Seit etwa zwei Monaten ist es offiziell: Claire Williams ist stellvertretende Teamchefin im Rennstall ihres Vaters. Sie soll allmählich in die großen Fußstapfen von Sir Frank Williams hineinwachsen, in ihrer neuen Rolle fühlt sie sich wohl. "Ich liebe meinen neuen Job. Ich bin so glücklich", bekräftigte sie. "Es gibt so wenige Teamchefs in der Formel 1 - und Teil davon zu sein, ist Wahnsinn." Zwar gebe es noch eine Menge für sie zu lernen und die Verantwortung, die nun auf ihren Schultern lastet, sei immens, dennoch kann sie es kaum erwarten, das Team wieder nach vorne zu bringen.

Dabei konnte sie schon viel von ihrem Vater lernen. "Hart zu arbeiten", nannte sie als wichtigste Tugend, die sie von Formel-1-Urgestein Sir Frank Williams mit auf den Weg bekam. "Jeder weiß, wie viel Mühe Frank reingesteckt hat, um das Team zu dem zu machen, was es heute ist. Er hat sich dafür abgemüht, er hat dafür gekämpft und er hat so viele Dinge in seinem Leben dafür geopfert, um seinen Traum wahr werden zu lassen." Frank Williams gilt in der Formel 1 als einer der alten Garde. Der 71-Jährige äußert seine Meinung offen und ehrlich, immer mit dem Interesse, das Beste für sein Team zu erreichen. Diplomatie war und ist nicht die Stärke von Frank Williams. Claire Williams verfolgt zumindest dasselbe Ziel, über die Herangehensweise ist sie sich noch nicht so ganz im Klaren: "Man kann vielleicht sagen, dass verschiedene Zeiten unterschiedliche Taktiken erfordern, aber das Ziel ist immer das gleiche."

Ihre ursprünglichen Aufgaben bei Williams verfolgt sie auch in ihrer neuen Rolle weiter. "Ich kümmere mich immer noch um die kommerzielle Seite des Geschäfts, um sicherzustellen, dass möglichst viel Geld in das Team kommt, um weiterhin Rennen zu fahren. Hauptsächlich kümmere ich mich also um Sponsoring - aber dann natürlich auch um alles andere, was man von jedem anderen Teamchef im Paddock auch erwarten würde." Dazu gehört eine enge Zusammenarbeit mit dem Technischen Direktor Mike Coughlan genauso, wie die Positionierung des Teams bei FIA, FOM und FOTA. Vor allem in technischer Hinsicht befindet sich die 36-Jährige noch im Lernprozess. "Es ist hart, weil es eine neue Sprache ist", erklärte sie im Gespräch mit F1.com.

Um sich technisch ein bessere Bild machen zu können, nimmt sie auch an zahlreichen Meetings teil. "Ich gehe jetzt zu den Aero-Meetings und zu den Rennstrategie-Meetings - und ich finde das alles faszinierend. Die Jungs, die diese Jobs machen, sind so intelligent und so clever. Ich werde mich vermutlich nie mit ihnen über ein Problem auf demselben Level unterhalten können, aber es ist unglaublich, Teil davon zu sein und jedes Mal mehr Informationen inhalieren zu können." An den Meetings der Teamchefs nimmt sie allerdings nicht regelmäßig teil, wenn ihr Vater an der Rennstrecke ist, übernimmt er diesen Part.

Darauf angesprochen, wie groß die Lücke ist, die Toto Wolff mit seinem Abschied hinterlassen habe - schließlich wurde der ehemalige Williams Geschäftsführer auch als möglicher Nachfolger von Frank Williams gehandelt -, entgegnete Claire Williams vehement: "Toto sollte das Team nie leiten - das war nicht der Plan. Wir mussten eine Lücke füllen und weil wir mit Toto einen Geschäftsführer im Team hatten, war es klar, dass er diese Rolle übernehmen wird. Es war aber nie der Plan, dass er Franks Rolle übernimmt, wenn Frank aufhört." Sie selbst habe aber viel vom heutigen Mercedes-Mann gelernt und seine Anwesenheit im Team genossen. Wolff, der inzwischen auch Anteile am Formel-1-Rennstall von Mercedes besitzt, erklärte, dass er seine Beteiligung an Williams allmählich abstoßen werde. "Er ist immer noch Aktionär und es wäre toll, wenn er das bleiben wollte, aber ich glaube, er hat andere Verantwortlichkeiten", so die stellvertretende Teamchefin.