Wie übt man Druck aus und legt Protest ein, das aber in gesundem Maße? Vor eben jene Frage sieht sich dieser Tage Red-Bull-Teamchef Christian Horner gestellt: Selbstredend sind der Brite und seine Mannen unzufrieden mit den Ereignissen der vergangenen Tage und dem ans Licht gekommenen Mercedes-Test für Pirelli in Barcelona vor zwei Wochen. Gemeinsam mit Ferrari hat das britisch-österreichische Team daher Protest beim Weltverband FIA eingelegt und fordert offiziell eine Klarstellung der kontroversen Causa. Auf der anderen Seite ist man bei Red Bull jedoch im Wissen darum, dass man die Tonart, bei allen Protestbekundungen und allem Frust über die Vorfälle, wohlüberlegt und bedacht wählen muss. In der Formel 1 gab es schon stabilere Zeiten als diese und gerade an der Reifenfront wirkt sich die anhaltende Kritik an Pirelli keineswegs positiv aus.

Der Monopolist hatte bereits im Zuge der Streitereien um die Haltbarkeit seiner Pneus und die sich hinziehenden Verhandlungen über eine weitere Beschäftigung Pirellis als Reifenlieferant mit einem Rückzug aus der F1 gedroht - wer nun also auch noch wegen der Mercedes-Kontroverse auf Pirelli einschlagen will, dem sei gesagt: Vorsicht ist geboten. Verlieren die Italiener nach gerade einmal zweieinhalb Jahren als Monopolist in der Königsklasse auf Grund der anhaltenden Schmähungen in ihre Richtung etwa vorzeitig die Lust? Genau das befürchtet man scheinbar bei Red Bull, die sich trotz aller Hartnäckigkeit bei ihren bohrenden Nachfragen zum Mercedes-Test nun darum bemühen, eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Themen und Streitgebieten klarzustellen.

Gleichgewicht halten beim Spiel mit mehreren Bällen

Mit einer Weiterbeschäftigung Pirellis habe der Test-Vorfall für sie absolut nichts zu tun, erklärte Horner, der sich mit Blick auf die Italiener dieser Tage wie ein römischer Imperator vorkommen muss, schwankend zwischen Broten und Spielen, Zuckerbrot und Peitsche... Trotz allen Ärgers in Bezug auf den Mercedes-Test erklärte er: "Pirelli ist eine sehr fähige Firma. Ja, sie haben die Grenzen bei ihrem Produkt etwas verschoben - sie wissen aber auch, dass sie das nun wieder rückgängig machen müssen." Bezogen auf die jüngsten Ereignisse sagte der Brite: "Das Problem liegt ja im Grunde genommen nicht bei Pirelli. Das Problem liegt darin, wie die ganze Sache behandelt und ausgeführt wurde und das ist das Enttäuschende."

Horner strich folglich heraus: "Wir protestieren einzig und allein gegen den Mangel an Transparenz bei diesem Test. Deshalb haben wir uns überhaupt nur dazu entschlossen..." Pirelli-Motorsportdirektor Paul Hembery legte den Fokus derweil ganz einfach auf die Wichtigkeit von mehr Testmöglichkeiten für sein Unternehmen. Sollte es einen neuen F1-Vertrag für Pirelli geben, müsse man eine neue und bessere Lösung finden. "Wir bestehen darauf, dass es in Zukunft - gesetzt den Fall, dass es mit uns weitergeht - einen ordentlichen und professionell strukturierten Testplan gibt", so Hembery. Der Reifen-Boss fügte an: "Sonst können wir den Teams als Firma nicht das liefern, was sie wollen. Und wenn es keinen anständigen Testplan geben sollte, dann kann Pirelli in der F1 eben nicht mehr weitermachen."