Der Große Preis von Singapur war schon längst gelaufen, als Mark Webber plötzlich eine unschöne Nachricht erreichte: Verwarnung nach Rennende, resultierend in einer 10-Platz-Strafe für den Korea Grand Prix in zwei Wochen. Das deprimierende Ende eines sowieso verkorksten Rennens. Motorsport-Magazin.com beantwortet die wichtigsten Fragen zum Taxi-Gate von Singapur.

Wie kam es überhaupt zur Taxi-Affäre?

12 Runden vor Schluss nahm das Drama seinen Anfang. Mark Webber wurde kontinuierlich langsamer, der Motor seines Red Bull RB9 sorgte für Ärger. Der Australier nahm Speed raus, doch wegen eines Wasserlecks war es nur eine Frage der Zeit, bis das Aggregat überhitzen würde. Webber mühte sich, doch auf der letzten Runde fing sein Bolide Feuer und er musste das Auto am Streckenrand abstellen. Streckenposten löschten den Brand, doch Webber musste die Ziellinie zu Fuß überqueren. Eigentlich...

Das war nach Rennende passiert

Nach Webbers Ausfall kam Kumpel Fernando Alonso gerade recht. Der Ferrari-Pilot war nach Platz zwei auf seiner Auslaufrunde unterwegs, als ihm Webber per Handzeichen signalisierte, anzuhalten. Alonso tat wie befohlen und stoppte seinen Ferrari in Kurve 7 - nicht der beste Ort, denn diese Kurve ist kaum einsehbar und zu diesem Zeitpunkt befanden sich noch andere Autos auf der Strecke, die in Richtung Box unterwegs waren. Bei den TV-Bildern war lediglich zu sehen, wie Webber sich auf die Flanke von Alonsos Auto setzte, der Spanier den Taxi-Fahrer mimte und Webber auf seinem Auto mit in die Box nahm.

Die Mercedes-Rolle beim Zwischenfall

Erst am Montag tauchten Kameraaufnahmen auf, die belegten, wie brenzlig die ganz Angelegenheit eigentlich war. Darauf zu sehen: Webber winkt Alonso zu - der hält an. Plötzlich kommt erst Nico Rosberg auf seiner Auslaufrunde angefahren, muss Alonsos Ferrari links ausweichen und verfehlt Webber, der auf dem Weg zu Alonsos linker Fahrzeugseite war, nur knapp. Hätte der Silberpfeil Webber erwischt, hätte das bitter ausgehen können. Damit noch nicht genug: Hinter Rosberg kam auch Teamkollege Lewis Hamilton um die Ecke, sah Alonso offenbar erst spät, musste rechts herumfahren und überfuhr dabei die Streckenbegrenzung. Diese TV-Aufnahmen lagen den Stewards nach Rennende vor und anhand dieser Bilder fällten sie ihr Urteil, das anschließend für Wirbel sorgen sollte.

Die bittere Folge für Webber

Die Taxifahrt wurde für Webber zu einer teuren Angelegenheit. Das Resultat: Der scheidende F1-Pilot kassiert für den Großen Preis von Korea in zwei Wochen eine Strafversetzung um zehn Plätze in der Startaufstellung. Zunächst hieß es, dass dies die Strafe für die Taxi-Gate-Affäre sei, doch das ist falsch. Webber wurde von den Singapur-Stewards, wie Alonso auch, mit einer Verwarnung belegt. Da es die dritte Verwarnung - oder auch Reprimand - des Australiers in dieser Saison war, zog dies laut Reglement automatisch eine Bestrafung nach sich, nämlich die 10-Platz-Strafe für das nächste Rennen. Damit ist klar: Die Rennleitung brummte Webber lediglich eine Verwarnung auf, nicht aber die Korea-Strafe. Seine erste Verwarnung hatte er für eine Kollision mit Nico Rosberg in Bahrain erhalten, die zweite, nachdem er gelbe Flaggen während des Freien Trainings in Kanada ignoriert hatte. Damit ist Webber der erste Fahrer in diesem Jahr, der sich drei Verwarnungen einhandelte und die Konsequenzen zu spüren bekommt.

Mark Webber: Hauptrolle in 'Taxi Driver', Foto: Sutton
Mark Webber: Hauptrolle in 'Taxi Driver', Foto: Sutton

Dafür wurden Alonso und Webber wirklich bestraft

'Webber und Alonso wegen Taxi-Fahrt verwarnt', war am Sonntagabend häufig zu lesen. Stimmt aber gar nicht. Die Aktion von Alonso, Webber auf seinem Auto mitzunehmen, war Auslöser, nicht aber Grund für die Entscheidung der Rennleitung. Eine solche Taxifahrt ist laut Reglement nicht verboten, die Verwarnungen wurden wegen Missachtung der Sicherheit ausgesprochen. Um 23:59 Uhr Ortszeit teilten die Stewards offiziell mit, dass Webber eine Verwarnung erhält, weil ohne Erlaubnis der Marshalls auf die Strecke ging. "Der Fahrer des Autos Nummer 2 betrat die Strecke ohne Erlaubnis der Marshalls zwischen dem Beginn der Einführungsrunde und dem Zeitpunkt, als das letzte Auto in den Parc fermé fuhr", heißt es in dem Schreiben.

Um 00:17 Uhr Ortszeit teilten die Stewards ihre Begründung zu Alonsos Verwarnung mit, nachdem er sein Auto auf dem Weg ins Parc fermé auf der Strecke gestoppt hatte, um Webber aufzusammeln. "Der Fahrer des Autos Nummer 3 fuhr das Auto in einer Art und Weise, die für andere Piloten und Personen als potenziell gefährlich erachtet werden könnte", lautete der offizielle Grund für Alonsos Verwarnung.

Möglicherweise wären beide um die Strafe herumgekommen, wenn nicht Rosberg und Hamilton hätten ausweichen müssen. Es war schließlich nicht das erste Mal in der Geschichte der Formel 1, dass ein Fahrer einen anderen auf seinem Auto mitnahm, ohne dafür eine Bestrafung zu kassieren. Angesichts der vergangenen Vorfälle - der Tod des Streckenpostens in Kanada und der verletzte Kameramann in der Boxengasse am Nürburgring - ist durchaus denkbar, dass die FIA hier eine neue Regelung finden wird, um derartige Zwischenfälle wie Taxi-Fahrten künftig zu vermeiden.

Das sagen die Beteiligten

Lewis Hamilton: "Ich war auf meiner In-Lap, fuhr um die Kurve und plötzlich war da Fernando - ich war richtig gehend geschockt. Ich fuhr rechts neben ihn, aber wenn Mark dort gelaufen wäre, wo ich gefahren bin, hätte ich ihn über den Haufen gefahren. Zum Glück ist das nicht passiert."

Christian Horner: "Er hätte eine Geldstrafe oder einen kleinen Klaps bekommen sollen. Leider stehen den Rennkommissaren derzeit nur die Verwarnungen zur Verfügung. Möglicherweise hätte ein Gespräch mit dem Fahrer in diesem Fall gereicht. Idealerweise wäre eine Geldstrafe besser gewesen, aber ich glaube, das steht ihnen momentan nicht zur Verfügung."

Jenson Button: "Es ist enttäuschend, die Strafen für Webber und Alonso zu sehen. Das zeugt von Sportsgeist und sollte nicht bestraft werden. Vielleicht hätte Alonso an einer etwas sichereren Stelle stoppen können. Aber ich denke trotzdem, dass es etwas hart war."

Teure Taxifahrt, Foto: Sutton
Teure Taxifahrt, Foto: Sutton

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Webber und Alonso hatten verdammtes Glück, dass die Sache glimpflich ausging. Ich möchte hier nichts dramatisieren um den Dramatisierens willen, aber: Wer sich einmal die neuen TV-Bilder anschaut, auf denen Rosberg knapp an Webber vorbeisegelt, kann sich vorstellen, was da hätte passieren können. Das hätte dann ein wirklich bitteres Wochenende für den Australier werden können... Alonso muss doch eigentlich wissen, dass die Kurve kaum einsehbar ist und noch andere Autos auf der Strecke sind - wollte er nicht riskieren, Webbers Zorn auf sich zu ziehen? Wahrscheinlicher ist, dass er seinem Kumpel nach einem schwierigen Rennen einfach einen Gefallen tun wollte und nicht groß über das Risiko nachdachte. Aber das kann keine Entschuldigung sein, dafür ist in der Vergangenheit der Formel 1 schon zu viel passiert.

Klar, es sieht immer cool aus, wenn der eine Fahrer Taxi für den anderen spielt - das sind schöne Bilder und erinnert ein wenig an die alten F1-Zeiten, in denen alles noch nicht so ernst genommen wurde. Erinnerungen an die echten Typen, die heutzutage so oft vermisst werden. Aber es erinnert auch an tragische Unfälle - Unfälle, die mit besseren Sicherheitsbedingungen und -bestimmungen leicht hätten vermieden werden können. Ich persönlich hätte dem Taxi-Gate-Duo eine ordentliche Strafe aufgebrummt, damit sie es lernen und künftig weiter als gutes Beispiel vorangehen. Das ist nicht cool, weiß ich. Aber mir sind Fahrer mit zwei statt einem Bein lieber...