Es gleicht einer unendlichen Geschichte. Eigentlich sollte Reifen-Test-Gate nach dem FIA-Tribunal beendet sein. Doch ständig wird neues Öl ins Feuer gegossen: Zunächst der offene Schlagabtausch zwischen Mercedes und Red Bull. "Ich habe es im Sport und in meinen 20 Jahren in der Wirtschaft noch nie erlebt, dass jemand so auftritt", schimpfte Toto Wolff über die besonders aggressive Herangehensweise von Red Bull bei der Verhandlung vor dem FIA-Tribunal in Paris. "Es gibt für mich eine Grenze und die wurde von Red Bull überschritten", legte er nach.

Im TV holte Red-Bull-Mann Helmut Marko dann noch vor dem Großbritannien GP zum Gegenschlag aus. "Unqualifizierte Äußerungen kommentieren wir nicht", fauchte er zurück. Doch damit nicht genug: Das Verhältnis zu Toto Wolff wollte er nicht beschreiben, schließlich gebe es gar keines. Landsmann Niki Lauda sei der einzige Ansprechpartner bei den Silberpfeilen. "Weil Niki ein Charaktermann ist", so Markos Erklärung.

Nach Nico Rosbergs Sieg im anschließenden Rennen ging dann scheinbar nicht nur Marko an die Decke, auch Ferrari war über den Ausgang des Rennens 'not amused'. "Wir wollen Kontroversen vermeiden und bleiben deshalb ruhig", erklärte Teamchef Stefano Domenicali sein Schweigen zur Thematik, ob Rosbergs Sieg ein Resultat des Reifen-Tests aus Barcelona ist. Rosberg hat dazu eine klare Meinung: "Ganz sicher. Natürlich", hätte er das Rennen auch ohne die umstrittenen Testfahrten gewonnen.

Auch Niki Lauda ist die ewige Debatte leid. "Ich kann diesen Blödsinn nicht mehr hören. Es sollte durch das Urteil des Tribunals eigentlich alles geklärt sein." Motorsort-Magazin.com-Experte Christian Danner hofft ebenfalls auf ein baldiges Ende der Diskussionen. "Die haben seit dem Test das Reifenproblem gelöst", stellte er fest, schränkte allerdings ein: "Fairerweise muss man sagen, dass das nicht bedeutet, dass sie das Problem wegen dem Test gelöst haben. Vielleicht hatten sie es schon vorher gelöst und sie haben den Test aus reiner Herzensgüte gefahren. Das kann auch sein. Ich will aber dazu nichts mehr sagen."

Red Bull und Ferrari sind sich nicht immer einig, Foto: Sutton
Red Bull und Ferrari sind sich nicht immer einig, Foto: Sutton

Ganz so ganz so ruhig wie angekündigt will Ferrari aber scheinbar doch nicht bleiben, nicht umsonst fordern die Italiener nun, die Young Driver Tests, an denen Mercedes nicht teilnehmen darf, zu normalen Testfahrten umzufunktionieren. "Bezogen auf die Tatsache, dass dieser Kurs sehr anspruchsvoll für die Reifen ist, und wir mit Pirelli während dieser Tage wirklich etwas in Sachen Lösung dieses Problems erreichen könnten, würde ich auch sagen, dass wir die Rennfahrer fahren lassen sollten - weil es auch für sie etwas sehr wichtiges ist", versuchte Domenicali sein Vorhaben mit dem Sicherheitsaspekt zu begründen.

Prominente Unterstützung erhält er dabei wohl nicht ganz zufällig von Red-Bull-Teamchef Christian Horner. "Vielleicht sollte dieser Test auch für die aktuellen Fahrer oder die Testfahrer offen sein, die ein anständiges Feedback geben können", so der Brite.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com mein: Dass der wahre Grund hinter der Forderung, die Nachwuchstest zu normalen Testfahrten umzufunktionieren, wohl nicht die Verbesserung der Reifen ist, dürfte klar sein. Red Bull und Ferrari haben in Silverstone gesehen, dass Mercedes im Umgang mit dem schwarzen Gold einen wirklichen Schritt nach vorne gemacht hat, und wollen sich nun für den Mercedes-Test revanchieren.

Weil vor Silverstone noch nicht endgültig zu sehen war, ob Mercedes die Reifenprobleme in den Griff bekommen hat, kamen die zahlreichen Reifenschäden Red Bull und Ferrari gerade recht, um mit Sicherheitsbedenken argumentieren zu können. Doch weshalb Stammpiloten dafür besser geeignet sein sollen als Nachwuchsfahrer, ist mir ein Rätsel. Das Tribunal sollte eigentlich einen Schlussstrich ziehen, doch für die Teams ist die Angelegenheit leider noch lange nicht zu Ende. (Christian Menath).