Italien. In kaum einem anderen Land begeistern sich Fans mit derart großer Hingabe für den Sport. Im Fußball jubeln und zittern, feiern und leiden die Tifosi mit der Squadra Azzurra und wenn es zum Derby d'Italia zwischen Inter und Juventus kommt, sitzt der halbe Stiefel vor dem Fernsehschirm. In Sachen Motorsport steht naturgemäß Ferrari in der Gunst ganz weit oben und alles, was mit der Scuderia zu tun hat, wird mit Argusaugen verfolgt.

Ihre Informationen beziehen die Tifosi aus den mächtigen Sportzeitungen, die den Bogen jedoch zuweilen überspannen, wenn es darum geht, bestimmte Ereignisse zu kommentieren und einzuordnen. Beim Reifen-Test-Gate war für die italienischen Gazetten rasch klar, dass die verhängte Strafe - Mercedes wurde verwarnt und von den Young Driver Tests ausgeschlossen - viel zu milde ausgefallen ist, was sie auch lauthals in die Welt hinausschrien.

"Mercedes ist schuldig gesprochen - die Strafe aber ist lächerlich", titelte etwa der Corriere dello Sport und die Gazzetta dello Sport brachte es auf den Punkt: "Ein Witz-Urteil." Ferrari-Land ist also in Aufruhr, doch während sich etwa Red-Bull-Teamchef Christian Horner bereits zum Schuldspruch äußerte und befand, dass die Sanktionen Mercedes nicht weh tun würden, wartet man aus Maranello noch vergeblich auf die offizielle Stellungnahme eines Verantwortlichen.

Es wird geflüstert

Ferrari und die FIA - eine unendliche Geschichte, Foto: Sutton
Ferrari und die FIA - eine unendliche Geschichte, Foto: Sutton

Dass sie mit der Entscheidung des International Tribunal nicht zufrieden sind, wollen die Italiener jedoch gar nicht verbergen, bisweilen wird die Kritik allerdings auf anonyme Art und Weise vorgetragen. "Wir haben gelernt, dass es, selbst wenn man schuldig ist - und in diesem Fall ist das ein unbestreitbarer und verifizierter Fakt - einen Weg gibt, sich so gut wie möglich durchzuwurschteln", schrieb der 'Horse Whisperer' in seiner bissigen Kolumne auf der Ferrari-Webseite.

Der anonyme Schreiberling sei perplex und könne nicht verstehen, wie es sein kann, dass die schuldige Partei ungeschoren davonkommt, heißt es weiter im Text. Gänzlich vergessen wird dabei jedoch, dass auch Ferrari in der Vergangenheit schon einige Male am Rande der Legalität operierte und im Ruf steht, nicht die schlechtesten Beziehungen zur FIA zu pflegen.

Spätestens im Vorfeld des Rennens in Silverstone wird Ferrari die Maske fallen lassen und auch persönlich zum Urteil Stellung nehmen müssen. Man darf gespannt sein, ob die Ausdrucksweise ebenfalls so spitzzüngig wie jene des Horse Whisperer ausfallen wird... bei den heimischen Medien würden markige Worte wohl auf fruchtbaren Boden fallen.