1. - S wie Startaufstellung

In Sachen interner Teamhierarchie glich das Qualifying in Singapur einem kleinen Paralleluniversum der Formel 1. Klar, Sebastian Vettel stellte ein weiteres Mal Mark Webber (P4) unter Flutlicht in den Schatten. Aber dahinter wurde es kurios: Nico Rosberg (P2) ließ den heimlichen Pole-König Lewis Hamilton (P5) hinter sich, Romain Grosjean (P3) setzte sich gegen den von Rückenschmerzen geplagten Kimi Räikkönen (P13) durch und Felipe Massa (P6) gelang auf seiner Ferrari-Abschiedstour ein weiterer Erfolg gegen Platzhirsch Fernando Alonso (P6).

Massa: Ein Brasilianer geht seinen Weg, Foto: Sutton
Massa: Ein Brasilianer geht seinen Weg, Foto: Sutton

"Vor Massas Leistung und Motivation, das hinzubekommen, kann ich nur den Hut ziehen", verneigte sich Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner vor dem Brasilianer. Für die Sensation des Tages sorgte Esteban Gutierrez (P10), der erstmals das interne Sauber-Duell gegen Nico Hülkenberg (11) für sich entschied.

2. - S wie Start

Wie auf jedem engen Stadtkurs der Welt ergeben Grid-Position und Start schon fast die ganze Miete. "Überholen ist hier ja bekanntlich schwierig", meinte Pole-Mann Sebastian Vettel im Hinblick auf das morgige Rennen. Deshalb hofft auch Nico Rosberg auf seine Chance: "Wenn ich neben Sebastian fahren kann und die linke Seite weniger Grip hat als die rechte, dann ist alles möglich." Toro Rossos Teamchef Franz Tost wünscht sich ähnliches für seine beiden Jungs: "Der Start gibt uns die Möglichkeit viele Plätze gut zu machen." Eines steht jedenfalls fest: Wer am Sonntag die ersten Sekunden des Rennens verbockt, für den werden es lange 61 Runden quer durch die lichtdurchflutete Stadt.

3. - S wie Suff-Unfall?

Es war die Geschichte des Tages, die kurz vor dem Beginn des Qualifyings ans Tagelicht kam: Kimi Räikkönen hat Rücken. Und zwar so schlimm, dass lange Zeit unklar war, ob er wegen seiner Rückenschmerzen überhaupt ins Qualifying würde starten können. Nach Massagen und Spritzenbehandlung reichte es zwar, doch im Q2 war Schluss. "Wahrscheinlich habe ich mir einen Wirbel ausgerenkt, der Schmerz war richtig fies", so Räikkönen. Lotus hatte sogar schon Ersatzmann Davide Valssechi instruiert, der allerdings gar nicht mehr im Rennen starten dürfte, weil Räikkönen am Qualifying teilnahm.

Was ist bloß mit Kimi los?, Foto: Sutton
Was ist bloß mit Kimi los?, Foto: Sutton

Geschichten dieser Art bringen bei Räikkönen traditionell eine weitere Komponente mit sich: Party-Time! Angeblich soll sich der Finne nämlich bei einem nächtlichen Singapur-Ausflug mit einem Kumpel verletzt haben, von einem Treppen- oder Suff-Unfall war in diversen Medien die Rede. Einen Zwischenfall habe es gegeben, soll ein Teammitglied ausgeplaudert haben - die Definition dieses Wortes lässt allerdings unzählige Möglichkeiten zu. Das Wichtigste an dieser Geschichte: Räikkönen will am Sonntag trotz Schmerzen auf die Zähne beißen und das Rennen aus dem hinteren Mittelfeld in Angriff nehmen.

4. - S wie Strecke

Der Marina Bay Circuit fordert Mensch und Maschine gleichermaßen. Der 5,073 km lange Kurs weist 23 Kurven und nur kurze Geraden auf, was es den Piloten einerseits nur selten ermöglicht, sich zu entspannen und andererseits wenig frische Luft für Bremsen und Motoren bedeutet. Das Nachtrennen ist stets eines der längsten der Saison und dauert an die zwei Stunden, weshalb es auch schon einmal vorkommen kann, dass die geplante Rundenanzahl nicht zur Gänze absolviert wird - vor allem wenn das obligatorische Safety Car zum Einsatz kommt.

Kann Mercedes Red Bull gefährlich werden?, Foto: Sutton
Kann Mercedes Red Bull gefährlich werden?, Foto: Sutton

Die Strecke weist zwei markante Änderungen im Vergleich zu den Vorjahren auf. Die wenig beliebte Singapur-Sling-Schikane, wo die Autos regelmäßig beim Ritt über die Kerbs abhoben, wurde entfernt und durch eine gewöhnliche Linkskurve ersetzt. Darüber hinaus gibt es in diesem Jahr erstmalig zwei DRS-Zonen, die für mehr Überholaction sorgen sollen. Die Piloten dürfen nun sowohl auf der Start- und Zielgeraden als auch am Raffles Boulevard den Heckflügel flach stellen.

5. - S wie Supersoft

Für den Großen Preis von Singapur hat sich Pirelli einen besonderen Kniff ausgedacht. Der Reifenlieferant übersprang bei seiner Reifen-Kombination eine Variante und stellte den superweichen und Medium-Reifen zur Verfügung. 2012 kamen in Singapur noch Supersoft/Soft zum Einsatz. Die Lücke, die das Auslassen des Soft-Reifens reißt, sorgt für Spektakel. Zwischen Supersoft und Medium liegen zum Teil zwei Sekunden Unterschied - das sollte für eine wahre Fülle an Strategien sorgen. Auch die Fahrer müssen sich im Rennen anpassen. "Das ist, als wenn du ein völlig anderes Auto fahren würdest", meinte etwa Jenson Button erstaunt nach seinen Runs auf Supersoft und Medium.

Die Supersofts sind superschnell, Foto: Red Bull
Die Supersofts sind superschnell, Foto: Red Bull

Vor allem der superweiche Reifen stellte die Formel 1 vor eine Herausforderung. Schnell ist er, aber auch knifflig in der Handhabung. "Die Reifen ließen sich während der Sessions im Qualifying nicht konstant fahren", erklärte Ross Brawn. "Man musste überlegen, wann man ihn einsetzt. Die Outlap war sehr wichtig, um die Vorderreifen auf Temperatur zu bekommen. Die Reifen hinten richtig aufzuheizen, war hingegen kein Problem." Klar ist: Der superweiche Reifen ist seinem Medium-Pendant im Rennen um Welten überlegen und die Fahrer werden versuchen, das Meiste aus der schnelleren Mischung herauszuholen. Unklar ist aber: Wie lange hält der superweiche Reifen im Rennen?

6. - S wie Super-Seb

Nach den drei Trainings in Singapur war eigentlich klar, dass die Pole nur über Sebastian Vettel führen kann - zu dominant war der Weltmeister bislang aufgetreten. Vettel hielt dem Druck stand und zauberte im Q3 wieder einmal eine Fabelrunde aus dem Hut. Dann wurde es spannend. Vettel wartete in den Schlussminuten in der Box und musste mitansehen, wie die Rundenzeiten der Konkurrenz immer weiter in den Keller sanken. Eine Sekunde Vorsprung auf den Rest der Konkurrenz wie zuvor in den Trainings? Von wegen! Nico Rosberg schrammte mit einer Zehntel Rückstand nur haarscharf an Vettels Pole-Zeit vorbei.

Diskokugel an Bord, Foto: Red Bull
Diskokugel an Bord, Foto: Red Bull

Was im ersten Moment zwar locker und lässig ausgesehen haben mag, war am Ende gar nicht so cool. Denn: Red Bull hatte nicht damit gerechnet, dass die Streckenverhältnisse im Verlauf der zehn Minuten des Q3 noch einmal merklich anziehen würden. Die allgemeine Rede war zwar vom großen Poker, doch mit diesem Wissen wäre Vettel wohl selbst noch einmal zu einer schnellen Runde angetreten. "Zum Schluss haben wir uns ein bisschen vertan", verriet Helmut Marko im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Die Strecke hat plötzlich zugelegt, das konnten wir in Sektor 3 sehen. Nächstes Mal gehen wir wieder auf Sicherheit." Marko meinte, dass Vettel auf einem letzten Run noch einmal drei, vier Zehntel hätte schneller fahren können.

7. - S wie Strategie

Überholorgien sind beim Singapur Grand Prix traditionell nicht zu erwarten, doch mit der richtigen Strategie könnte es für den einen oder anderen Fahrer ordentlich nach vorn gehen. Grund dafür sind vor allem die eklatanten Zeitunterschiede zwischen dem superweichen sowie dem Medium-Reifen. Etwa zwei Sekunden beträgt der Unterschied pro Runde und jedes Team wird schauen, dass der eigene Fahrer das Maximum aus der schnelleren Mischung herausquetschen kann. Laut Pirelli sei eine 3-Stopp-Strategie die schnellste Variante, doch der Reifenhersteller rechnet eher mit 2 Stopps pro Fahrer. Da Safety-Car-Phasen zu Singapur gehören wie das Flutlicht, sind gegebenenfalls schnelle Entscheidungen vonnöten.

Singapur könnte zum Strategie-Klassiker werden, Foto: Sutton
Singapur könnte zum Strategie-Klassiker werden, Foto: Sutton

Zwischen den Teams gibt es unterschiedliche Ansätze in der Philosophie. Jenson Button ist überzeugt, dass sich McLaren schon vor dem Rennen eine Strategie zurechtlegen und diese dann konsequent durchziehen musst. "Wenn du plötzlich in der Mitte von zwei Strategien fährst und deshalb einen weiteren Boxenstopp einlegen musst, ist das schlecht", sagte der Brite und dachte an den völlig verpatzten Plan in Spa-Francorchamps. Anders hingegen Adrian Sutil im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com: "Ich denke, dass man etwas offen ans Rennen herangehen muss. Eine Safety-Car-Phase wäre eine Möglichkeit und da kann so viel passieren."