Lewis Hamilton ließ auf die Überraschungs-Pole-Position den Überraschungs-Sieg folgen. Denn nach dem Zeitfahren am Samstag hatte er alles andere als zuversichtlich geklungen, was die Haltbarkeit der Reifen und die Longrun-Pace seines Silberpfeils anging. Umso glücklicher war der Mercedes-Pilot nach der Zieldurchfahrt. "Es ist ein ganz fantastisches Gefühl", erklärte er. "Das ist einer der wichtigsten Siege in meiner Karriere. In ein neues Team zu kommen und zu gewinnen, ist eine tolle Sache. Ich könnte nicht glücklicher sein. Ich hoffe, da kommt noch mehr."

Er habe gehofft, dass die Reifen halten, aber nicht gewusst, wie sich der Abbau entwickeln würde. "Ich habe alles gegeben, alles versucht. Ich musste an Mark Webber vorbei, denn wenn man im Verkehr steckt, dann ist das Rennen vorbei", erläuterte er. Niki Lauda war derselben Ansicht wie sein Schützling. "Wenn man drei Stopps macht, nach neun Runden an die Box kommt und hängt dann im Verkehr, dann ist alles vorbei. Das ist das Problem von Vettel gewesen", verdeutlichte er. "Bei Lewis war das nicht der Fall, er kam vorbei. Deswegen hat er gewonnen."

Hamilton berichtete, dass er die letzten 20 Runden die Reifen schonte. Dass er mit den schwarzen Pneus über die Distanz kam, ohne dass sie einbrachen, stimmte ihn für die zweite Saisonhälfte zuversichtlich. "Wir werden weiter hart arbeiten, denn wir wissen nicht, wie die Reifen in den nächsten Rennen aussehen werden. Aber wenn wir es hier hinbekommen, dann auch woanders."

Keiner hat die Nase vorne

"Das Rennen hier hätte eigentlich mit unserem Reifenverschließ schwerer werden sollen", räumte Lauda ein und betonte, dass Mercedes keinesfalls im Vorfeld geblufft habe. "Der Rennverlauf hat alles durcheinander gewürfelt", erklärte er. "Ich muss klar sagen: Es war nur Lewis, der mit Attacke tolle Überholmanöver zustande bekommen hat. Lewis ist aggressiv bis zum Ende gefahren, er ist sein Geld wert. Er hat den Sieg eingefahren, den hat er selbst gemacht", unterstrich er.

Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff betonte dagegen die Fortschritte und die andere Herangehensweise des Teams. "Wir sind sehr zufrieden. Es war sehr heiß und die Reifen haben gut gehalten. Wir sind das erste Mal diese Reifen gefahren, haben von Anfang an auf Longruns gearbeitet und das hat sich ausgezahlt", analysierte er. "Die Reifen passen sicher besser auf unser Auto, aber es ist auch viel Arbeit passiert, es hat viele Analysen gegeben. Wir haben drei Tage gehabt, in denen wir uns Gedanken machen konnten."

Dass Hamilton nun im teaminternen Duell Nico Rosberg in die zweite Reihe verschoben hat, glaubte er nicht. "Nein, bei uns im Team hat keiner die Nase vorne, wir sind alle auf der gleichen Wellenlänge, haben alle die Nase gleich weit vorne", stellte er klar. "Wir wollen alle ein paar Tage Urlaub machen, aber wir haben alle so viel Spaß dabei, miteinander zu arbeiten. Ich habe gerade mit Ross [Brawn; Teamchef] diskutiert. Wir machen eine Woche Urlaub und dann treffen wir uns alle wieder", scherzte Wolff.

Ob Hamilton nach der Sommerpause auch in der Meisterschaft ein ernstes Wörtchen mitreden wird, wollte Lauda nicht klar sagen. "Vettel ist absolut der Favorit", meinte er. "Das erste Rennen nach der Sommerpause und Monza kommt Mercedes aber entgegen."