600 Rennen von Williams, das ist ein großes Stück Formel-1-Geschichte, aber auch ein Teil sehr persönlicher in dieser schnelllebigen Szene, in der oft nichts älter ist als die Erfolge oder die Ereignisse von gestern.

Die erste nähere Begegnung mit Williams, zumindest mit einem Williams-Fahrer, stammt noch aus Fan-Zeiten: Hockenheim 1979, auf Umwegen zu einem Fahrerlager-Ticket gekommen, was damals noch ein bisschen einfacher war, zu einem Abendessen von Sponsoren eingeladen worden, dort Clay Regazzoni getroffen, der gerade zwei Wochen vorher in Silverstone für Williams den ersten Sieg geholt hatte. Dementsprechend war er in bester Stimmung - außerdem war er ja sowieso eine faszinierende Persönlichkeit... Im Rennen stand er übrigens wieder auf dem Podium, als Zweiter hinter Alan Jones, beim ersten Williams-Doppelsieg der Geschichte...

Irgendwie war das Thema Williams immer mit vielen Emotionen verbunden, Triumph und Tränen dicht nebeneinander. Regazzoni wurde von William Ende 1979 auf etwas unfeine Art entsorgt, landete deshalb beim unterfinanzierten Ensign-Team - wo ihm in Long Beach das Bremspedal brach und er sich seine Querschnittslähmung zuzog.

Erster Williams-Sieg 1979 in Silverstone, Foto: Sutton
Erster Williams-Sieg 1979 in Silverstone, Foto: Sutton

Dann 1986, der Beginn einer neuen großen Williams-Zeit, aber auch der Unfall von Frank Williams, auf der Landstraße von Le Castellet, unter bis heute immer noch nicht ganz klaren Umständen, aber eben mit den fatalen Folgen... Die widersprüchlichen Gefühle bei vielen, als Frank zum ersten Mal wieder im Rollstuhl ins Fahrerlager zurückkam, er, der sich anfangs der 70er Jahre, als er noch fast keine Sponsoren hatte, manchmal mit dem Preisgeld, das er bei irgendwelchen Läufen gewann, das Benzingeld verdiente, um mit seinem Transporter von irgendeiner Rennstrecke wieder zurück nach England zu kommen.

1994, der Optimismus, die Freude, mit der Ayrton Senna damals in Portugal, bei der Präsentation in Estoril, bei Eiseskälte, seine neue Aufgabe bei Williams aufnahm, ein Testwinter mit sehr viel Nähe und persönlichen Kontakten, die Enttäuschungen der ersten Rennen, die wachsende Erkenntnis, gegen einen illegalen Benetton unterwegs zu sein, der wachsende Druck im Team - und dann Imola, der Schock, der Tiefpunkt, das gefühlte frühe Wissen um die Wahrheit.

Und dann noch einmal Imola, 1997, der erste Sieg von Heinz-Harald Frentzen, der damals, 1994, ja sofort Sennas Nachfolger bei Williams hätte werden können, das aber auch aus Loyalität zu Sauber ablehnte und dann erst drei Jahre später kam. Dann siegte er ausgerechnet in Imola, zu einem Zeitpunkt, als durch den gerade laufenden Prozess zum Senna-Unfall sowieso vieles noch einmal aufgewühlt wurde, auch der Ärger über die eindeutige Verschleierungstaktik bei den Verantwortlichen...

Klar, da spielten auch versicherungsrechtliche Gründe eine große Rolle, und die Tatsache, zu erfahren, dass intern, im Kontakt mit der Senna-Familie, die Dinge schon anders dargestellt wurden, half, aber trotzdem - der Eindruck von vielen taktischen Lügnern, auch unter damaligen und früheren Williams-Fahrern, blieb lange haften.

Heinz-Harald Frentzen hatte bei Williams wenig Glück, Foto: Sutton
Heinz-Harald Frentzen hatte bei Williams wenig Glück, Foto: Sutton

Auch ein Meilenstein: Die sechs Jahre von 2000 bis 2005, in denen Williams durch die Motoren-Partnerschaft mit BMW zumindest ein bisschen zu einem deutschen Team wurde. Auch wenn Dr. Mario Theissen damals manchmal schier an der Aufgabe verzweifelte, sturen Engländern, allen voran dem damals noch Feder führenden Williams, Entscheidungen zu erklären. Man hatte den Eindruck, als würde man sich gegen das eine oder andere schon aus Prinzip nur deshalb quer legen, weil es aus Deutschland vorgeschlagen wurde...

2003 war das erfolgreichste Jahr, da hätte Juan-Pablo Montoya auch beste Chancen gehabt, den WM-Titel zu gewinnen, wenn nicht nach dem Ungarn-GP plötzlich das Reifenreglement geändert worden wäre, zum Vorteil von Ferrari und Bridgestone.

Noch so ein Fixpunkt, der in Erinnerung blieb: Das Formel-1-Debüt von Nico Rosberg in Bahrain 2006 bei Williams, dem Team, bei dem Papa Keke 1982 Weltmeister geworden war, mit der schnellsten Rennrunde, aber da war Williams eben schon kein Werksteam mehr, eigentlich schon deutlich auf dem absteigenden Ast, nicht mehr in der Lage, in der Top-Liga mitzuspielen.

Dann Bruno Sennas Jahr bei Williams, die Saison 2012, in einem Team, das zum Teil nicht mehr von Gründer Frank Williams, sondern anderen geleitet wurde. Was schade ist, vor allem für die Altgedienten, die dort immer noch die Stellung halten, wie Dickie Stanford, seit Jahrzehnten Teammanager, die Leute, die den Sport an sich noch verinnerlicht haben. Die aber kaum noch die realistische Hoffnung haben dürfen, dass das Team im momentanen Zustand in absehbarer Zeit aus der Krise kommen kann. Die Sorgen, dass da ein Weg wie der von Tyrrell, Brabham oder Lotus - dem klassischen Lotus-Team von Colin Chapman wohlgemerkt -, vorgezeichnet ist, kommt nicht ganz von ungefähr...