1. S - wie Startaufstellung

Klammert man das erste Freie Training mit fast überfluteter Strecke in Silverstone einmal aus, zeichnete sich in den restlichen Sessions klar ab, wer im Qualifying die Nase vorne haben würde: Rosberg. Doch was wäre die Formel 1, wenn sich nicht Besonderheiten auftun würden, denn am Ende hieß der strahlende Schnellste Lewis Hamilton. "Es war wieder genauso wie 2007, als ich das hier in Silverstone schon einmal geschafft habe - einfach herausragend", jubelte der Mercedes-Mann über vier Zehntel Vorsprung gegenüber Teamkollege Nico Rosberg.

Von der Vorjahres-Pole ist Fernando Alonso weit entfernt, Foto: Sutton
Von der Vorjahres-Pole ist Fernando Alonso weit entfernt, Foto: Sutton

Wenig zu Jubeln gab es hingegen bei Ferrari und Lotus. Wo eigentlich Kampf gegen Red Bull auf dem Programm stand, findet man Fernando Alonso und Kimi Räikkönen - die Herausforderer von Sebastian Vettel in der WM - in trauter Zweisamkeit in der fünften Startreihe. Des Rätsels Lösung: Die Reifenflüsterer bekommen die schwarzen Walzen einfach nicht auf Temperatur. Die Plätze hinter Vettel und Webber, die eigentlich für Rot und Schwarz-Gold reserviert waren, krallten sich überraschend Paul di Resta und Daniel Ricciardo. "Die großen Überraschungen an diesem Wochenende sind für mich Force India und Toro Rosso", erklärte auch Vettel.

Eine ganz böse Überraschung erlebte Di Resta jedoch nach Ende des Qualifyings. Der Force-India-Pilot wurde disqualifiziert, weil sein Auto beim Wiegen zu leicht war. Startplatz 5 - das beste Qualifying-Ergebnis seiner Formel-1-Karriere neben P5 in Bahrain - ist damit futsch. Stattdessen muss er von ganz hinten starten.

2. S - wie Start

"Wenn beide stehen bleiben, werde ich mir nicht überlegen, was ich mache, sondern wird vorbeifahren", lachte Sebastian Vettel angesprochen auf den Start und seine Konkurrenz von Mercedes. Sorgen, dass Lewis Hamilton und Nico Rosberg nach der ersten Runde noch vor der Konkurrenz von Red Bull sind, macht man sich im Mercedes-Lager wohl weniger. Viel entscheidender werden die Runden danach, wenn potenziell die Reifen der Silberen nachlassen und Red Bull aufholt.

Viel interessanter wird es weiter hinten. Kann Daniel Ricciardo seine gute Startpositionen halten, oder übermannt ihn die starke Konkurrenz von hinten? Dort warten Kaliber wie Räikkönen oder Alonso, die bei wärmeren Temperaturen ihre Boliden nach vorne peitschen werden. "Während der ersten Runden wird es wichtig sein, ein paar Positionen gutzumachen", gibt Ferrari Technikdirektor Pat Fry die Marschrichtung für die Nummer eins bei Ferrari vor.

3. S - wie Strecke

Es gibt nur wenige Strecken, die auf eine so lange Historie zurückblicken können wie der Silverstone Circuit. Im 'Home of British Motorracing' fand 1950 auch der erste Lauf der Formel 1 überhaupt statt. Seitdem hat sich die Streckenführung zwar stark verändert, die grundsätzliche Charakteristik ist allerdings geblieben. Maggots, Becketts und Chapel sind wohl die berühmtesten Kurven der Welt. Ultraschnell geht es aber auch in Copse oder Stowe zu, dazwischen erlauben längere Geraden wie die Hangar-Straight spannende Windschatten-Duelle.

Seit dem größeren Umbau im Jahr 2010 sind auch Überholmanöver möglich. Zudem sorgen zwei DRS-Zonen für Action. Vor allem die erste DRS-Zone wird wohl Überholmöglichkeit Nummer eins sein, weil die Piloten zuvor aus einer langsamen Kurve herausbeschleunigen. Die zahlreichen schnellen Kurven fordern auch ihre Opfer: Auf kaum einer anderen Strecke sind die Reifen solch hohen lateralen Kräften ausgesetzt wie in Silverstone, deswegen gilt es besonders schonend mit dem schwarzen Gold um zu gehen.

4. S - wie Silberpfeile

Lewis Hamilton schockte mit seiner Fabelrunde nicht nur die Konkurrenz, sondern auch Teamkollege Nico Rosberg. Der Brite war knapp eine halbe Sekunde schneller als der Rest - damit feiert Mercedes seine fünfte Pole Position in dieser Saison. "Es war wieder genauso wie 2007, als ich das hier in Silverstone schon einmal geschafft habe - einfach herausragend", strahlte der Brite. Doch die frage bleibt, ob Mercedes auch im Rennen glänzen kann. Das Team selbst gibt sich skeptisch, favorisiert stattdessen Red Bull.

Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner meint allerdings, dass Mercedes seine Reifenprobleme endlich in den Griff bekommen hat. "Ich bin mir sicher, dass sie nicht mehr so nach hinten fallen werden wie das in Bahrain oder Barcelona der Fall war. Sie haben nicht nur an Speed, sondern auch an Rennperformance dazugewonnen." Auch Mark Webber, der gemeinsam mit seinem Teamkollegen Sebastian Vettel aus Reihe zwei und damit direkt hinter der silbernen Phalanx startet, erwartet keinen Rückfall der Silbernen. "Mercedes hat sich die Latte am Sonntag ein gutes Stück höher gelegt."

5. S - wie Strategie

Pirelli geht davon aus, dass eine Zwei-Stopp-Strategie am schnellsten sein wird, bei der die Piloten auf den Medium-Reifen starten, in Runde 17 neue Pneus der mittleren Mischung aufziehen und dann in Runde 35 auf den harten Reifen wechseln. Allerdings könnte eine Drei-Stopp-Strategie schneller sein, wenn die Außen- und Streckentemperaturen steigen und damit den Verschleiß und den Abbau erhöhen. In diesem Fall würde der Fahrer auf den Medium-Reifen starten und in Runde 15 auf neue Exemplare dieser Mischung wechseln. In Runde 28 würden dann harte Reifen aufgezogen, ehe in Runde 41 für den letzten Stint erneut die harten Pneus montiert würden.

Adrian Sutil hat noch Alternativen im Köcher, Foto: Sutton
Adrian Sutil hat noch Alternativen im Köcher, Foto: Sutton

Doch wir haben im Saisonverlauf gesehen, dass die Teams Strategien anwenden, die Pirelli vorher nicht als schnell bezeichnete, und damit Erfolg hatten. "Man muss ein paar Alternativstrategien haben, je nachdem, wie man zurechtkommt", erklärte Force-India-Pilot Adrian Sutil. "Vielleicht werden es zwei, vielleicht drei oder vielleicht mehr Boxenstopps. Ich kann es noch nicht einschätzen."

6. S - wie Spannung

Spannung dürfte in Großbritannien keine Mangelware sein, denn es gilt eine ganze Reihe an Fragen zu beantworten. Können die Mercedes-Piloten auch auf einer für die Reifen anspruchsvollen Strecke gewinnen? Oder fallen sie erneut zurück? Wie geht das stallinterne Duell bei Red Bull aus? Mark Webber hat mit zwei Siegen bislang die Nase vorn. Zieht Sebastian Vettel nach oder gelingt dem Australier in seiner letzten Formel-1-Saison das Tripel auf dem Silverstone Circuit?

Und auch hinter den Top-4 geht es spannend zu, denn sollte sich an der Spitze jemand einen Fehler leisten, werden die Force-India-Piloten sowie die beiden Lotus-Mannen ebenso wie Daniel Ricciardo und Fernando Alonso um das Podium mitkämpfen. Außerhalb der Top-10 sind mit geschicktem Reifenmanagement ebenfalls Aufholjagden möglich. Auch wenn der Himmel aller Voraussicht nach seine Schleusen wohl nicht öffnen wird, ist also keine Langeweile zu befürchten.

7. S - Wie Sonntagswetter

Silverstone begrüßte die Formel 1 am Freitag mit typisch britischem Wetter, weshalb sich der Fahrbetrieb in Grenzen hielt. Der Samstag ging jedoch gänzlich trocken über die Bühne und auch am Renn-Sonntag können die zahlreichen Fans Regenschirme und Gummistiefel zuhause lassen. Zwar hält der Sommer in England noch nicht Einzug, aber es gibt Schlimmeres als Sonnenschein und 22 Grad. Für die Action auf der Strecke müssen die Piloten also alleine Sorgen, Petrus wird den Grand Prix diesmal nicht beeinflussen.