Dass Mercedes am Sonntag in Barcelona erneut ein schwieriges Rennen erleben würde, war den Fahrern und Verantwortlichen bei den Silberpfeilen schon davor klar: Dementsprechend war man bereits am Samstag darum bemüht, die hohen Erwartungen der Fans so gut wie möglich einzudämmen - einer reinen Mercedes-Startreihe eins zum Trotz. Es half bekanntlich wenig: Wie erwartet brach die Performance des F1 W04 am Sonntag ein, wie erwartet gab es danach Spott und Häme von der Presse, den Zuschauern und sogar der Gegnerschaft. Jenson Button beschwerte sich etwa, der 'Reifenkiller'-Mercedes hätte durch seine ultralangsame Aufwärmrunde die Temperaturen seiner eigenen Reifen so sehr in den Keller gehen lassen, dass er den Start verpatzte.

Auch die Experten im Fahrerlager zeigten sich von der Vorstellung der Stuttgarter am Sonntag wenig begeistert. Gerhard Berger bilanzierte gegenüber Motorsport-Magazin.com in Bezug auf Mercedes: "Da ist schon ziemlich der Wurm drinnen. Das Auto ist zwar im Qualifying superschnell, bringt aber im Rennen nicht die Leistung." Ex-Pilot Johnny Herbert schlug in die gleiche Kerbe. Er machte Mercedes erneut als großen Verlierer des Wochenendes aus. "Sie hatten schon im letzten Jahr ein gutes Auto, aber es fraß ständig die Reifen auf. In diesem Jahr haben sie wahrscheinlich ein noch besseres Auto, aber es verspürt immer noch einen großen Appetit auf Reifen", erklärte der Brite die Misere bei den Silberpfeilen.

Traditionell eine Mercedes-Strecke

Mercedes kommt der Kurs von Monaco extrem entgegen, Foto: Sutton
Mercedes kommt der Kurs von Monaco extrem entgegen, Foto: Sutton

Mercedes' Problem liege aber eindeutig im aerodynamischen Bereich. "Wenn das Auto im Qualifying gut ist, muss die Aerodynamik in den schnellen Kurven gut sein und der mechanische Grip in den langsamen Streckenteilen stimmen", so Herbert, der im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com verriet: "Als ich Lewis und Nico in der letzten Schikane beobachtet habe, waren sie bei Richtungswechseln sehr stark. Das Auto besitzt auch sehr viel Traktion beim Herausbeschleunigen." Bestätigt wurden die Eindrücke des Briten auch durch den Blick auf die Rundenzeiten. Im langsamen letzten Sektor des Circuit de Catalunya hatte Mercedes keine Probleme, sondern war das ganze Wochenende über sehr schnell unterwegs. Traditionell gilt genau dieser Streckenabschnitt als Indikator für die Performance beim folgenden Lauf in Monte Carlo.

Der enge und verwinkelte Kurs im Fürstentum könnte Mercedes somit gerade recht kommen - die Schwachstellen des Teams aus Brackley dürften an der Mittelmeerküste nur eine untergeordnete Rolle spielen, der Reifenverschleiß ist in Monaco eher moderat, wohingegen einem die ohnehin vorhandene große Stärke des Pakets mehr entgegenkommt als auf irgendeinem anderen Kurs im Rennkalender der Königsklasse: das Qualifying. Überholen ist in Monte Carlo nahezu unmöglich - wer am Samstag vorne steht, hat mehr als nur die halbe Miete für den Rennsieg bezahlt. Eine erneute Mercedes-Pole gilt nach zuletzt drei Samstags-Erfolgen in Folge als wahrscheinlich. Auch in den Vorjahren war der Traditionskurs ein starkes Pflaster für die Mannen in Silber: Michael Schumacher raste 2012 zur Bestzeit im Qualifying.

Auch Räikkönen ist gewarnt

Da er diese auf Grund einer im vorherigen Lauf kassierten Strafversetzung nicht auch in einen ersten Startplatz ummünzen konnte, holte am Sonntag Nico Rosberg die Kartoffeln aus dem Feuer und wurde denkbar knapp hinter Sieger Mark Webber Zweiter. Zwar war Rosberg im Rennen klar schneller als der Red-Bull-Pilot, an ein Vorbeikommen am Australier war aber nicht zu denken, da dieser die schmalen Leitplankenkanäle ideal nützte, um sein Auto möglichst breit zu machen. Damit dürfte das Generalrezept für Mercedes in zwei Wochen bereits feststehen: um jeden Preis auf die Pole-Position fahren und sich am Sonntag nicht aus der Ruhe bringen lassen - sollte man es erneut gleich mit beiden Autos an die Spitze schaffen, dürfte dahinter für gehörig Rückstau gesorgt sein. Spanien-Sieger Fernando Alonso hat die Konkurrenz aus Stuttgart jedenfalls auf der Rechnung, wenn es um den Sieg im Fürstentum geht.

Der Asturier meinte sogar: "Sie kommen dort als Favorit an. Mercedes war die letzten drei Rennen auf Pole und in Monaco auch schon letztes Jahr. Außerdem kann man dort nicht überholen, weshalb sie ihre Position dann vielleicht viel länger halten können." Auch der in Barcelona noch Zweitplatzierte Kimi Räikkönen stützte die Behauptungen Alonsos: "Mercedes wird in Monaco leider sehr schnell sein, es ist einfach sehr schwierig, dort an jemandem vorbeizukommen", ortete er die Silberpfeile auch am Rennsonntag in der Spitzengruppe. Wahl-Monegasse Rosberg würde das in seinem Wohnzimmer natürlich gefallen - die große Hoffnung des 27-Jährigen lautete: "Gut möglich, dass wir nach dem Qualifying wieder vorne sind... aber hoffentlich kann ich den Zug dann auch hinter mir halten."