Es gab einige Gerüchte über dein Aus bei Marussia. Zur Klarstellung: Was ist genau passiert?
Luis Razia: Es ist ziemlich kompliziert, Unbeteiligten zu erklären, was genau abgelaufen ist. Fakt ist, wir sind davon ausgegangen, dass wir 2013 in der Formel 1 fahren. Aber weil mein Hauptsponsor Probleme hatte, dem Team das Geld zu überbringen, waren wir draußen.

An deiner Stelle sitzt nun Jules Bianchi im Cockpit von Marussia. Nach den ersten Rennen bekam er viel Lob. Wie beurteilst du seine Leistung?
Luis Razia: Wie zu erwarten war, ist sein Teamkollege - Max Chilton - nicht stark genug, ihn herauszufordern. Dadurch sieht es natürlich so aus, als würde er einen sehr guten Job machen...

Als du bei Marussia als Fahrer bestätigt wurdest, muss für dich ein Traum in Erfüllung gegangen sein. Wie schwierig war es, mit der Enttäuschung klarzukommen?
Luis Razia: Das war nicht einfach. Ich war sehr enttäuscht und hatte eine sehr schwere Zeit. Es hat zwei Monate gedauert, bis ich wieder okay war. Wir brauchen im Leben immer etwas, dem wir hinterher jagen - und ich habe mir immer hohe Ziele gesetzt. Aber im Moment ist die Zukunft ein bisschen ungewiss, deshalb ist es schwierig, den Traum Formel 1 weiter zu verfolgen. Aber als Person fühle ich mich nach der ganzen Sache stärker - und wenn ich noch einmal die Möglichkeit bekomme, werde ich dafür sorgen, dass es klappt. Ich bin hungrig danach. Darum gehe ich ins Fitness-Studio und zu den Meetings, darum suche ich weiter nach neuen Sponsoren - um zu zeigen, zu was ich fähig bin.

Aus der Traum: Ein Duel mit Weltmeister Red Bull fällt vorerst flach, Foto: Sutton
Aus der Traum: Ein Duel mit Weltmeister Red Bull fällt vorerst flach, Foto: Sutton

Seit deiner Ausbootung bei Marussia warst du nicht oft in den Medien zu sehen. Was machst du im Augenblick?
Luis Razia: Ich fahre für McLaren GT in der GT Open - ein nettes Auto und eine nette Meisterschaft. Aber mein großes Ziel ist es weiterhin, ins Paddock zurückzukehren und irgendwann ein Formel-1-Auto zu fahren.

Aufgegeben hast du deinen großen Traum also noch nicht?
Luis Razia: Nein, auf keinen Fall. Wie in den Rocky-Filmen: Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist. Ich habe noch jede Menge Energie, Sehnsucht und Leidenschaft, es ein weiteres Mal zu versuchen. Ich werde so lange an die Tür klopfen, bis ich eine weitere Chance bekomme. Ich denke, ich bin es wert.

Es gab einige Spekulationen, dass du eventuell bei Force India als Testfahrer anheuerst. Wie ernsthaft sind die Gespräche?
Luis Razia: Es ist keine Lüge. Wir verhandeln mit dem Team und tun alles dafür, dass es klappt. Mal sehen, was passiert.

Ohne finanzkräftige Sponsoren wird es allerdings problematisch werden, ein Stamm-Cockpit in der Formel 1 zu ergattern. Wie schwierig gestaltet sich die Suche?
Luis Razia: Es ist fast unmöglich. Allerdings relativiert das Wort fast das Wort unmöglich in diesem Fall. Wir versuchen es also weiterhin, aber es ist nicht einfach - für niemanden.

Blut geleckt: Luiz Razia will unbedingt zurück in die Formel 1, Foto: Sutton
Blut geleckt: Luiz Razia will unbedingt zurück in die Formel 1, Foto: Sutton

Wie enttäuschend ist es, dass die Finanzkraft deiner Hintermänner wichtiger ist, als deine fahrerischen Qualitäten?
Luis Razia: Das ist das schlimmste Gefühl überhaupt. Dass man nicht fallen gelassen wird, weil man keinen guten Job gemacht hast, sondern weil man nicht genug Cash hat, um sein Talent zu zeigen.

Einige Formel-1-Fahrer haben im Moment auch das Gefühl, ihr Talent nicht zeigen zu können. Die Reifen sind immer noch das alles beherrschende Thema. Wie ist deine Meinung zu dem schwarzen Gold?
Luis Razia: Meine Sichtweise ist ganz einfach: Gewöhnt euch an die Reifen und hört auf, euch zu beklagen. Das macht euch nicht schneller - harte Arbeit macht euch schneller. Die Formel 1 ist eine Serie, in der es andauernd Veränderungen gibt. Wenn wir uns jedes Mal beschweren, drehen wir durch. Mir gefallen die Rennen, wie sie jetzt sind, und ich finde, es ist der richtige Weg, eine gute Show zu bieten. Die Fahrer müssen intelligent sein und das Maximum aus einem Auto herausholen, das bei manchen Rennen keine Chance auf den Sieg hat.

Stichwort Fahrer: In der WM scheint es auf einen Dreikampf zwischen Sebastian Vettel, Fernando Alonso und Kimi Räikkönen herauszulaufen. Wer hat am Ende die Nase vorne? Welchem Fahrer drückst du die Daumen?
Luis Razia: Vettel hat bei Red Bull immer einen leichten Vorteil, weil sie über ein Wissen verfügen, das die anderen Teams nicht haben. Aber ich würde mich freuen, wenn Alonso gewinnen würde. Aus fahrerischer Sicht verdient er es. Als Person würde es mich für Kimi freuen.