Wie lauten die Vorwürfe von FIA-Ankläger Howard gegen Mercedes?

Howard wirft Mercedes vor, einen Vorteil aus dem Test gezogen zu haben. "Mercedes sammelte während des Tests Wissen darüber, wie das Auto funktioniert. In dieser Angelegenheit ist es irrelevant, ob Mercedes wirklich einen Performance-Vorteil erhalten hat." Ferrari habe sich hingegen bei seinen beiden Tests 2012 und 2013 strikt an die Regel gehalten, ein Auto zu verwenden, das mindestens zwei Jahre alt war.

Zudem ist für Howard das eingeholte Okay von Charlie Whiting nichts wert, nur das World Motor Sport Council (WMSC) hätte Mercedes die Erlaubnis geben können. "Ob Whiting zugestimmt hat oder nicht, ist irrelevant. Testfahrten bedeuten laut Art.22 einen Bruch der Regeln, es sei denn, eine Regeländerung wird vom World Motor Sport Council bewilligt."

Wie lauten die Vorwürfe von FIA-Ankläger Howard gegen Pirelli?

Die FIA wirft Pirelli vor, an einem Test teilgenommen zu haben, der regelwidrig war. Howard unterscheidet zwischen der Regel 4.1., die von Pirelli verlangt, Reifen für 20 Testtage bereitzustellen und der Regel 4.2., die Pirelli die Freiheit gibt, eigene Reifentestfahrten durchzuführen. Trotzdem müsse sich jeder Ausrüster wie jeder Bewerber dem Sportgesetz unterwerfen.

Wie verteidigte sich Mercedes?

Mercedes holte Okay von Whiting ein, Foto: DPPI/FIA
Mercedes holte Okay von Whiting ein, Foto: DPPI/FIA

Mercedes-Anwalt Harris nahm jede Gelegenheit war, um klarzustellen, dass es kein Reifentest von Mercedes, sondern von Pirelli war. Der dreitägige Test in Barcelona sei von Pirelli bezahlt, organisiert und ausgewertet worden, wodurch man Mercedes nicht zur Verantwortungen ziehen könne. Der Test an sich sei kein Regelbruch, wenn doch, müsste laut Harris auch Ferrari zur Verantwortung gezogen werden, die vor dem Spanien GP getestet haben. Denn der Test sei damit auch nicht konform mit Art.22, schließlich seien die 2011er Autos in Barcelona nur eine halbe Sekunde langsamer gewesen als die aktuellen Boliden in diesem Jahr.

"Ferrari hat diese Einladung ebenfalls angenommen. Alle anderen Teams haben am 2. Juni eine Einladung von Pirelli bekommen. Wenn sich Teams jetzt beschweren, dass sie benachteiligt worden sind, dann frage ich mich, warum sie bis jetzt die angebotenen Tests nicht wahrgenommen haben", kritisierte Harris. Als Beweis, dass sich Mercedes vor dem Test bei der FIA abgesichert hat, legte Harris E-Mails zwischen Ross Brawn, FIA-Renndirektor Charlie Whiting und FIA-Anwalt Sebastien Bernard vor.

Wieso ruderte Harris in seinem Plädoyer plötzlich zurück?

Trotz sämtlicher Ausführungen seitens Mercedes blieb die FIA eiskalt. Auch den Ferrari-Vergleich nahm der Vorsitzende Richter Glasgow nicht ab. "Unbestritten ist doch: Sie haben ein aktuelles Auto genommen. Und das hat Ferrari damals nicht getan. Da können Sie nichts dran drehen." Nach einer kurzen Beratung mit seiner Kollegin Caroline McGrory ruderte Harris etwas zurück und entschuldigte sich für den Fall, dass Mercedes die Regeln gebrochen haben sollte. "Das ist nie im Sinne von Mercedes gewesen, wir handelten im Sinne der Sicherheit. Mercedes wollte überhaupt nichts vertuschen."

Was sagte Ross Brawn?

Ross Brawn bestritt einen Lerneffekt durch den Reifentest, auch wenn er eingestehen musste, dass es unvermeidbar ist, dass einige Daten zur Sicherheit, Technik und Verlässlichkeit des Autos gesammelt werden. Den Vorwurf, Wichtiges über die Reifen gelernt zu haben, bestritt er genauso vehement wie eine Verbesserung der Zuverlässigkeit durch den Test. "Die Topteams haben Verfahren entwickelt, die Standfestigkeit anderweitig sicherzustellen. Wenn das Argument von Red Bull richtig wäre, dann muss man ihnen die Frage stellen, warum ihr Auto in der zweiten Saisonhälfte 2012 drei Mal liegengeblieben ist. Zu dem Zeitpunkt waren bereits viel mehr Kilometer zurückgelegt."

Um sich allerdings abzusichern, habe er Whiting kontaktiert. Dass er plötzlich nicht mehr als Referenzpunkt gelte, überraschte Brawn. "Charlie hat während eines Rennwochenendes oft noch viel schwerwiegendere Entscheidungen zu treffen. Wir alle verlassen uns auf seine Meinung."

Wie verteidigte sich Pirelli?

Pirelli sieht sich in Paris nur als dritte Partei, Foto: DPPI/FIA
Pirelli sieht sich in Paris nur als dritte Partei, Foto: DPPI/FIA

Gleich zu Beginn stellte Pirelli-Anwältin Dominique Dumas klar, dass die Italiener die FIA-Einmischung nicht gut heißen. Auch eine Strafe könne die FIA gegen Pirelli nicht aussprechen, da der Reifenhersteller kein Lizenznehmer, sondern nur die dritte Partei ist. "Die FIA kann bestenfalls vor dem Tribunal de Grande Instance de Paris gegen den Reifenhersteller vorgehen", erklärte Dumas. Die Italiener pochten auf ihr Recht außerplanmäßige Testfahrten durchzuführen, wenn sie von der FIA bewilligt wurden. Ohne diese könnte man den Verpflichtungen als Ausrüster nicht nachkommen. Nach Angaben von Pirelli war ein aktuelles Auto unerlässlich, andernfalls wäre der Entwicklungstest sinnlos gewesen.

Gab Whiting das Okay für den Test?

Charlie Whiting gab Mercedes das Okay wie eine E-Mail belegt, allerdings gibt es unterschiedliche Auffassungen, ob der FIA-Renndirektor dazu befugt war. Die FIA argumentierte, dass es sich bei der Mercedes-Frage, den Test mit einem 2013er-Auto durchzuführen, lediglich um eine Einschätzung von Whiting gehandelt hat. Mercedes-Anwalt Harris betonte allerdings: "Wir haben Charlie Whiting zweimal angerufen und nachgefragt, ob wir mit diesem Test gegen eine Regel verstoßen. Und jeder wird mir zustimmen, dass Charlie Whiting der kompetenteste Ansprechpartner für solche Fragen ist."

Wann folgt das Urteil?

Wie die FIA bereits während des Tribunals mitteilte, wird es ein Urteil nicht vor Freitag geben. Richter Glasgow teilte mit, dass man sich den Abend sowie die Nacht mit den Akten beschäftigen werde. Mercedes-Anwalt Harris hofft im Falle einer Verurteilung auf eine milde Strafe, beispielsweise könne Mercedes von den Young Driver Days im Juli in Silverstone ausgeschlossen werden. Bei diesem Test könne man mehr über das Auto lernen als bei einem Reifen-Test.