Das Qualifying auf dem Nürburgring bot ein wenig überraschendes Bild. Der Wettgewinn dürfte wohl niedrig ausgefallen sein, hatte man auf eine Mercedes-Pole gesetzt. Zum sechsten Mal in neun Rennen katapultierte sich ein Silberpfeil an die Spitze der Startaufstellung, dicht gefolgt von der Red-Bull-Armada Sebastian Vettel und Mark Webber. Spannend werden die vermeintlichen Unbekannten Lotus und Ferrari. Wer ist der heißeste Anwärter auf den Sieg auf dem Nürburgring - Motorsport-Magazin.com macht den Favoritencheck?

Mercedes

Lewis Hamilton konnte sein Glück kaum fassen, Foto: Sutton
Lewis Hamilton konnte sein Glück kaum fassen, Foto: Sutton

Mercedes betonte vor dem Rennen, dass man aus den Longruns am Freitag kaum Schlüsse ziehen könne, da sich die Strecke und auch die Boliden am Sonntagnachmittag ganz anders präsentieren werden. "Mit der Hitze morgen wird es ziemlich herausfordernd. Es wird hart, die Reifen morgen beisammen zu halten", prophezeite Ross Brawn. Daher wird es für Lewis Hamilton, sollte er beim Start vorne bleiben, keine leichte Aufgabe, mit den weichen Pneus eine Lücke zu den Verfolgern aufzureißen, ohne sie zu schnell zu zerstören. Doch selbst wenn ihm das gelingt, wird er sich wohl schwer tun, die Red Bulls hinter sich zu halten.

Nico Rosberg wird aller Voraussicht nach auf den Medium-Reifen starten und könnte sich mit einem guten Start bis hinter die Ferraris vorarbeiten. Diese gehen ebenfalls auf der härteren Reifenmischung ins Rennen, weshalb es geschickten Agierens am Mercedes-Kommandostand bedarf, um Rosberg an ihnen vorbeizuschleusen. Ein Podestplatz scheint für den Deutschen beim Heimrennen unwahrscheinlich, eher wird er um die Positionen vier bis sechs kämpfen.

Red Bull

Sebastian Vettel hat seinen ersten Heimsieg fest im Visier, Foto: Red Bull
Sebastian Vettel hat seinen ersten Heimsieg fest im Visier, Foto: Red Bull

Red Bull hat nach Hamiltons Aussage weniger Sorgen mit dem schwarzen Gold als Mercedes. "Mark Webber hat mir verraten, dass die neuen Reifen auf dem Auto besser arbeiten. Sein Longrun am Freitag war sehr stark", meinte er. Sebastian Vettel wird jedoch nicht darauf warten, dass Hamiltons Reifen in die Knie gehen, ehe er einen Angriff startet, sondern wird gleich beim Start sein Glück versuchen. Wenn er die Führung übernehmen sollte, wäre es für ihn ein Leichtes, davonzuziehen und sich seine Strategie so zurechtzulegen, wie es nötig ist. Das Einzige, was ihn aufhalten kann, ist wohl ein Defekt oder aber der Fluch, der bei Heimrennen auf ihm lastet.

Einen Fluch muss Mark Webber nicht fürchten, denn er war in Deutschland bereits erfolgreich. Sein Problem ist, dass es immer wieder beim Start klemmt. Daher geht es für ihn mehr darum, nicht zu weit zurückzufallen. Im Laufe des Rennens stellt er dann jedoch massive Gefahr für die Konkurrenz dar, wie er mit seiner Aufholjagd in Silverstone bewiesen hat.

Lotus

Kann Kimi Räikkönen seinen Deutschland-Fluch endlich überwinden?, Foto: Sutton
Kann Kimi Räikkönen seinen Deutschland-Fluch endlich überwinden?, Foto: Sutton

Zuletzt hatte es Lotus nicht leicht, doch am Nürburgring könnte sich das Blatt wenden: Im Qualifying erzielte das Team aus Enstone sein bislang bestes Saisonresultat und was der Konkurrenz zu denken geben sollte: Kimi Räikkönen und Romain Grosjean waren nach Startplatz vier respektive fünf nicht einmal aus dem Häuschen. Beide Piloten meinten, dass sie bei ihrem schnellen Run in Q3 Probleme hatten, die Vorderreifen auf Temperatur zu bekommen und somit einiges an Zeit im ersten Sektor liegen ließen. Fürs Rennen sehen sich die beiden noch besser aufgestellt. Kein Wunder, war das Qualifying bislang die große Schwachstelle der Truppe.

Lotus profitiert sehr von den sommerlichen Temperaturen in der Eifel. Faustregel hinsichtlich der Leistung des E21-Boliden: je wärmer, desto stärker. Am Sonntag sollte wieder einmal die Sonne am Nürburgring scheinen und das könnte auch Lotus strahlen lassen. Red Bull und Mercedes haben die Nase in Sachen Performance zwar vorn, doch nach Nico Rosbergs Qualifying-Patzer ist erst einmal ein Gegner auf dem Weg nach oben eliminiert. Räikkönen hatte in der Vergangenheit zwar seine Probleme mit dem 'Ring', sollte diesmal aber eine gewichtige Rolle beim Kampf um die vordersten Plätze spielen können.

Ferrari

Fernando Alonso will deutlich später stoppen als die Konkurrenz, Foto: Sutton
Fernando Alonso will deutlich später stoppen als die Konkurrenz, Foto: Sutton

In Q1 und Q2 waren die Roten noch auf Platz eins der Zeitentabelle, in Q3 auf einmal nur noch auf Rang sieben und acht. Die Scuderia setzte auf die härtere Reifenmischung, um im Rennen bessere Karten zu haben. Beim ersten Blick stellt sich die Frage, warum Ferrari nicht aufs Ganze ging, und den Sprung an die Spitze probierte. Fernando Alonso klärt auf: "Die gute Pace in Q1 lag daran, dass wir als eines der wenigen Top-Team auf die weichen Reifen setzten."

In Q2, ebenfalls auf den weicheren Pneus, fuhr der Spanier dann eine 1:29.962 - laut Alonso das realistische Potenzial des F138. Damit war klar, die ersten beiden Startreihen sind nicht drin. "Als die anderen in Q3 auch die weichen Reifen aufzogen, fuhren sie Zeiten von 1:29.3 Minuten und das ist für uns noch ein bisschen zu schnell", fügte Alonso hinzu. Daher versucht man nun über die Distanz mit dem Medium zu gewinnen. "Wenn wir alles hinbekommen und ein gutes Rennen haben, ist ein fantastisches Ergebnis drin", prognostiziert zumindest Felipe Massa.