Klar, dass im Moment nach dem, was in Silverstone passiert ist, die Reifen überall das große Thema sind. Es ist auch für einen selbst als Fahrer nicht wirklich hilfreich, wenn man beim Fahren mitbekommt, dass es bei den anderen so viele Reifenschäden gibt. Es war auf jeden Fall ein klares Zeichen dafür, dass jetzt etwas geändert werden muss. Wir hatten bei uns - dreimal auf Holz geklopft - noch nie einen Reifenschaden, aber man sieht, dass es passiert und darauf muss man reagieren.

Es gibt sehr viel gefährlichere Ecken im Kalender, ich sage nur Eau Rouge. Wir wollen nicht warten, bis noch etwas Schlimmeres passiert. Es ist offensichtlich, dass sich die Reifen einfach aufgelöst haben und dann geradezu explodiert sind. Es ist nicht so, dass man den Reifen jetzt komplett ändern muss, er muss nur zuverlässiger gebaut werden. Die Reifen mit dem Kevlar-Innenleben zu nehmen, die wir hier schon getestet haben, wäre sicher eine Möglichkeit. Ich bin kein Reifenspezialist, aber man muss jetzt einfach feststellen, was stabiler ist - und das werden die Fachleute bei Pirelli sicher können. Ich bin von deren Kompetenz überzeugt, sie sind sehr lange im Geschäft.

Was mein eigenes Rennen angeht - Wir haben nachher noch einmal genau analysiert, wie viel ein Boxenstopp in der letzten Safety-Car-Phase wirklich gebracht hätte. Wenn ich zum Reifen wechseln reingekommen wäre, wäre wohl ein sechster Platz drin gewesen, maximal ein Fünfter. Aber wenn man beim Re-Start Dritter ist und es sind nur noch sechs oder sieben Runden zu fahren, wenn also ein kleine Chance besteht, auf's Podium zu kommen, dann muss man es riskieren. So eine Entscheidung kann immer für oder gegen einen laufen, aber wir waren schon öfters Vierter, Fünfter oder Sechster.

Wenn die Chance auf den Podiumsplatz da ist, muss man versuchen, sie zu ergreifen. Wir wollen dahin, deswegen haben wir es probiert. Der siebte Platz war noch Schadensbegrenzung, gute Punkte für das ganze Team, wir sollten zufrieden sein. Ob bei einem ganz normalen Rennverlauf, ohne Safety-Cars, mehr drin gewesen wäre, ist schwer zu sagen. Ich hatte einerseits einen sehr guten Start, habe andererseits aber natürlich auch von Reifenschäden der anderen und Ausfällen profitiert. Das war so ein chaotisches Rennen. Klar ist, dass uns das Safety-Car am Ende jedenfalls nicht gut getan hat.

Sutil ging in Silverstone auf Risiko, Foto: Sutton
Sutil ging in Silverstone auf Risiko, Foto: Sutton

Andererseits sind wir eine Zwei-Stopp-Strategie gefahren, das wäre ohne die Safety-Cars wahrscheinlich wesentlich schwieriger hinzukriegen gewesen, dann hätten wir wahrscheinlich auch drei Stopps machen müssen. Es ist im Nachhinein immer schwierig zu sagen, was nun besser gewesen wäre, aber ich akzeptiere das Ergebnis, freue mich darüber und freue mich natürlich auch schon auf das nächste Rennen am Nürburgring. Das Auto läuft, wir hatten in Silverstone schon ein sehr gutes Qualifying, alle Weichen sind also eigentlich gestellt für noch bessere Leistungen und Ergebnisse in der Zukunft.

Vielleicht klappt es mit dem Podium ja bei meinem eigenen Heimrennen, nachdem wir beim Heimrennen des Teams in England schon nah dran waren. Ich bin jedenfalls heiß drauf. Es ist eine schwierige Mission, aber ich liebe Herausforderungen. Man darf nur nicht aufgeben, dann wird es eines Tages passieren. Wenn es gerade in Deutschland so weit wäre, hätte ich natürlich nichts dagegen. Ein Heimrennen ist immer etwas besonderes, es fühlt sich einfach anders an. Speziell am Nürburgring, weil ich dort schon mit vielen verschiedenen Autos gefahren bin, auch die Umgebung sehr gut kenne.

Das Heimrennen ist etwas Besonderes

Schon ganz früher, als ich mit dem Rennsport gerade erst angefangen habe, war ich sehr oft da. Ich habe auch viele Freunde in der Gegend, in Köln, in Düsseldorf. Mein Manager kommt auch daher, ich habe also schon eine besondere Verbindung - auch familiär: Meine Familie mütterlicherseits kommt aus Aachen, ein bisschen Rheinland habe ich also auch im Blut. Dass man da immer ein paar mehr Leute als sonst um sich hat, ist normal. Das kann man alles in den Griff bekommen. Letztlich muss ich mich auf meinen Job konzentrieren, denn das schönste Geschenk, das ich allen machen kann, wäre ein sehr gutes Ergebnis zu holen.

Also muss ich mich darauf fokussieren. Groß über Siege zu reden und dann nichts abzuliefern, ist für mich nicht die richtige Herangehensweise. Also versuche ich, alles außen herum doch möglichst kurz zu halten, um mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Auch meine Sponsoren Medion und Capri Sonne haben dafür absolutes Verständnis, denn ihnen ist auch wichtig, dass ich ein gutes Ergebnis abliefere. Die Strecke selbst finde ich sehr schön. Sie ist abwechslungsreich, es geht ein bisschen bergauf und bergab, es sind schnelle und langsame Ecken drin. Der Nürburgring ist schon eine Fahrerstrecke, die ihren Reiz hat.

Was ich auch schön finde, ist die Umgebung. Man ist, wie auch in Silverstone, weg von einer Stadt, man kann sich richtig auf den Rennsport konzentrieren. Das ist bei den Stadtrennen immer ein bisschen schwierig, da reden alle mehr von Restaurants, Clubs und Partys. Ich mag Rennsport, deswegen mache ich das - und der Nürburgring ist richtig schönes Rennsportfeeling. Mit ganz großer Tradition, die Nordschleife mit ihrer großartigen Historie ist eine ganz tolle Strecke und auch der Grand-Prix-Kurs macht riesig Spaß. Ich hoffe, dass das die Fans genauso sehen und dass auch viele kommen - dem Nürburgring in seiner schwierigen Situation kann das nur helfen!