Das Podium in Monza gehört wohl zu den spektakulärsten überhaupt im Rennkalender. Es sind Gänsehaut-Momente, wenn die drei bestplatzierten Fahrer hoch oben über einer schier unendlichen, roten Fan-Masse den Sieger-Champagner verspritzen und nur einen Sprung vom Bad in der Menge entfernt sind. Etwas anders sieht die Sache allerdings aus, wenn kein Ferrari beim Heimrennen gewinnt und noch einmal etwas anders, wenn Sebastian Vettel - in Italien ohnehin nicht der große Sympathieträger und zudem noch auf bestem Wege zum vierten Titel in Folge - sich den Sieg schnappt. Das bekam der Heppenheimer an diesem Sonntag zu spüren, er musste ein gellendes Pfeifkonzert über sich ergehen lassen.

Niki Lauda, früher selbst in Diensten der Scuderia, gefiel dieses Verhalten nicht. "Das ist traurig, die Italiener sollten sich zusammenreißen", wetterte der Österreicher. "Sebastian hat eine super Leistung mit Red Bull gezeigt. Es war ein ungefährdeter Sieg und deshalb sollte man ihn anständig behandeln." Als Vettel auf dem Podium sein Sieger-Interview gab, bemerkte er natürlich auch die Pfiffe aus dem Publikum und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Dabei erinnerte er sich wohl an seinen Sieg mit Red Bull vor zwei Jahren zurück, als er von den F1-verrückten Tifosi ebenfalls nicht allzu begeistert empfangen wurde.

"Als ich hier 2011 gewonnen habe, war es eine böse Überraschung", erinnerte sich der Heppenheimer zurück. "Dieses Jahr konnten wir uns schon ein bisschen darauf vorbereiten." Einige Jahre zuvor hatte das noch ganz anders ausgesehen, als Vettel 2008 für das italienische Toro Rosso - obendrein noch Ferrari-befeuert - sensationell zu seinem ersten von bislang 32. F1-Siegen fuhr. Angesichts der eher unschönen Reaktionen seitens der Fans hätte Vettel mit einer Trotzreaktion kontern können, doch in diesem Moment bewies er Größe und nahm die Tifosi voll und ganz in Schutz.

"Das ist bei den Italienern von Geburt an drin", so Vettel. Er habe sich in den Fanshops rund um den Königlichen Park zu Monza umgeschaut und dabei entdeckt, dass es schon für Kleinkinder haufenweise Fanartikel von Ferrari gibt. "Irgendwo ist das also schon in den Genen mit drin", sagte er mit einem Grinsen. Den Umstand, dass Rivale Alonso die Felle im WM-Kampf immer mehr davonschwimmen und die Tifosi möglicherweise einem weiteren verpassten Titel hinterhertrauern, wollte Vettel auch nicht als Argument gelten lassen. "Denen geht es nicht darum, sondern nur um das Ergebnis an diesem Tag", war er überzeugt. "Wenn Rot in der Mitte steht, ist alles gut. Ansonsten wird gepfiffen."

Vettel meinte, dass selbst er in Monza viel Unterstützung seitens der anwesenden Fans erhalte. Einziges Manko: Er sitzt nicht in einem Ferrari. "Wenn die Fans die Wahl zwischen Rot und einer anderen Farbe haben und Rot gerade nicht da ist, dann sind auch Blau, Schwarz, Gelb oder Grün das Größte, was es gerade gibt", so Vettel. "So viel wurde nun auch nicht gebuht und Monza ist trotzdem das schönste Podium des Jahres. Für einen Rennfahrer gibt es nicht viele Ort, an denen man lieber wäre."