So hatte sich Force India die zweite Saisonhälfte nicht vorgestellt. Nur zwei magere Punkte gab es seit Silverstone für Adrian Sutil und Paul di Resta. Bis dahin zählten die beiden Force-India-Fahrer regelmäßig zu Punkteanwärtern. Der Grund ist schnell gefunden: Die neuen Reifen seit den Rennen in Deutschland und Ungarn liegen Force India nicht so gut wie die erste Reifengeneration dieses Jahres.

"Es ist ganz klar ein Reifen für die Top-Teams, deswegen sind sie jetzt wieder vorne", klagte Sutil bereits in Ungarn gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Sie haben sich durchgesetzt und wir müssen jetzt damit Leben. Schade, denn das war eigentlich bislang unser Vorteil. Aber wir müssen uns jetzt damit abfinden und versuchen, da wieder das Beste daraus zu machen."

Zustimmung erhielt Sutil von Ex-F1-Pilot Johnny Herbert: "Ja, der Wechsel ist ein Vorteil für Red Bull", sagte er Motorsport-Magazin.com. "Ich habe von Adrian Newey gehört, dass sich die Reifen anders verformen und das hilft auch deren Aerodynamik." Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner ist von dieser Entwicklung enttäuscht: "Endlich hatten die Kleinen auch einmal die Chance, den Großen an die Tür zu kratzen. Das ist jetzt wieder vorbei. Leider hat in diesem Skandal das Establishment gewonnen."

Motorsport-Magazin.com konfrontierte Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery mit der Aussage von Sutil. Der Reifenchef hielt sich jedoch bedeckt: "Es ist für alle das Gleiche wie im letzten Jahr. Es ist der Job der Teams, damit umzugehen. Vielleicht ist es auch nur streckenspezifisch."

Das lässt sich mittlerweile wohl ausschließen. "In Italien hatten wir auf einer Strecke Probleme, die uns eigentlich liegen sollte", klagte Teamchef Vijay Mallya. Das Team fand keinen Weg, die Reifenperformance zu optimieren. "Im Rennen wurden wir positiv überrascht, als Adrian etwas Pace gefunden hat - aber das ist keine Befriedigung. Letztlich zählen nur die Ergebnisse."

Bis zum nächsten Rennen in Singapur möchte Force India nun noch mehr über die neue Reifengeneration lernen, um die Schwierigkeiten zu beheben. "Das soll aber keine Entschuldigung für Italien sein, da waren wir einfach nicht gut genug", betonte Mallya. "Unser Auto ist in diesem Jahr anders als im letzten Jahr. Es wurde für die 2013er Reifen, die wir vor Silverstone hatten, entworfen und gebaut. Bis dahin haben wir uns richtig gut geschlagen. Nach der Reifenänderung hatten wir Probleme. Das sind Fakten, keine Entschuldigungen."

Exkurs: Reifenveränderungen in der Saison 2013

Um eine Ablösung der Lauffläche vom Kern der Reifen (Delaminierung) wie bei den vorangegangenen Rennen zu verhindern, nahm Pirelli vor dem Rennen in Silverstone eine Veränderung am Produktionsprozess der Reifen vor. Die Lauffläche wurde mittels eines neuen Klebeprozesses mit dem Stahlgürtel verbunden.

Die Reifen sorgen bei Force India für Sorgenfalten, Foto: Sutton
Die Reifen sorgen bei Force India für Sorgenfalten, Foto: Sutton

Nach dem Reifenmassaker während des Großbritannien GP mit mehreren Reifenschäden an unterschiedlichen Fahrzeugen brachte Pirelli für den Großen Preis von Deutschland eine Woche nach Silverstone einen Reifen mit, den die Teams bereits in Kanada im Freien Training einsetzen durften, dort wegen des schlechten Wetters aber keine Daten sammeln konnten.

Im Gegensatz zu den in Silverstone verwendeten Reifen, bei denen die Lauffläche nur neu verklebt wurde, veränderte Pirelli bei den Kanada-Prototypen die Konstruktion der Hinterreifen. Bei der Konstruktion des neuen Hinterreifens handelt es sich laut Pirelli um eine geringfügige Änderung der 2011er und 2012er Reifen-Generation. Die innere Konstruktion besteht nicht mehr aus Stahl, sondern aus Kevlar. Für den Großen Preis von Ungarn veränderten die Italiener die Reifen ein weiteres Mal. Die seither eingesetzten Reifen kombinieren die Gummimischungen dieses Jahres mit der Aramid-Karkassen-Struktur von 2012.