50. Das ist die große Zahl des Tages. Warum? Weil Nico Hülkenberg in Spa sein 50. F1-Rennen fuhr? Falsch. Weil McLaren dieses Jahr sein 50-jähriges Jubiläum feiert? Wärmer, aber auch falsch. Heute vor 50 Jahren wurde der Kassettenrekorder offiziell vorgestellt. Ein kleiner Schritt für einen niederländischen Elektronikkonzern, aber ein verdammt großer für die Formel-1-Welt!

Seitdem ist nichts mehr, wie es einmal war. Denn Vettel, Alonso, Hamilton & Co sind nicht nur geniale Knöpfedrücker, sondern auch die schnellsten Kassettenrekorder der Welt! Wer glaubt, dass das Fernsehprogramm nur noch aus uralten Wiederholungen besteht, der sollte sich einmal die gesammelten 15 Minuten TV-Interviews eines beliebigen Renntages von Jenson Button reinziehen - der Inbegriff der Abwechslungslosigkeit.

Rekordverdächtig: Eddie Irvine

Jenson stellt jeden Kassettenrekorder in den Schatten, Foto: Sutton
Jenson stellt jeden Kassettenrekorder in den Schatten, Foto: Sutton

Als ob die ständigen Wiederholungen der vorher eingeübten Antworten nicht schon öde genug wären, besitzt das Fahrerlager auch noch eine verschlüsselte Sprache, deren Übersetzung ins Deutsche einiger Erfahrung bedarf. Ein Beispiel gefällig? Okay, eine der wenigen "frischen" Aussagen, die wir jeden Winter zu hören bekommen, ist diese: "Wir werden bei der Entwicklung aggressiv zu Werke gehen." Zu hören gab es das fast überall - von McLaren über Ferrari bis zu Williams. Wirklich sinnvoll ist es nicht, außer man kennt die wirkliche Bedeutung dieser Worte: "Unser letztjähriges Auto war Mist, aber keine Sorge, wir reden so lange über aggressives Vorgehen, dass daran keiner mehr denkt."

Besonders gut im F1-Trashtalk war Eddie Irvine. In seiner Jaguar-Zeit verging kein GP-Ausblick ohne folgende Ankündigung: "Uns erwartet ein hartes Wochenende." Was er damit tatsächlich sagen wollte: "Eigentlich hat es keinen Sinn, dort anzutreten, aber vielleicht gehen ja ein paar Motoren hoch, hoffentlich nicht schon wieder unsere." Und noch ein Klassiker des PR-Gebrabbels, der in unserer Sammlung nicht fehlen darf: "Es ist erst Freitag, noch wissen wir nicht, wo wir im Vergleich zur Konkurrenz stehen." Übersetzt bedeutet das so viel wie: "Das wird hier nie im Leben was."

Ebenfalls ein ständiger Begleiter ist seit Jahren: "Wir hatten einen produktiven Trainingstag und haben viele Daten gesammelt, die wir jetzt über Nacht genau studieren werden." Ehrlicher wäre es gewesen, wenn der Pilot in etwa dies gesagt hätte: "Die Kiste liegt scheiße, hoffentlich fällt den Jungs schnell etwas ein oder schüttet es morgen wenigstens wie aus Kübeln."

Versteckte Botschaften

Heinz Prüller kann noch heute jedes Rennen wie auf Band aus dem Gedächtnis abspielen..., Foto: Sutton
Heinz Prüller kann noch heute jedes Rennen wie auf Band aus dem Gedächtnis abspielen..., Foto: Sutton

Noch recht neu im PR-Repertoire ist der um sich greifende Heim-GP-Virus, der sich in den vergangenen Jahren rasend schnell verbreitete - im gesamten Rennkalender. "Dies ist einer unserer Heim-GP, also wollen wir für ... [Passendes bitte einsetzen: unseren langjährigen Partner/unsere treuen Fans/unsere Lieblingsmurmeltiere] ein gutes Ergebnis erzielen." So fährt Mercedes nicht weniger als vier Heim-GP in Deutschland (Hersteller), Großbritannien (Team), Malaysia (Hauptsponsor) und Abu Dhabi (Mitbesitzer). Das ausgefallenste Heimrennen bestreitet aber sicher Red Bull in Ungarn - mangels eines Rennens in Österreich.

Besonders gut versteht sich Ferrari in der Codesprache. So lobte Stefano Domenicali im letzten Jahr: "Fernando verbringt mehr Zeit in der Fabrik, als jeder andere in den letzten 20 Jahren bei Ferrari." Unter der Lupe wird daraus ein Flehen an den Starpiloten: "Dieser Schumacher war gar nichts im Vergleich zu dir, Fernando. Bitte, bitte, geh ja nicht weg!" Dem Spanier gefiel dieses Werben sehr, schließlich ist er selbst ein Künstler der PR-Botschaften: "Ich habe die meisten Rennen beendet, bin unglaubliche Rundenzeiten gefahren, hatte fantastische Starts, großartige Boxenstopps, erfolgreiche Strategien, Podestplätze und einen GP-Sieg." Kurz und knapp hätte Fernando auch sagen können: "Ich bin genauso genial wie schon immer, aber das Auto war eine Krücke."

Mit ein bisschen Übung ist der PR-Code gar nicht so schwer zu knacken. Hier eine kleine Aufgabe für Anfänger: "Wir werden alles in unserer Macht stehende tun, um Felipe zu helfen, dem Team zu helfen" (Stefano Domenicali) Die Lösung: "Fernando ist sehr viel schneller als du - streng dich besser an, damit du endlich mal wieder in die Situation kommst, ihn vorbeizulassen..."