Die Formel 1 kehrt aus der Sommerpause zurück. Für die Wiederinbetriebnahme des Renngeschehens hat sich der Zirkus die legendäre Ardennen-Achterbahn im belgischen Spa-Francorchamps ausgesucht. Ardennen-Wetter ist immer unberechenbar, doch so wechselhaft, wie es sich an diesem Wochenende zeigt, war es selten. Das macht die Favoriten-Analyse besonders schwer, zumal auch unterschiedliche Setups das Zünglein an der Waage sein könnten. Bei den prognostizierten Mischbedingungen gleicht eine Vorhersage eher einer Lottoziehung, Motorsport-Magazin.com wirft trotzdem einen genaueren Blick auf jene, die am Sonntag die besten Chancen haben.

Mercedes

Zwar steht nicht zum ersten Mal in dieser Saison ein Mercedes auf der Pole-Position, doch zum ersten Mal fragen sich nicht alle Experten, nach wie vielen Runden die Pirelli-Pneus dieses Mal hinüber sind. Viel spannender wird der Blick nach oben, in den belgischen Himmel. Laut Wettervorhersage soll es ähnlich zugehen, wie während des Qualifyings. Heißt: Mal trocken, mal nass. Glaubt man Hamilton, kommen diese Bedingungen den Silberpfeilen entgegen. "Red Bull sah besonders schnell aus und das galt auch für Ferrari bei trockenen Bedingungen. Ich bin nicht sicher, ob wir die Pace gehabt hätten, genauso schnell zu sein", räumte er ein.

Ein reines Regenrennen wünscht sich Pole-Sitter Hamilton aber nicht: "Ich fühle mich bei wechselnden Bedingungen ziemlich wohl und kann die Limits ausloten, wenn es an der Grenze ist." Die Chancen stehen gut, dass Hamiltons Wunsch in Erfüllung geht, wie Teamchef Ross Brawn sagt. "Wir erwarten im Rennen ähnliche Witterungsbedingungen, also haben wir gute Erfolgschancen." In der Tat sah Mercedes bei den Mischbedingungen am konkurrenzfähigsten aus, weder auf komplett nasser, noch auch komplett trockener Strecke konnten die Silberpfeile bisher vollends überzeugen.

Red Bull

Nach dem Freitagstraining gab es eigentlich nur einen richtigen Top-Favoriten: Red Bull. Die roten Bullen dominierten den Freitag nach Belieben. Sowohl Sebastian Vettel mit seiner Monza-Konfiguration, als auch Mark Webber mit deutlich mehr Downforce konnte fabelhafte Zeiten in den Asphalt brennen. Das ist auch Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner nicht entgangen. "Das Training am Freitag im Trockenen hat gezeigt, dass wenn es darauf ankommt, der Red Bull unfassbar schnell sein kann. Das gilt für beide Konfigurationen - mit oder ohne Flügel."

Dass es am Samstag dann nicht zur Pole-Position reichte zeigt, dass Mercedes am Freitag nicht alle Karten aufgedeckt hatte und dass der RB9 offensichtlich nicht bei allen Bedingungen dominierend ist. "Man kann sagen, dass wir im Trockenen einen Tick schneller sind, aber genauso, dass Mercedes in den Mischbedingungen etwas schneller ist", ging Sebastian Vettel das Thema von der anderen Seite her an. Doch wieder einmal zeigte sich: Der Red Bull ist bei allen Bedingungen siegfähig, abschreiben darf man weder Sebastian Vettel, noch Mark Webber.

Lotus

Lotus hatte im Regen keine Chance, Foto: Sutton
Lotus hatte im Regen keine Chance, Foto: Sutton

Vor dem Wochenende galt Lotus als Anwärter auf den Sieg. Das hat sich nach den Trainings und spätestens im Qualifying etwas relativiert. Im Training kämpfte die Mannschaft von Eric Boullier mit DRD-Test, das letztendlich an keinem der beiden Autos zum Einsatz kommen wird. Konnte der Lotus dann im Trockenen halbwegs mit der Spitze mithalten, hatten Kimi Räikkönen und Romain Grosjean im Nassen keine Chance. "Wir konnten mit der Bestzeit von Kimi eine starke Leistung bei trockenen Bedingungen zeigen, aber leider ist dann der Regen zurückgekommen", trauert Alan Permane einem besseren Ergebnis im Qualifying hinterher.

Trotzdem ist für die Lotus-Piloten am Sonntag auch von den Rängen sieben und acht alles möglich. Bleibt es trocken, kann der Lotus seine Stärke ausspielen und die Reifen wohl länger am Leben halten. Bei Regen kann ohnehin immer alles passieren und auch ein Auto, das eigentlich nicht siegfähig ist, kann plötzlich vorne auftauchen. Ebenfalls nicht zu vergessen: Der Räikkönen-Faktor. Der Finne gilt als erwiesener Spa-Spezialist und konnte schon mehrmals auf der Ardennen-Achterbahn zeigen, wozu er fähig ist.

Ferrari

Ferrari wurde am Samstag ganz klar unter Wert geschlagen. Ähnlich wie Lotus kommt auch die Scuderia bei nassen Bedingungen nicht ganz so gut zurecht. Bei Ferrari gesellte sich zur schwächeren Regen-Performance noch etwas Pech, wie Fernando Alonso erklärt: "Unter solchen Bedingungen braucht man immer auch ein bisschen Glück, und das hatten wir heute speziell im Q3 nicht unbedingt. Einige Leute haben gleich Benzin für die ganze Session getankt, einige nicht, einige konnten dann noch eine Runde mehr fahren, andere nicht... Unser Timing hat einfach nicht gestimmt."

Das Benzin-Problem sorgte auch dafür, dass es für Felipe Massa nicht weiter nach vorne ging. "Wir haben am Anfang von Q3, als es in der Aufwärmrunde zu regnen anfing, gedacht, dass die Strecke nachher nicht mehr besser werden würde, dass das immer noch der beste Moment wäre, weil die Strecke noch ein kleines bisschen trocken war. Deshalb habe ich nur schnell Reifen gewechselt, aber nicht nachgetankt", schilderte Massa die Situation gegenüber Motorsport-Magazin.com. Die Plätze neun und zehn sind also nur die halbe Wahrheit, auch im Regen wäre für die Mythosmarke mehr drin gewesen. Für Ferrari gilt das gleiche, wie für Lotus, wie Felipe Massa zusammenfasst. "Im Nassen kann man vielleicht ein bisschen besser aufholen, im Trockenen weiß ich, dass wir schnell sind."

Jenson Button

Liefert Button die große Überraschung?, Foto: Sutton
Liefert Button die große Überraschung?, Foto: Sutton

"Ich gehe davon aus, dass alle - mit Ausnahme von Paul di Resta - die innerhalb der Top-10 stehen, um den Sieg mitkämpfen werden", so Christian Danner nach dem Qualifying. Unter den Top-10 steht auch Jenson Button, der den McLaren auf Rang sechs stellte und somit das beste Quali-Ergebnis der Saison einfuhr. Dabei hatte der Brite noch Pech, dass er zum Schluss nicht noch eine letzte gezeitete Runde fahren konnte, der McLaren ist in Spa einigermaßen bei der Musik. Und bei Regen-Chaos-Rennen kennt sich Button aus, das hat er schon mehr als einmal bewiesen. Jenson Button könnte am Sonntag gewissermaßen die Superzahl in der Regenlotterie sein.