Der Spanien GP war für Nico Rosberg ein Wechselbad der Gefühle. Nach der überraschenden Pole Position am Samstag kam so etwas wie Freude auf, doch so richtige Euphorie wollte im Team niemand verspüren, so präsent waren die Bilder aus Bahrain, wo Rosberg ebenfalls von Pole Position aus gestartet war, am Ende aber bis auf Rang neun durchgereicht wurde. Nicht nur weil Konzernchef Dieter Zetsche den Weg an die Rennstrecke gefunden hatte, wollte Mercedes die Erwartungen nach dem Qualifikationstraining dämpfen. "Teamintern insgesamt, auch bei den Mechanikern und allen, wurde die Euphorie an diesem Wochenende generell gebremst", gestand der Wiesbadener nach dem Rennen.

Nach dem Bahrain-Debakel und den nicht allzu ermutigenden Longruns am Samstag ging Rosberg deutlich defensiver ins Rennen, weshalb die Enttäuschung am Ende auch nicht ganz so schwer wog. Doch anfangs keimte Hoffnung auf: "Am Anfang war ich noch guter Dinge. Ich konnte so fahren wie ich wollte und musste nicht irgendwie wegen Reifendruck oder Reifentemperatur meinen Fahrstil ändern", erinnerte er sich. Doch nach dem ersten Boxenstopp kam die Ernüchterung: "Das war nicht schön, weil davor habe ich daran geglaubt. Da war ich überzeugt, das wird bestimmt noch was, ich halte die noch den ganzen Tag hinter mir."

"Aber dann habe ich auch sehr schnell akzeptiert, dass es heute nicht reicht", musste er ernüchtert gestehen. In Bahrain lief es von Anfang an nicht besonders gut für Rosberg, doch vor drei Wochen versuchte er sich noch mit allen Mitteln zu wehren, beanspruchte die Reifen dadurch zusätzlich und musste letztendlich einen hohen Preis für seine Zweikämpfe zahlen. Deshalb entschied er sich in Barcelona früh dazu, sich gegen die Spitzengruppe nicht allzu stark zur Wehr zu setzten, wie er erklärt: "Ich habe gemerkt, dass ich mein Ding machen muss und nicht kämpfen wie ein Wahnsinniger." Die intelligente Herangehensweise seines Piloten entging auch seinem Chef Toto Wolff nicht. "Nico hat uns heute besser aussehen lassen, als die Performance des Autos war. Er hat alles richtig gemacht, das war eine Nico-Rosberg-Platzierung."

Dabei sei auch nach dem Boxenstopp nicht die Performance des Mercedes so eingebrochen, Rosberg hätte durchaus schneller fahren können, doch davon nahm er lieber Abstand. "Ich hätte auch noch schneller fahren können - aber vom Gefühl her hätte ich nur zwei Runden schneller fahren können und dann wäre alles aus gewesen", spielte er auf die Reifensituation bei den Silberpfeilen an. Nach dem Rennen fragen sich Zuschauer wie Rosberg gleichermaßen, ob er mit Medium-Reifen im weiteren Rennverlauf besser bedient gewesen wäre, doch die Analysen im Nachhinein konnten das nicht bestätigen. Zudem hatte der 27-Jährige keinen Satz weiß markierter Pirelli-Pneus mehr übrig, weil die Rennstrategie von Anfang an auf harte Reifen ausgelegt war.

Auffällig war auch, dass Rosberg nur dreimal die Boxengasse ansteuerte, während der siegreiche Fernando Alonso, der mit seinem Ferrari deutlich weniger mit den Reifen zu kämpfen hatte, sogar viermal zum Reifenwechsel kam. Trotzdem ist Mercedes überzeugt, dass auch mit einer Vierstoppstrategie nicht mehr möglich gewesen wäre. "Das beste Resultat, das heute für uns möglich war, ist dabei rausgekommen. Und bei vier Stopps ist man dann noch mehr im Verkehr, kann man dann noch weniger seine eigene Pace fahren und am Ende wäre mehr oder weniger das gleiche rausgekommen."

Nicht Pirelli ist das Problem

Bei Reifenlieferant Pirelli wollte der Mercedes-Pilot die Schuld aber nicht suchen. Das Problem sei schlichtweg der Mercedes, der mit den Reifen nicht besonders gut haushalten kann. "Ein Alonso hat heute sicher nicht viel über Reifen gesprochen, ich denke der ist ganz zufrieden damit. Da müssen wir auch hin." Der Wahlmonegasse blieb seiner Meinung treu und findet auch nach zwei schwierigen Rennen, dass der Reifen schlichtweg Teil des Motorsports ist. "Die Reifen sind wie sie sind. Es ist eine große Herausforderung - technisch und für uns Fahrer eine Mega-Herausforderung. Für die Teams aber nicht unbedingt uninteressant, das ist technisch auf dem höchsten Niveau. Das zu optimieren und das Beste herauszuholen, liegt an uns."

Auch die Tatsache, dass er viele Konkurrenten wehrlos vorbeiziehen lassen musste, will er nicht überbewerten. Will man die Formel 1 kritisieren, sei dieser Fall ein schlechtes Beispiel, "weil ich zu Beginn des Stints anderthalb Sekunden langsamer war, da braucht man sich nicht viel wehren." Gegen Rennende konnte er außerdem einen sehenswerten Zweikampf mit Paul di Resta liefern. "Da habe ich mich mit Händen und Füßen und Armen und Fingern und allem was ich hatte gewehrt."

Für die Mercedes-spezifischen Reifenprobleme sieht Rosberg aber so schnell keine Besserung. Schon die Vorbereitung in Bahrain sei sehr konservativ gewesen und im Hinblick auf das Rennen geschehen, in Barcelona ging die Mercedes-Crew noch einen Schritt weiter: "Wir haben enorm auf das Rennen hingearbeitet wie schon in Bahrain - nur noch extremer." Von Motorsport-Magazin.com darauf angesprochen, dass es von außen schwer fällt, zu verstehen, warum es Mercedes partout nicht schafft, die Reifen länger am Leben zu halten, entgegnete Rosberg resignierend. "Wir verstehen es auch nicht."