Wenn Ferrari beim Heimrennen in Monza spricht, hört die Motorsportwelt genau hin. So war es auch diesmal der Fall, als ein Funkspruch von Fernando Alonso während des Qualifyings für Aufruhr sorgte. "Dann müssen wir ihn vorbei lassen. Ihr seid wirklich Genies, Jungs", funkte der Spanier in der letzten Runde des Zeittrainings. Einige Hörer vermuteten in Alonsos Aussage einen ironischen Unterton und glaubten, dass er sich über die Taktik des Teams beschwert habe. Ferrari versuchte, Alonso und Felipe Massa mittels gegenseitigem Windschattenfahren einen Zeitenvorteil zu verschaffen.

In den ersten beiden Abschnitten des Qualifyings ging dieser Plan auch auf und Alonso meinte, dass diese Taktik einen Vorteil von einer Zehntelsekunde gebracht habe. Nur im Q3 kam es in den Schlussminuten zu Verwirrungen, weil Massa plötzlich zu weit von Alonso entfernt war, als dass dieser für die Windschatten-Taktik hätte aufschließen können. Also gab Alonso dem Team Bescheid und dieses bremste Massa etwas ein, damit er vor seiner letzten schnellen Runde zu seinem Teamkollegen aufschließen kann. Dabei klang Alonso jedoch nicht allzu glücklich und zu diesem Moment fiel der "Genie"-Funkspruch.

In der offiziellen Pressemitteilung der Scuderia nach dem Qualifying klärte Alonso die Angelegenheit auf. "Die Funksprüche wurden falsch verstanden, wie es so oft der Fall ist, wenn man es nicht aus erster Hand erfährt", wurde er zitiert. "Das Wort 'Genie' bezieht sich auf den Fakt, dass wir hätten rausfahren können, bevor Rosberg auf seiner schnellen Runde an uns vorbeiging. Aber das sollte überhaupt keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass das gesamte Team einwandfreie Arbeit geleistet hat."

Heißt im Klartext: Alonso habe laut eigener Aussage nicht die Situation mit Kollege Massa und dem Windschatten-Plan kritisiert, sondern lediglich den Umstand mit Rosbergs schneller Runde. Die ganze Verwirrung hatte ihren Lauf genommen, weil Alonso auf seiner vorletzten Runde hinter Jean-Eric Vergne fuhr und dachte, dass er den Windschatten des Toro-Rosso-Fahrers nützen könnte. Also bereitete er seine Reifen auf den schnellen Run vor als er bemerkte, dass Vergne ihn passieren ließ und Alonso somit kein Auto mehr vor sich hatte.

Um jegliche Spannung aus der Angelegenheit herauszunehmen, machte Alonso anschließend deutlich, dass die Strategiemannschaft bei Ferrari tolle Arbeit geleistet habe - wohl auch im Hinblick auf die Vergangenheit, als er sich nach einer Teamkritik eine öffentliche Schelte von Ferrari-Boss Luca di Montezemolo angeholt hatte. Jenem Montezemolo, der selbstverständlich auch an diesem Wochenende in Monza unterwegs ist. Alonso ärgerte sich, dass der TV-Worldfeed darauf verzichtet habe, seine Dankesworte via Teamfunk - "Danke an Felipe und das Team, am Ende war es perfekt" - ebenfalls im Fernsehen auszustrahlen und dass es deshalb zu der für ihn nervigen Diskussion mit den Journalisten gekommen sei.

"Das ist in Ordnung", so Alonso. "Ich bin seit zwölf Jahren in der Formel 1 und das ist Samstag. Jeder Samstag ist eine Wiederholung. Den Leuten erklären, wenn sie fragen, warum es so schlecht ist, dass die Meisterschaft dahin ist, und so weiter. Und morgen regnet es vielleicht und ich gewinne möglicherweise das Rennen und dann sagen die Leute, dass es nun für mich ein einfacher Weg bis zum Ende sei. So läuft das nun einmal."

Was genau bei der Teamfunk-Affäre vorge- und welche Worte exakt gefallen sind, wissen wohl nur Alonso und das Team. Zunächst machte es den Anschein, dass Alonso das Team via Funk als "Idioten" bezeichnet habe - im Italienischen 'scemi' und damit ähnlich klingend wie das italienische 'geni', also Genie. Für völlig Verwirrung sorgte später laut der BBC eine Ferrari-nahe Quelle, die sagte, Alonso habe sowohl die Wörter "Idiot" als auch "Genie" benutzt - ersteres beim Weg aus der Boxengasse vor seiner letzten schnellen Runde, zweiteres etwas später im letzten Umlauf. Wie auch immer: Alonso dürfte ein weiteres Mal gelernt haben, dass jedes seiner Worte auf die Goldwaage gelegt wird - vor allem in Monza vor den Ohren der Tifosi und Montezemolo.