er nächstes Jahr ein Auto bekommt, mit er nicht jedes Mal um den Einzug in die Top-10 zittern muss.

Ist Saubers Stärke nur auf die Reifen zurückzuführen?
Christian Danner: Nein, Sauber hat auch ein paar aerodynamische Retuschen gemacht, die offensichtlich gut funktionieren. Ich glaube, dass sie in gewissen Bereichen zurückgebaut haben auf den Stand vom Vorjahr, was verschiedene Prinzipien angeht. Das scheint viel besser zu funktionieren.

Letzte Frage: Was sagst du zu der Traktionskontrolle-Geschichte rund um Red Bull? Könnten sie so etwas an Bord haben?
Christian Danner: Klartext: natürlich nicht. Es ist heutzutage nicht mehr möglich, einfach zu betrügen. Die FIA hat Einblick in alle Daten, inklusive des Motor-Managements. Die Blackboxen sind FIA-standardisiert und werden auch kontrolliert - deshalb ist die Sache 100-prozentig legal.