Marc, bist du überrascht, dass Mercedes im Qualifying so weit vorne ist?
Marc Surer: Eigentlich nicht. Die Strecke liegt Mercedes, die immer eine gute Höchstgeschwindigkeit haben und bei den kühlen Temperaturen die Reifen auf einer Runde sofort zum Haften bekommen. Das hat sich hier bestens bewährt.

Glaubst du, dass es diesmal auch im Rennen so sein wird?
Marc Surer: Sie werden wieder zurückfallen, aber ich denke nicht, dass es so stark sein wird wie in der Vergangenheit. Das hat sich schon in Kanada gezeigt. Wenn es morgen aber wärmer ist, fordert die Strecke die Reifen sehr. Dann könnte ein schlechteres Ergebnis für Mercedes herauskommen, als man sich jetzt vielleicht erhoffen würde.

Die schnellen Kurven machen hier also schon einen Unterschied aus.
Marc Surer: Richtig. Weder Monaco noch Kanada hatten schnelle Kurven, es war Stop and Go, enge Kurven und dann Traktion. Hier fressen die langgezogenen Kurven die Reifen. Klar ist es nicht so schlimm wie in Barcelona, aber man wird nach dem Rennen hier schon sehen können, ob die Reifentests etwas gebracht haben.

Wenn Mercedes im Rennen vorne bleibt, werden die Diskussionen sicher wieder hochkochen, richtig?
Marc Surer: Genau das wollte ich damit sagen. Wenn Mercedes hier ein super Resultat herausfährt, werden alle sagen, dass es wegen dieses 1.000-Kilometer-Reifentests gewesen ist. Ein Sieg wäre also fast das schlechteste, was Mercedes passieren kann. Aber es lässt sich sowieso nicht verhindern, dass ein Team sich weiterentwickelt. Man kann nicht alles darauf schieben, aber für die Konkurrenten wäre es sicherlich ein gefundenes Fressen.

Ferrari war heute enttäuschend.
Marc Surer: Ja, es sieht ähnlich aus wie letztes Jahr - sie werden immer schlechter im Verlauf der Saison. Im vergangenen Jahr haben sie nicht so gut angefangen, dann aber zur Saisonmitte starke Rennen gezeigt, zum Beispiel hier in Silverstone. Jetzt sind sie aber vor allem in der Qualifikation zu langsam und tun sich schwer. Das Auto liegt nicht gut. Beide Fahrer haben zu kämpfen in den Kurven. Ich mache mir Sorgen um Ferrari.

Mercedes müsste sich fast wünschen, nicht zu gewinnen..., Foto: Sutton
Mercedes müsste sich fast wünschen, nicht zu gewinnen..., Foto: Sutton

Und um Lotus auch?
Marc Surer: Nein, sie sind einfach im Rennen saustark, vor allem wenn es heiß ist. Hier ist es leider nicht so warm, aber über die Renndistanz werden sie sicher wieder gut sein. Um Rennen zu gewinnen, darf man aber in der Qualifikation nicht so weit hinten stehen.

Wer ist dein Favorit auf den Rennsieg?
Marc Surer: Das kann nur Sebastian Vettel sein.

Daniel Ricciardo empfiehlt sich mit seinen Leistungen für Red Bull, oder?
Marc Surer: Das ist seine große Chance. Er fährt im dritten Jahr in der Formel 1 und wenn er es jetzt nicht packt, wird er es wahrscheinlich nie schaffen. Gleichzeitig ist Toro Rosso besser geworden. Sie haben im Team riesige Fortschritte gemacht und beide Fahrer sind relativ gut dabei.

Bei Sauber wird es hingegen nichts mehr...
Marc Surer: Leider habe ich das Gefühl, dass es bei Sauber in diesem Jahr nichts mehr wird. Alle Änderungen, die sie am Auto machen, scheinen nicht wirklich etwas zu bringen. Sie treten auf der Stelle und im Prinzip kann man nur hoffen, dass sie das Jahr durchstehen und im nächsten Jahr wieder ein besseres Auto haben.

Bringt der Weggang von Chefdesigner Matt Morris weitere Probleme mit sich?
Marc Surer: Er hat das Auto nicht wirklich weiter gebracht. Also kann sein Weggang nicht unbedingt viel schaden. Das Problem ist, dass die Basis des Autos nicht gut genug ist. Es ist wie bei McLaren und Williams: Wer zu Jahresbeginn ein schlechtes Auto hatte, kommt nicht vorwärts - das Auto bleibt schlecht, weil alle anderen auch weiterentwickeln.

Wobei McLaren als einziges der drei Teams die finanziellen Mittel hätte, um sich auch während der Saison zu verbessern...
Marc Surer: Richtig, allerdings weiß ich nicht, wie gut es wirklich um das Budget bei McLaren bestellt ist. Seit dem Wegfall der Mercedes-Unterstützung ist das auch nicht mehr so rosig. Bei Sauber und Williams ist es aber definitiv so, dass sie bei der Entwicklung eingeschränkt sind und nicht machen können, was sie wollen, weil ihnen das Geld fehlt.