Ross Brawn musste vor dem International Tribunal ausführlich zu Mercedes' Reifentest für Pirelli Stellung nehmen, aber schlussendlich konnte er versichern, dass die Stuttgarter im "guten Glauben" gehandelt hätten, weshalb sie mit einer vergleichsweise milden Strafe davonkamen und lediglich von den Young Driver Tests ausgeschlossen wurden sowie eine Verwarnung kassierten.

"Wir haben eine makellose Akte und es war für Mercedes sehr wichtig, dass die Fakten in diesem Fall verstanden wurden", erklärte der Teamchef. "Wir hatten Grund zur Annahme, dass wir die Erlaubnis für den Test hatten und aus dieser Sicht sind wir zufrieden", nahm er auf das Urteil Bezug. "Ganz offensichtlich sind Dinge falsch gelaufen und wir haben dafür Strafen kassiert, aber wir verstehen und akzeptieren das." Wichtig sei es, aus alledem die richtigen Lehren zu ziehen, um zu verhindern, dass solche Fälle in Zukunft erneut vorkommen können, so der Brite.

Keine Diskussionen über die Zukunft

Brawn galt im Vorfeld des Tribunals bereits als potenzieller Sündenbock, dem man im Falle einer harten Bestrafung die Schuld in die Schuhe schieben hätte können, doch nun geht der 58-Jährige als einer der Gewinner aus dem Prozess hervor. "Ich denke, diese Ereignisse sind es, die das Team zusammenschweißen", meinte er. "Solche Ereignisse festigen das Team ebenso wie Racing." Brawn verriet, dass es in den letzten Wochen große Unterstützung aus Stuttgart gab, was innerhalb des Rennstalls ebenfalls für Zusammenhalt gesorgt habe. "Ein solcher Vorfall ruft viele Emotionen hervor", hielt er fest. "Es wäre sehr frustrierend gewesen, wenn das Ergebnis nicht so gekommen wäre, aber manchmal führt es dazu, dass deine Entschlossenheit eher gestärkt als geschwächt wird."

Wie der Brite beteuerte, sei konzernintern nie darüber diskutiert worden, ob er das Amt des Teamchefs im Falle eines schwereren Schuldspruchs abgeben müsse. "Man weiß nie, was passiert wäre, hätte das Urteil des Tribunals anders ausgesehen. Ich bin ein Angestellter und Mitglied des Teams, die Dinge können sich also ändern." Wichtig für die Mercedes-Führung sei gewesen, dass im guten Glauben gehandelt wurde. "Ich hätte nicht um mehr Unterstützung bitten können", so Brawn. "Es gab die unterschiedlichsten Sichtweisen auf den Vorfall und ich denke, es war für Mercedes als Unternehmen und für mich persönlich kritisch."

Strafe angemessen

Während man bei der Konkurrenz von Red Bull und Ferrari angesichts des Ausschlusses von den Young Driver Tests die Nase rümpft, ist Brawn davon überzeugt, dass die Strafe angemessen ist. "Ich denke, der Young Driver Test ist eine Strafe und jede Wahrnehmung, dass sie nicht angemessen ist, ist nicht korrekt" stellte er klar. "Wir hatten ein ziemlich umfassendes Programm für den Test geplant, daher wird es ein Rückschlag für das Team sein, da wir Dinge, die wir mit den jungen Fahrern versuchen oder entwickeln wollten, verlieren werden."

Mit dem nun vor der Türe stehenden halben Heimrennen in Silverstone kann sich Mercedes wieder gänzlich dem Sport widmen, was Brawn besonders freut. "Das Auto sieht gut aus und wir haben einige interessante Dinge, die wir in Silverstone ausprobieren wollen", verriet er. "Einige Verbesserungen und zwei Fahrer auf der Spitze ihrer Leistungsfähigkeit. Ich denke, wir können uns jetzt dem Rest der Saison zuwenden." Eine Sache wollte Brawn aber nicht unerwähnt lassen und stellte klar: "Mein Enthusiasmus für die Formel 1 wurde sicher nicht gebrochen."