Gibt es zu diesem Rennen noch etwas anderes zu sagen, als einfach nur unglaublicher Vettel?
Christian Danner: Nein, Klartext ist: Das war Vettel-Dominanz und sonst nichts. Es gab immer Zeiten in der Formel 1, in denen Kombination aus Fahrer und Auto einfach zu 100 Prozent zusammengepasst haben. Wenn dann noch die nötige Stabilität im Team vorhanden war, hat das dazu geführt, dass es eine lange Erfolgsphase gab. Die Zutaten hierfür waren immer eine solide politische Führung des Teams, eine solide Finanzierung und Ingenieursabteilung, die nicht alle zwei Jahre gewechselt hat - und das um denselben Spitzen-Piloten herum. Das haben wir bei Michael Schumacher gesehen, das hat Alonso lange Dominanz gegeben, das gab es bei Senna und McLaren oder bei Prost. Auch bei Williams war zu erkennen, dass das Auto stabil war, obwohl die Fahrer unterschiedlich waren. Daher ist diese Situation historisch gesehen nicht wirklich neu.

Erstaunlich ist aber: Seit die Reifen wieder die des letzten Jahres sind, konnte niemand auch nur einen minimalen Stich setzen. Natürlich gab es zwischendurch einen Hamilton, aber wenn man es auf die Realität herunterbricht, ist Sebastian hier in Singapur innerhalb von 15 Runden 30 Sekunden weggefahren. Eine derartige Überlegenheit gibt es selten - selbst zu Schumachers wildesten Zeiten gab es das nicht.

Wie viel davon macht Sebastian als Fahrer aus?
Christian Danner: Wie immer: 100 Prozent der Fahrer und 100 Prozent das Auto. Mit einem Piloten, der nur 99 Prozent gibt, klappt eine derartige Leistung nicht. Dass das nur er kann und der Red Bull ihm auf den Leib geschneidert ist, ist offensichtlich, aber auch das ist keine neue Situation. Immer wenn derartige Verbindungen entstehen und das Vertrauen und die Stabilität da sind, passiert so etwas. Aber du brauchst in jedem Fall einen Spitzenpiloten, dass kann ein Fahrer zweiter Garde nicht.

Kann aus diesem Grund Mark Webber die Leistung nicht umsetzen?
Christian Danner: Vielleicht braucht Webber ein anderes Auto. Das wird er aber sicher nicht bekommen, solange Sebastian eine derartige Performance zeigt. Das ist nun einmal so. Ein Top-Fahrer macht sich das Auto so, wie er es haben will. Das war bei Schumacher oder Senna nicht anders - und das ist auch völlig legitim.

Christian Danner hat Kimi Räikkönen und Fernando Alonso genau beobachtet, Foto: Sutton
Christian Danner hat Kimi Räikkönen und Fernando Alonso genau beobachtet, Foto: Sutton

Wie groß waren deiner Meinung nach die Rückenprobleme von Kimi Räikkönen und wie stark haben sie ihn beeinflusst?
Christian Danner: Im Rennen war das für Kimi heute sicher kein Problem. Sie haben ihm vorher etwas gegen seine Schmerzen gespritzt. Schaut man sich an, wie er gefahren ist, kann er keine Probleme gehabt haben, denn sonst wäre er nicht dort vorne gelandet. Letztlich sind es immer dieselben Protagonisten, die die Kohlen aus dem Feuer holen. Ein Kimi bei Lotus und ein Alonso bei Ferrari. Es war heute ganz amüsant, die beiden künftigen Teamkollegen erstmals nach der öffentlichen Verkündung auf dem Podest zu beobachten.

Sauber bekam von der Rennleitung die Anweisung, Nico Hülkenberg solle Sergio Perez wieder passieren lassen. Sauber hat das befolgt, um nicht anschließend von den Stewards eine Durchfahrsstrafe zu bekommen - die richtige Entscheidung?
Christian Danner: Ich glaube nein, denn die Stewards hätten nicht so entschieden. Sauber hätte es ja riskieren und die Warnung von Charlie Whiting ignorieren können. Nico hat nichts, aber auch gar nichts falsch gemacht und daher ist es ein hergeschenkter Platz. Ich bin sicher, dass hätten die Stewards auch so gesehen. Das ist wirklich ärgerlich, denn diese Entscheidung war falsch. Ich werde in Korea auch noch einmal mit Charlie sprechen, er kann solche Dinge immer recht gut erklären.

Zunächst sah es ja nach einem eher langweiligen Rennen aus, das sich in der Schlussphase aber noch stark entwickelt hat. Woran lag das deiner Meinung nach?
Christian Danner: Formel-1-Rennen sind immer dann langweilig, wenn alle Parameter im Vorfeld berechenbar sind. In diesem Fall gibt es eine klare Strategie, die Pace der Autos ist vorhersehbar und die Teams wissen ungefähr, wie sie ihre Strategie während des Rennens legen müssen, damit das Auto nicht an der falschen Stelle wieder auf die Strecke kommt. In der ersten Saisonhälfte war dieser nicht zu errechnende Parameter der Reifen. Deshalb gab es unglaublich tolle, unvorhersehbare Rennen. Diesen Faktor Reifen haben Mercedes und Red Bull aber abgestellt, weil sie wieder die alten Reifen wollten. Als schließlich noch die Zuverlässigkeitsprobleme dazukamen, waren wir schnell wieder auf dem vorjährigen Gummi unterwegs und die Hierarchie ist schlichtweg festbetoniert.

Hier in Singapur kam aber das Safety Car, das einen Großteil des Feldes zu der relativ riskanten Strategie gezwungen hat, knapp die Hälfte des Rennens auf den Medium-Reifen zu fahren. Durch das Timing des Safety Cars ergab es sich, dass ein paar schnelle Autos hinten und ein paar langsamere vorne waren. Das war in diesem Fall der unvorhersehbare Parameter, der das Feld ein bisschen durcheinander gebracht hat. Die unterschiedlichen Strategien haben dafür gesorgt, dass es am Ende des Rennens doch noch unterhaltsam und sehr angenehm zum Ansehen wurde.